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Masters of Horror: Haeckel´s Tale (DVD)

Masters of Horror
Haeckel's Tale
DVD
USA 2006, Regie: John McNaughton, mit Derek Cecil u.a.

Von Thomas Harbach

„Haeckel's Tale“ stellte zumindest während der Fernsehausstrahlung in den Vereinigten Staaten den Abschluss der ersten Staffel der „Masters of Horror“-Reihe dar. Mit John McNaughton betritt – als Ersatz für den Zombiepapst George A. Romero – zum wiederholten Mal ein Regisseur die Bühne, der in seinem provozierenden Erstling „Henry: Portrait of a Serial Killer“ für Aufsehen im Genre gesorgt hat, dessen andere Filme sich bis auf den durchschnittlichen „The Borrower“ mehr im Bereich des hochklassigen oder amüsanten Thrillers bewegten. Es ist ihm sehr hoch anzurechnen, dass er erstens eingesprungen ist und zweitens eine Folge übernommen hat, die von der Budgetierung her Probleme gehabt haben muss. In keiner anderen Episode der ersten Staffel kann der Zuschauer so deutlich die begrenzten Mittel sowie den Unterschied zwischen Realität und Ambition erkennen. Trotz dieser nachfolgend näher besprochenen Schwächen gehört „Haeckel's Tale“ als wahrscheinlich unfreiwillige Hommage an Filme wie „Creepshow“ oder die alten EC-Comics zumindest zu den makaber-humorvollen Teilen der Staffel. Im Kontext einiger anderer Folgen wirkt sie allerdings wie ein Fremdkörper. Zusammen mit Takeshi Miikes „Imprint“ – dessen Platz sie in der Ausstrahlungsreihenfolge einnehmen musste – ist „Haeckel's Tale“ die einzige Folge, die in der Vergangenheit spielt.

Der Hintergrund ist das Neuengland des 19. Jahrhunderts, einige Jahre nachdem Mary Shelley mit ihrem Roman „Frankenstein“ Aufsehen erregt hat. In der Tradition der EC-Comics geben Drehbuchautor Mike Garris und Regisseur John McNaughton der Folge – basierend auf einer Kurzgeschichte von Clive Barker – eine Rahmenhandlung. Diese Rahmenhandlung ist notwendig gewesen, weil die eigentliche Kurzgeschichte zu wenig Fleisch für eine komplette Fernsehfolge aufgewiesen hat. Im Gegensatz zu Don Coscarellis „Incident on and off a mountain road“, die auf einer neun Seiten umfassenden Joe Lansdale Geschichte basierte und hervorragend erweitert worden ist, funktioniert dieser Trick nur sehr eingeschränkt.

Ein Mann betritt das einsam gelegene Haus einer alten Frau, der der Ruf vorauseilt, die Toten wiedererwecken zu können. Er bittet sie um Hilfe - seine geliebte Frau ist gerade gestorben und er möchte sie wieder aus dem Reich der Toten holen. Bevor seine Gesprächspartnerin über das Angebot überhaupt nachdenken will, beharrt sie darauf, ihm eine Geschichte zu erzählen. Die Geschichte des arroganten Dr. Haeckel, der ebenfalls der Meinung ist, den Tod besiegen zu können.

Sehr geschickt arbeitet Garris nach Barkers Vorlage im Laufe der folgenden Ereignisse den Unterschied zwischen Glauben/Aberglauben und Wissenschaft heraus. Ganz bewusst als Gegenstück zu den Hammer-Verfilmungen angelegt. In denen konnte Frankenstein zumindest für den Augenblick beweisen, dass die Wissenschaft die göttliche Schöpfung imitieren kann. „Haeckel's Tale“ stellt diese Vision zielstrebig und boshaft auf den Kopf. Haeckel muss schmerzhaft erkennen, dass seinem Wissen Grenzen gesetzt sind. Grenzen, die der Aberglaube längst überschritten hat. In der ersten Hälfte der Episode konzentriert sich das Team um den unsicher wirkenden John McNaughton bewusst auf Haeckel. Ob sympathisch oder nicht, er bleibt die Ansprechperson für den Zuschauer, scheinbar das exzentrische, aber vernünftige Element dieser Geschichte. Das Gegenstück bildet der Wunderheiler Montesquino – eine sehr gute und vor allem differenzierte Darstellung von Jon Polito -, der anscheinend tatsächlich über die Kraft verfügt, die Toten zumindest für eine Nacht zum Leben zu erwecken – später wird diese Idee leider zugunsten eines zu offensichtlichen und unbefriedigenden Endes verworfen. Die frühe Konfrontation dieser beiden so unterschiedlichen Männer ist das erste Highlight dieser zwiespältigen Folge. Sie werden sich im Laufe Haeckels Reise – sein Vater liegt im Sterben und er möchte seinen einzigen Sohn noch einmal sehen – ein weiteres Mal mit ungeahnten Folgen begegnen.

Die Schwierigkeit dieser viktorianischen Schauergeschichte liegt einmal in der zu komplexen Anlage der im Grunde kaum vorhandenen Handlung. Zu sehr auf die immer stärker aufkommenden Freidenker hinweisend, zu wenig eine wirklich effektive sowie pointiert umgesetzte Hommage an Shelleys „Frankenstei“n und die Hammer-Filme ausbildend, zu wenig eigenständig und vor allem zu verzweigt präsentiert sich das Nichtgeschehen. So folgt der Zuschauer immer wieder Haeckels Wegen und hört seinen oberflächlich philosophischen Exkursen zu, ohne dass sich wirklich etwas bewegt, ohne das wir ihn agieren sehen. So atmosphärisch und effektiv auch die kontinuierliche Begegnung mit dem Tod – gehängte Banditen, dem Friedhof und natürlich dem Leichendieb, der Haeckel anspornt, mit seinen Forschungen fortzufahren - auch sind, sie nutzen sich zu schnell ab, wenn diese nicht wirklich in eine nachvollziehbare Geschichte integriert werden.
Der zweite Teil der Handlung kumuliert dann in einer Friedhofsorgie mit einer schönen Frau, die den frühen Tod ihres Mannes nicht verwinden kann. Was bis zu diesem Punkt noch als interessante nekromantische aber perverse Liebesgeschichte zu verstehen gewesen wäre, wird plötzlich zu einer Art Sexorgie. Der Zuschauer lernt eine junge Frau kennen, die ihren Verlust nicht ausdrücken kann. Im nächsten Augenblick ist sie sexsüchtig und beginnt alle männlichen Zombies auf dem Friedhof körperlich zu lieben. Warum sie sich angeblich so verändert hat, wird genauso wenig erklärt wie die Tatsache, dass Montesquinos Zauber plötzlich auf alle Untoten sich auswirkt. Wenn man bedenkt, dass er vorher verkündet hat, eine Erweckung kostet ihn ein Jahr seines Lebens, dann hätte er in dieser Nacht mindestens sieben Jahre seines Lebens verloren. Und ist nur einmal dafür bezahlt worden. Fast verzweifelt bemühen McNaughton und Garris, der Geschichte auf den letzten Seiten Leben einzuhauchen – welche Ironie zum Tenor der zugrunde liegenden Story! – und scheitern mit ihren eher unfreiwillig amüsanten, Spannungsbögen. Als Hommage an „Creepshow“ könnte die Folge deutlich besser funktionieren. Dazu sind aber die Dialoge zu Beginn der Folge zu bemüht, zu steif und am Ende zu exzentrisch und vor allem inhaltsleer. Natürlich ist es erotisch, nacktes so schönes Fleisch zu sehen, natürlich ist es pervers, wenn sich die junge Frau auf den Gräbern mit den Toten vergnügt, aber es ist weder gruselig noch unheimlich. Wenn dann auch noch so schlechte Tricks – das Baby ist als Puppe zu erkennen und das Zombie-Make-up wirkt im Vergleich zu Joe Dantes „Homecoming“ zu einfach – wie in dieser Folge präsentiert werden, stellt man sich unwillkürlich die Frage, ob das ganze Geld in die Kostüme geflossen ist.
In einer anderen Szene soll das Blut spritzen. Der Charakter wird von einem Baby gebissen und der Zuschauer sieht Fontänen von Blut ein bestimmtes Blut überfluten. Das wirkt weder bedrohlich noch düster, sondern einfach nur noch komödiantisch lächerlich. Es sind diese Aussetzer, die impliziert die Lustlosigkeit eines Teils des Teams unterstreichen, das Ganze wirklich gut auf die Leinwand zu bringen.

„Haeckel's Tale“ ist eine Geschichte, die im Vergleich zu Höhepunkten wie „Homecoming“, wie „Cigarette Burns“ oder „Incident on and off a Mountain Road“ in dieser Form nicht funktioniert. Als Bestandteil eines interessanten, umfangreicheren Plots und mit einer besseren Charakterzeichnung wäre eine zumindest unterhaltsame Geschichte herauskommen, so wirkt die Folge nicht zuletzt aufgrund diverser Schwächen im Drehbuch unvollständig und harrt ihrer Wiederbelebung in anderer Form. Trotzdem bemühen sich die überwiegend unbekannten Schauspieler, ihre Charaktere zum Leben zu erwecken. Eingeschränkt durch die auch in der Originalfassung zu steifen und ausufernden Monologe wirkt ihre Darstellung trotzdem überzeugend. Dazwischen finden sich immer wieder Nuancen. So wirkt die junge Frau zu Beginn sehr erotisch – sie berührt sich heimlich, weil sie ahnt, dass Haeckel sie beobachtet. Auf dem Friedhof trotz des nackten Fleisches und ihres anmutigen Körpers, aber nicht wegen der schlecht geschminkten Zombies eher für einen Porno posierender als eine Liebesszene spielend.

Auch George Romero hätte mit „Haeckel's Tale“ seine Schwierigkeiten gehabt. Die viktorianische Vergangenheit – im Vergleich zu seiner modernen, sehr expressiven Gesellschaftskritik – zu inszenieren, erfordert nicht nur eine saubere, solide Handschrift, sondern ein gewisses Gefühl für diese Zeit. John McNaughtons Regie ist überwiegend solide, erst gegen Ende der Geschichte fällt er in das in diesem Fall unfreiwillige „Return of the Living Dead“ Subgenre ab. Es wäre besser gewesen, die gesamte Geschichte als überzogenes Märchen zu erzählen und den zu plakativen Zombieeffekt mehr im Hintergrund zu führen.


Die Extras sind – im Gegensatz zu Takeshi Miikes „Imprint“ – umfangreich, aber leider wieder auf dem Niveau der anderen Folge. Eine Reihe von Interviews mit dem Regisseur und den Hauptdarstellern offenbart wie gehabt ein gutes Betriebsklima, die Betonung der angeblich so außergewöhnlichen Handlung und die Bedeutung der „Masters of Horror“-Reihe. Die wieder auf dem Off gestellten und schwer zu verstehenden Fragen bewegen sich auf dem inzwischen bekannten, amateurhaften Niveau. Dazu kommen eine Reihe von Specials zu den Dreharbeiten und ein gesonderter Beitrag zum so genannten Wundergel, mit dem man Körperteile in Flammen aufgehen lassen kann, ohne dass dem Menschen etwas passiert. Dieses Gel wird in der vorliegenden Folge nur am Rande benötigt, spielt aber eine wichtige Rolle in der im August erscheinenden Tope Hopper-Folge. Diese wird auch in den Dialogen öfter erwähnt als John McNaughtons Märchen.
Leider hat Splendid die Extras im englischen Original belassen – das Takeshi Miike Interview in den Extras zu „Imprint“ ist japanisch mit englischen Untertiteln und deutsch übersprochen. Zumindest das John McNaughton-Interview wäre eine Übersetzung/Untertitelung wert gewesen.
Technisch befindet sich die DVD auf dem inzwischen bekannten sehr guten Standard. Satte Farben, gute Kontraste und sowohl die deutsche als auch die englische Tonspur können überzeugen.

DVD-Facts:
Bild: 1,78:1 (Widescreen anamorph)
Ton: deutsch Dolby Digital 5.1, englisch Dolby Digital 5.1

DVD-Extras:
Making of, Behind the Scenes, Interview

hinzugefügt: August 19th 2006
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
zugehöriger Link: Homepage zur Reihe
Hits: 2780
Sprache: german

  

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