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Masters of Horror: Dance of the Dead (DVD)

Masters of Horror
Dance of the Dead
DVD
USA 2005, Regie: Tobe Hooper, mit Jonathan Tucker, Jessica Lowndes, Robert Englund u.a.

Von Thomas Harbach

Tobe Hooper gehört sicherlich zu den gescheiterten Existenzen der Horrorszene. Vielleicht ist gescheitert auch ein zu hartes Wort, denn zwischen Anspruch und Willen auf der einen Seite und realisierbaren sowie bezahlten Arbeiten ist immer noch ein Unterschied, der oft von den außen stehenden Fans nicht gänzlich nachvollzogen werden kann. Nach seinem zweiten und nicht wie überall verkündet ersten Lowbudget Film und umgehenden Klassiker „The Texas Chainsaw Massacre“ folgte mit „Eaten Alive“ eine verquere und nicht unbedingt lustige Horrorgroteske. Viele Fans nahmen es ihm übel, dass er 1979 Stephen Kings Ruf folgte und „Salem´s Lot“ inszenierte, eine Verfilmung, die im Laufe der Jahre an Qualität gewonnen hat. Der Durchbruch schien ihm mit der Steven Spielberg Produktion „Poltergeist“ zu gelingen, doch es hielten sich die Rufschädigenden Gerüchte, dass er in erster Linie als Namensgeber denn als Regisseur fungiert hatte. Über die folgenden Filme „Lifeorce“ und „Invaders from Mars“ lässt sich trefflich streiten, künstlerische Desaster sind sie auf keinen Fall, auch aus heutiger Sicht zumindest im Vergleich zu einer Reihe gegenwärtiger Produktionen unterhaltsam, aber beide kommerzielle Desaster. Immer mehr führte Hoopers Weg zum Fernsehen – unter anderem führte er Regie bei einer Folge der Science Fiction Serie „Taken“, war verantwortlich für den Pilotfilm von „Dark Skies“ oder „Nowhere Man“. In den letzten Jahren veröffentlichte er regelmäßig zwischen den TV-Gastspielen auch in exotischeren europäischen Ländern wie Rumänien gedrehte unterdurchschnittliche Horrorfilme. Trotz seiner starken schwankenden Karriere ist Tobe Hopper immer für eine kleine, unterhaltsame Überraschung gut gewesen und nicht selten von der schreibenden Zunft schon abgeschrieben, kämpfte er sich wieder zurück in den Ring. In der zweiten Staffel der „Masters of Horror“ ist er auch mit einer Folge „Damned Thing“ vertreten. Wieder schreibt Richard Christian Matheson das Drehbuch, in diesem Fall basierend auf einer Kurzgeschichte von Ambrose Bierce. „Dance of the Dead“ dagegen ist die Adaption eines kürzen Textes aus der Feder des legendären Richard Matheson, seinem Vater. Das oft makaber intelligentes Spiel mit den alltäglichen Schrecken, sein Spürsinn für Atmosphäre und vor allem überraschende Wendungen selbst in den kürzesten Texten, seine Erfahrung mit Fernsehdrehbüchern und Fernsehproduktionen machen ihn zu einem idealen Objekt für entsprechende Adaptionen… wenn nicht viele seiner Texte im Grunde zu kurz sind, um wirklich fünfzig Minuten überraschende oder packende Handlung zu bieten. Vor einem ähnlichen Problem standen Joe Landsdale („Incident on and of a Mountain Road“) und David Schow („Pick me Up“), die allerdings beide ihre originären Geschichten umarbeiten bzw. erweitern konnten.

„Dance of the Dead“ basiert auf einer mehr als dreißig Jahre alten Kurzgeschichte von Richard Matheson, einem legendären Kurzgeschichten- und Romanautor. Neben bekannten Serien wie „Twilight Zone“ oder „Amazing Stories“ hat er auch die literarische Vorlage von„Die unglaubliche Geschichte des Mr. C“ und vor allem „Ich, der letzte Mensch“ für zwei sehr unterschiedliche Verfilmungen geschrieben. Insbesondere im Kontext der Charlton Heston-Verfilmung wirkt „Dance of the Dead“ als zumindest vor der Verfilmung interessante Variation. Fast zehn Jahre nach dem Dritten Weltkrieg. Eine Waffe namens Blizz hat nicht nur den größten Teil der amerikanischen Bevölkerung getötet, sondern in der Tradition Ballards sechziger Jahre Doomsday-Romanen hat sich eine alternative Gesellschaftsstruktur gebildet. Basierend auf den drogengetränkten Nachtclubs der Techno-Szene mit ihrem Hang zur Selbstdarstellung und ihrer Anlehnung an die s/m Szene. Mit Hilfe von optisch-akustischen Verzerrungen versucht Tobe Hooper auch expressiv diese Veränderung der gegenwärtigen Realität allgegenwärtig zu präsentieren. Leider folgt er mit diesem Stilmittel keinem System, der Versuch, die Zuschauer zu desorientieren misslingt. Auch die Metallmusik sowohl innerhalb des Clubs auch außerhalb dieser morbiden, nihilistischen und endlosen S/M-artigen Partys zerstört jegliche subtile oder gar bedrohliche Atmosphäre. Was in „Der Omega-Mann“ ihren Ausdruck in Hestons Einsamkeit findet und zu Beginn einen ersten Höhepunkt in der Kinoaufführung von „Woodstock“ findet, kumuliert hier in einem bizarren Tanz der Untoten. Es sind allerdings keine Zombies, sondern wieder belebte Tote, die von einem im Dritten Weltkrieg eingesetzten Reizgas reaktiviert worden sind. Sie sind weder aggressiv noch zeigen sie kannibalische Tendenzen. Die wenigen Überlebenden – die Gesellschaft hat sich in normale Menschen und drogensüchtige und Bluttrinkende Freaks aufgeteilt – leben jeden Tag wie ihren letzten Tag.

Ausgangspunkt ist die sechzehnjährige Peggy, die in einem heruntergekommenen Cafe mit ihr Mutter lebt und arbeitet. Sowohl ihr Vater als auch ihre Schwester sind im Dritten Weltkrieg umgekommen. Als sie eines Tages dem Charme eines jungen Mannes unterliegt und mit ihm nachts in die Großstadt zu einer angesagten In-Disco zieht, gerät die mit Mühe geordnete Welt außer Kontrolle. Im Kern dieser Geschichte steht trotz der optischen Reizüberflutung immer noch eine Familientragödie. Die Mutter behütet nicht nur ihre einzige überlebende Tochter, sie versucht sie von ihrer Umgebung zu isolieren. Damit erreicht sie das Gegenteil. Im Club trifft Peggy auf ihre Schwester, die als Zombie von Elektroruten animiert das Publikum unterhält. Zusammen mit ihrem Freund versucht sie, ihre hilflose Schwester zu retten, gleichzeitig trifft ihre Mutter vor dem Club ein und es kommt zu einem blutigen, aber faszinierenden Showdown mit dem Clubbesitzer Robert England. Obwohl die Motivation der einzelnen Charaktere oft nur angedeutet wird, bemühen sich Regie und Drehbuch aus den Fäden eine stringente, aber morbide und natürlich am Ende in Bezug auf die Pointe vorhersehbare Geschichte zu stricken. Der Kontrast könnte insbesondere in den letzten zehn Minuten nicht schärfer sein. Eine anrührende Beerdigungsszene vor den untergegangenen Städten, dann die Rache der Tochter an ihrer Mutter und die Erkenntnis, dass auch sie sich auf die andere Seite geschlagen hat. Einen Moment hilflos weinend, dann wieder subtil berechnend. Diese Unbeständigkeit ermöglicht es dem Zuschauer nicht, Positionen einzunehmen und die einzelnen Protagonisten in entsprechende Gruppen einzuordnen. Bei einer stärken Folge, einem besseren Script hätte die Desorientierung die Vollendung einer modernen, fast postmodernen Post-Doomsday-Geschichte sein können, hier verlieren sich diese nuancierten Anspielungen unter der Heavy Metal-Musik. Dazwischen finden sich auch zu Beginn der Folge einige schockierende, aber effektive Szenen. Lebende Tote werden vom einem Seuchenkommando zu einem Müllcontainer gefahren und in Brand gesteckt, eine Mischung aus George Romeros Aufräumkommandos und eine gewisse Parallelität zu den KZ- Lagern im Zweiten Weltkrieg. Dagegen stehen eine Reihe von Szenen, in den sich Hooper bemüht, aus dem klischeehaften und teilweise insbesondere bei den Charakteren oberflächlichen Script wirklich etwas zu machen. Und genau an diesen Szenen scheitert er bei seiner Geschichte. Die alles Schlampen-Thematik kumuliert schließlich im letzten Bild und öffnet dem stereotypen Drehbuch im Grunde die Tür direkt ins Herz des konservativen Amerikas. Weil sie ihre große Tochter nicht mehr bändigen kann, sucht die Mutter einen verzweifelten, verbotenen Ausweg. Als die jüngere Tochter schließlich auch dem Pfad des Verderbens folgt, greift sie zur Eigeninitiative, die Wahrheit kommt ans Licht, sie wird bestraft und dem Verderben der Tochter – angedeutet im letzten Bild – steht nichts mehr im Wege.

Robert England als verschlagener, sex- und drogensüchtiger Nachtclubbesitzer zeigt wieder die harsche, aber expressive Seite seines Könnens. Wenn er allerdings während einer Ankündigung von einem nackten, zuckenden Zombie einen geblasen bekommt, wirkt diese Szene nicht mehr schockierend, sondern einfach nur opportunistisch und vor allem billig.
In einem starken Kontrast stehen allerdings die Leistungen seiner Kollegen, oft unverbrauchte, aber auch unerfahrene junge Schauspieler, die weder mit dem bizarren Szenario, noch ihrem kaum ausgefeilten, oft klischeehaft angelegten und von der rasanten Schnittfolge und dem lauten Soundtrack an den Rand gedrückten Charakter wirklich etwas anfangen können. Insbesondere die bodenständigen Charaktere in extremen, unvermittelt auftauchenden Situationen gehören zu Richard Mathesons Stärken. Es ist schade, dass sein Sohn zu stark an der Erweiterung der Kurzgeschichte und zu wenig an der innewohnenden kritischen Intention gearbeitet hat. So wirkt das Drehbuch wie eine Adaption einer seiner Geschichten und nicht wie eine Würdigung der Arbeit seines Vaters. Hinzu kommt der Drang der Regie, das „Masters of Horror“ und vor allem die Freiheit bei der Inszenierung in eine gänzlich andere Richtung zu interpretieren als viele seiner Kollegen.

Viele gute Ideen gehen in der überaus provozierenden, aber schnell verstörenden Inszenierung unter. Hopper nimmt sich nicht die Zeit, eine bedrohliche Atmosphäre aufzubauen, zu oft geht er den direkten, den einfachen Weg. Er nimmt die postmoderne MTV-Clip-Inszenierungstechnik, zu laute, zu dröhnende Musik und vor allem eine zusammengefasst mehr als klischeehafte Handlung und fügt diesem durchschnittlichen Gemisch leider keine originelle Note hinzu. Ein aufmerksamer Zuschauer kann immer wieder interessante Ansätze erkennen, diese werden aber weder durch notwendige satirische Elemente oder eine nuancierte Darstellung unterstützt. Unter dem Strich bleibt die Tatsache, dass weder Hooper noch Richard Christian Matheson mit der Kurzgeschichte wirklich etwas anfangen konnten und das Experiment im Grunde und vor allem in dieser Form als gescheitert zu betrachten ist.

Überraschenderweise findet sich auf der DVD auch kein Interview mit dem Regisseur. Der Reigen wird von einem Gespräch mit Richard Matheson begonnen, allerdings ist der Fragesteller so beeindruckt vom umfangreichen und herausragenden Werk des inzwischen fast achtzigjährigen Autors, dass er ihn nicht interviewt, sondern ihm im Grunde nur huldigt. Der wieder unbekannte Fragesteller geht sehr unvorbereitet – zumindest der Titel der zugrunde liegenden Geschichte sollte man kennen und nicht erfragen wollen – in das Gespräch, nimmt dem mit verschmitzten Humor antwortenden Matheson den Raum und vor allem die Lust. Die Informationen/Fragen über dessen Hintergrund sind fragmentarisch und wirken ungeordnet. Die Hintergrundgeräusche übertönen mehrmals Mathesons verhaltene, aber zu euphorische Antworten. Wenn er davon spricht, dass es sich bei der zugrunde liegenden Geschichte um seine persönliche Antikriegsgeschichte handelt, geht der Interviewer auf diesen Kontext nicht weiter ein und versucht, seine vorgefertigten und mehrmals einfach schwach recherchierten Fragen abzufragen. Der Interviewer lässt sich von Richard Matheson unglaublich umfangreichem Genrewerk – sowohl in gedruckter Form als auch für die Leinwand geschrieben – führen und vergisst, wichtige Querverbindungen insbesondere im Kontext mit dem folgenden Interview mit seinem Sohn Richard Christian Matheson zu ziehen. Richard Christian Matheson fasst zu Beginn des Interviews nicht nur seine Intention, sondern vor allem auch die originäre Kurzgeschichte zusammen. Es ist interessant, dass das morbide Schlüsselelement nicht in der ursprünglichen Kurzgeschichte gewesen ist, sondern von ihm als Ausweitung des Textes integriert worden ist. Er bemüht sich, die ursprüngliche Vision – eine Welt nach dem Dritten Weltkrieg und Schuld/ Sühne als konträre menschliche Grundhaltungen – zu erhalten, Tobe Hooper dagegen hat daraus eine extreme, schwer anzuschauende Heavy Metal Vision gemacht, in der das Element des Todes hinter der Sucht nach dem kurzen, aber spürbaren Leben zurücktritt. Er betont das familiäre Element, eine Art Gemeinschaftsgefühl vor und hinter den Kulissen, öfter stellt er sich aber auch unbegründet in den Vordergrund und überträgt die Fähigkeiten seines Vaters unbewusst auf seine eigene Persönlichkeit. In dem mit über zwanzig Minuten zu langen Interview charakterisiert Matheson verschiedene Aspekte des Horrorgenres, bleibt allerdings oberflächlich und legt sich vorsichtshalber nicht fest. Für ihn – wie für viele andere für diese Serie Interviewte – stellt „Masters of Horror“ einen undiskutierbaren Höhepunkt des Genres dar. Am Ende des Gesprächs wird zumindest eine Frage wiederholt, die entsprechende Antwort wird länger und länger.

Robert Englund entlarvt die Unwissenheit der heutigen Jugend, in dem er seine Make Up Lady nach einer Hommage an „Cabarett“ fragte und nur Unverständnis erntete. Insbesondere in der Originalfassung wirkt seine Darstellung wie eine futuristische, extrapolierte Interpretation des Nachtclubentertainers aus der außerordentlichen Verfilmung in den siebziger Jahren. Ansonsten sind seine Antworten expressiv, aber selten detailliert. Er geht auf seine lange Zusammenarbeit mit Tobe Hooper ein, ihm fehlt aber die kritische Distanz zu dessen Werk und seiner auch nicht immer herausragenden Darstellung in einer Reihe von Filmen.
Es schließen sich noch Interviews mit den einzelnen, jugendlichen Schauspielerin und Schauspielern an. Leider wiederholen sich sowohl bei Paul Becker, Jonathan Tucker und schließlich auch Jessica Lowndes die Fragen. Ihre Bewunderung gegenüber der Horrorlegende Tobe Hooper ist unverkennbar, genau fehlt die kritische Distanz zur eigenen Leistung – vielleicht noch verständlich. Sie können auch nicht unbedingt das Konzept hinter der Welt nach dem Dritten Weltkrieg plausibel erläutern und bis auf sehr wenige persönliche Informationen wirken die Interviews statisch und wenig ergiebig. Alle enden mehr oder weniger abrupt, anderen fehlt eine wirklich überraschende oder originelle Einführungsfrage. Trotzdem ist es angenehm, den einzelnen Antworten zu folgen und sich die Schauspieler in einer besseren und vor allem stringenten Folge vorzustellen.

Bei den Specials gibt es wieder eine Reihe von unkommentierten Aufnahmen der Dreharbeiten und eine faszinierende Fallstudie. „Der Tanz der Toten“ wird von Paul Becker vorgestellt und leider hat der Zuschauer das Gefühl, einem bemühten Hinterwäldler bei der Erschaffung einer Phantasie zuzusehen. Unwillkürlich erinnert die Szene an „Showgirls“, der auf einem eher verklemmten und absolut unrealistischen Drehbuch basiert und keinen Einblick in die harte Welt des Showbusiness zulässt. Alles wirkt unkritisch idealisiert, die erste Begegnung mit richtigen Frauen – und nicht den Klassenkameradinnen – und in diesem Fall den Gogo-Tänzerinnen, die zumindest für diesen jungen Mann ihr Tricks zum ersten Mal auspackten. Da hilft es auch wenig, dass diese DVD die obligatorisch gute Bildqualität aufweist und beide Tonspuren sich exzellent anhören.


DVD-Facts:
Bild: 1,78:1 (Widescreen anamorph)
Ton: deutsch Dolby Digital 5.1, englisch Dolby Digital 5.1

DVD-Extras:
Interviews mit Richard Matheson, Richard Christian Matheson, Robert Englund, Paul Becker, Jonathan Tucker, Jessica Lowndes, Behind the Scenes-Featurettes

hinzugefügt: October 8th 2006
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
zugehöriger Link: Homepage zur Reihe
Hits: 3013
Sprache:

  

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