Farscape – Season 1 Box
Australien/USA 1999, mit Ben Browder, Claudia Black, Jonathan Hardy u.a.
Von Thomas Harbach
Wie eine Reihe anderer Science Fiction Serien dauerte die Entwicklung „Farscape“ deutlicher länger als schließlich die eigentliche Ausstrahlung in den Jahren 1999 bis 2003. Von Rockne S. O´Bannon, Brian Henson – Sohn des „Muppets“ - und „Sesamstraße“-Schöpfers Jim Henson – und dem Drehbuchautor und ausführenden Produzenten unter dem eher profanen Titel „Space Chase“ ist die Serie zu Beginn der neunziger Jahre konzipiert worden. Neben den obligatorischen Computertricks wollte man auf die Hensons zurückgreifen und zwei der Hauptcharaktere sind animierte Puppen. Als Verbindungsglied zwischen dem Zuschauer und der farbenprächtigen, fremdartigen Zukunft diente der Astronaut John Chrichton, aufgrund eines fehlgeschlagenen Experiments aus seiner Zeit gerissen. Durch diese eingeschränkte Perspektive konnte das Team den Kosmos sehr exotisch darstellen und in den ersten, abgeschlossenen Folgen Crichton und damit den Zuschauer integrieren. Die Serie wurde exklusiv für den Science Fiction Channel produziert. Um ein breiteres Publikum anzusprechen, umging das Team möglichst profane Ausdrücke durch die Schaffung eigener Sprachen. In den Jahren 2000, 2001 und 2002 wurde „Farscape“ mit dem Saturn Award der Academy for Science Fiction, Fantasy and Horror im Bereich der besten Kabelserie sowie bester Hauptdarsteller ausgezeichnet. Nach der Ausstrahlung der vierten Staffel beendete der Science Fiction Channel sehr abrupt sein Engagement. Die losen Handlungsfäden sind in einer gesonderten Miniserie „Peacekeeper War“ im Jahre 2004 abgehandelt worden. Abgelöst ist „Farscape“ von „Stargate“ worden, in einer der „Stargate“Folgen haben die Hauptdarsteller der Serie zusammen mit den zwei menschlichen Hauptdarstellern aus „Farscape“ die Serie parodiert.
Koch Media hat die ersten drei Staffeln in auch optisch sehr schönen Boxen aufgelegt. Neben einer fast fehlerfreien Wiedergabe der Originalfolgen – da man nur drei Folgen auf einer DVD präsentiert, ist die Datendichte nicht an der Grenze zur Überladung und die Bildwiedergabe dieser sehr farbigen Serie in Kombination mit einem ungewöhnlich klangreichen Ton eine sehr gute Arbeit – finden sich im einliegenden Booklet einige wenige Informationen über die einzelnen Folgen, ein Sprachführer durch die Welt Farcapes und eine Kurzvorstellung der fiktiven Charaktere. Alleine ein Drittel der Folgen verfügt über Audiokommentare.
Passend, wenn auch unspektakulär hat das Team die Pilotfilm den Titel „Premiere“ gegeben. Der Astronaut John Chrichton vor seinem ersten großen Alleinflug und dem eingeschlossenen Experiment wird mit kurzen, knappen Impressionen seiner Startvorbereitungen vorgestellt.
Spätestens nachdem Commander John Crichton nach einer unruhigen Nacht im Halbschlaf mit geschlossenen Augen noch von einem bösen Traum spricht, ahnt der Zuschauer, dass dem jungen Mann in einer fremden Galaxis und an Bord eines lebenden Raumschiffs auf der Flucht vor den Garden des Peacekeeper noch einige Abenteuer bevorstehen. Im Gegensatz zu „Buck Rogers“, der in einer Höhle eingeschlossen mehrere hundert Jahre in der Zukunft, aber zumindest auf der Erde erwachte, weiß er nicht, wo er sich wirklich befindet. Ausgangspunkt ein waghalsiges Experiment zur Beschleunigung von Raumschiffen dank der Reibung der Atmosphäre wird er von einem Magnetsturm erfasst und in ein Wurmloch gezogen. Als er in seinem Schiff wieder erwacht, befindet er sich in einer fremden Galaxis, mitten in einem militärischen Konflikt und landet auf der „Moya“, einem lebenden Raumschiff. An Bord befinden sich verschiedene Spezies, alles ehemalige Gefangene, auf der Flucht vor de Ordnungskräften.
Neben einer offensichtlichen Hommage an „Buck Rogers“ erinnert das Szenario unwillkürlich an die britische Fernsehserie „Blake´s 7“. Auch hier flüchtet spektakulär eine Gruppe von Menschen an Bord eines Prototyps, wird von den diktatorischen Kräften stetig verfolgt, die Gruppe muss sich trotz unterschiedlicher Charaktere und vor allem eine fast greifbaren Misstrauen gegeneinander zusammenraufen, um zu überleben. Im Gegensatz zu der aufgrund der niederen Budgets einfacher inszenierten, aber mit hervorragenden Drehbücher des Doktor Who Mitschöpfers Terry Nation ausgestatteten britischen Serien überzeugt schon in der ersten Folge „Premiere“ von „Farscape“ die Optik. Die Tricks sind sehr gut, die verschiedenen Puppen aus Hensons Shop eine Mischung aus Exotik und kunterbunten Karneval. Außerdem kümmert man sich um das leidige Problem der verschiedenen Sprache. Crichton werden einfach entsprechende Übersetzerviren für alle gängigen Sprachen per Zungenschlag integriert.
Die Idee John Crichtons, durch eine Wiederholung des Experiments wieder in die eigene Zeit und vor allem eigene Milchstraße zurückzukehren, wird in einer Reihe von Episoden entweder angedeutet oder experimentell umgesetzt. Die elfte Folge der ersten Staffel – „Das Wurmloch ist an allem schuld“ – nimmt diese Thematik auf, John Crichton produziert mit seinem altertümlichen Shuttle ein Wurmloch und beschädigt gleichzeitig seinen treuen Gefährten so schwer, dass Sun und er auf einer Wüstenwelt landen müssen. Leider machen plötzlich alle Kopfgeldjäger und vermummten Einwohner dieser Oase Jagd auf seine Kameraden und später auf ihn, weil ein hohes Kopfgeld ausgesetzt worden ist. Eine Folge von hohem Wiedererkennungswert: sei es de offensichtliche Hommage an den Wüstenplaneten Tatooine oder die „Mad Max“ Anspielung mit der Zigarrenrauchenden Mechanikerin. Die Folge leidet aber insbesondere in Hinblick auf die Ausstattung am eher undurchschnittlichen Budget dieser Folge, dazu kommt ein Drehbuch, das oft zu stromlinienförmig konstruiert und nicht entschlossen genug konzipiert worden ist. Alleine der Bogen zu den amerikanischen Neo- Western mit den hier auf dem Prinzip des Zufalls basierenden Gruppen, die bei einem Pokerspiel nach dem wenigen guten Karten greifen wollen und im Grunde sich um ein Nichts streiten untersetzt mit oft bissigem Humor rettet diese Episode vor einem vollkommenen Einbruch. Was die Folge weiterhin interessant macht, sind die vielen kleinen Episoden, so agiert die Priesterin unter Neobestrahlung eines Sterns wie eine Süchtige und Sun/ John Crichton kommen sich endlich näher. Unglücklich ist dagegen, dass sich der Plot zuerst auf die Forschung, dann auf die Jagd nach den Flüchtlingen, dann wieder die Forschung und schließlich im Showdown wieder auf die Flüchtlinge konzentriert, dazwischen ist gar nichts.
Noch einmal wird diese Thematik in der sechzehnten Folge „Auf der nach der freundlichen Welt“ zumindest auf den ersten Blick aufgenommen. Chrichton landet nach einem Flug durch ein instabiles Wurmloch auf der Erde, ein Teil der Moya- Besatzung folgt ihm mit einem Beiboot. Der Mensch muss sich zwischen seiner Heimat und seinen Freunden entscheiden. Diese an sich schwierige Entscheidung wird Chrichton durch die extrem unsympathischen, bornierten Militärs – die in Chrichton die Vorhut einer Invasion sehen – und seiner streitbarer Moya- Belastung deutlich erleichtert. Man arbeitet zu sehr mit schwarzweiß Malerei, die zugrunde liegende Konstellation macht es nicht nur Chrichton, sondern in erster Linie dem Zuschauer leicht, eine Position zu beziehen. Die Paranoia der irdischen Behörden sowohl vor dem entstandenen Wurmloch als auch der unbekannten Technologie, die Crichton mitbringt, ist zwar gut umgesetzt und erinnert an die klassischen B- Filme der fünfziger Jahre, wirkt aber in die Konzentration unrealistisch. Die Folge spielt die entsprechenden Klischees – manchmal liebevoll, öfter einfach nur plakativ – in Bezug auf Fremde durch, natürlich wird die Crew der Moya in einem besseren Licht gezeigt als die stupiden Militärs. Dazu ein wenig Schmalz zu Beginn der Folge, eine lange Abschiedszeremonie, obwohl das Wurmloch kontinuierlich schrumpft. Am Ende der Folge offenbart sich, dass hinter diesem komplexen Plot noch eine zweite, bislang unbekannte Handlungsebene versteckt worden ist. Diese ist auf den ersten Blick faszinierend, wurde aber nicht konsequent genug umgesetzt. Vor allem das extrapolierende Plotelement, die Erde wäre ein seltener Planet wirkt absurd, nachdem Chrichton alleine in den wenigen Folgen alle Arten von Sauerstoffplaneten aufgesucht hat. Natürlich gibt es am Ende noch eine Botschaft, die alten Vorurteile über Bord zu werfen und wie Chrichton dem Fremden offen zu begegnen. Eine gute Folge, die leider zu viele Fragen aufwirft und sie nicht alle beantworten kann oder will.
In den folgenden Episoden wie „Der rote Kristall“ oder „Gefährliche Besucher an Bord“ versucht sich die zusammen gewürfelte Truppe zu finden und pro Folge werden dem Zuschauer im Laufe der Handlung von einem oder zwei der Außerirdischen an der Bord der „Moya“ dessen besonderen Fähigkeiten vorgestellt. Der Status Quo ist aber immer noch labil, dafür sind auch in der deutschen Fassung die Dialoge oft ironisch überspitzt und sehr unterhaltsam. In beiden Folgen kommt es aber auch zu Manipulationsversuchen von außen – in der erste Folge durch eine Drogen ihrem Träger einspritzende Waffe einer Kriegerrasse und in der dritten Folge durch Schiffbrüchige, die an Bord genommen sind. Dieses Vorgehen ist zumindest zu Beginn einer neuen Serie problematisch, da der Zuschauer noch nicht unterscheiden kann, ob durch diese Manipulation schließlich das wahre Ich der einzelnen Charaktere aufgezeigt wird oder ein fremdartiger, künstlich induzierter Wesenszug die Handlungen beeinflusst. Immer mehr stellt sich aber in beiden Episoden heraus, dass John Chrichton nicht nur der Stichwortgeber – seine Bandbreite reicht von populärer Unterhaltungsliteratur a la John Wayne bis zur Improvisation seiner Baseballfähigkeiten – ist, sondern in beiden Episoden die kritische Situation meistert. In „Gefährliche Besucher an Bord“ verfügt er dank einer blitzschlagartigen Begegnung mit einer neuartigen Waffe über die Fähigkeit, in die jeweilige Zukunft zu sehen. Diese kann er indirekt durch sein Handeln verändern und in einer interessanten Passage erlebt der Zuschauer, wie sich nahtlos diese Variationen aneinander reihen. Wie er zu seinen kurzfristigen Fähigkeiten bleibt ungeklärt, im Rahmen der angebotenen wissenschaftlichen Lösung ist es die - plottechnisch aber notwendige - Schwäche dieser Folge. Nicht nur das Vorgehen, sondern auch die Grundidee hat Ähnlichkeit mit verschiedenen STAR TREK Folgen – sei es „The Next Generation“ oder „Voyager“. Dagegen greift das Team in „Der rote Kristall“ durchaus ein aktuelles Thema auf: die Auseinandersetzung mit der Abhängigkeit von Drogen und der Schwierigkeit, wirklich zwischen dem eigenen Willen und der Manipulation durch Dritte zu unterscheiden.
Schon der deutsche Titel „Ich E.T. und die anderen“ suggeriert eine humorvolle Episode. Diese ist in der Nebenhandlung mit einer bizarren Prämisse ausgestattet. In der Moya ertönt plötzlich ein für die Peacekeepertruppen leicht zu identifizierendes Erkennungssignal. Dieses ist mit einem wichtigen Teil des lebendigen Schiffes verbunden und macht eine Operation unumgänglich. Dazu landet das Schiff auf einer dreißigprozentigen Wasserwelt- in einem Sumpf. Um die Operation durchzuführen, benötigt man für das Raumschiff ein Betäubungsmittel. Es stellt sich heraus, dass der Planet nicht nur von menschenähnlichen Wesen bewohnt ist, er erinnert in der Struktur an die Erde des 20. Jahrhunderts und die fremden Einheimischen suchen mit großen Teleskopen und Radiosendern des Himmel nach UFOs ab. Im Laufe der Suche nach dem Betäubungsmittel integriert das sehr humorvolle geschriebene Drehbuch im Grunde alle so bekannten Klischees der UFOs Mythologie und dem „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ Stoff in eine geradlinige Handlung. Dazu findet sich die erste direkte Anspielung auf „Star Wars“, während in der folgenden Episode „Das Leben soll nicht enden“ zumindest eine optische Hommage an die „Alien“ / „Aliens“ Filme integriert worden ist. Außerdem beginnen die einzelnen Folgen von Problemen zu handeln, denen sich die Besatzung der Moya als Team stellen muss. Zwar wiederholen sich einige Elemente – der kleine Rigel, der XVI. muss in Schächte eindringen, die den anderen Mitgliedern der Besatzung verschlossen sind und die Priesterin nimmt zum zweiten Mal einem Charakter die Schmerzen -, aber die Gruppendynamik und vor allem das Verständnis für den Kameraden und das gemeinsame Schicksal beginnt zu wachsen. Dazu kommt mit dem Durchflug durch eine scheinbare Asteroidenwolke – ein optischer Höhepunkt der ersten Staffel – und das an Bord nehmen einer insektenartigen Kultur, die Wärme braucht, um ihren Nachwuchs auszubrüten eine interessante Prämisse. Im gleichen Zug wie das Vertrauen zwischen den Mannschaftsmitgliedern zu wachsen scheint, gehört die Folge allerdings auch zu den Paranioa- Abenteuern, da die Insekten die Menschen an Bord kopieren können.
Mit „Die Wahrheit über Sykar“ beginnt im Grunde ein zweiter Handlungsabschnitt, die Exposition ist abgeschlossen, die Charaktere mehr oder minder etabliert und das Szenario abgesteckt. In den nächsten Folgen erfährt der Zuschauer mehr über den Hintergrund der einzelnen Figuren, eingebetet in immer noch einzelne, abgeschlossene Handlungsbögen. Sykar lebt an Bord der Moya seinen Hyperrage aus und hat Chrichton zum Objekt seiner Begierden deklariert. Seine Kameraden versuchen ihn zu retten, als er auf einen kleinen, isolierten Planeten flieht. Auf dieser Welt lebt eine kleine Gruppe von menschenähnlichen Wesen in einer Art sozialistischer Kolonie, sie werden berieselt von „Big Brother“ Parolen, die Landschaft erinnert an die Reisfelder von Vietnam – sie bauen dort Pflanzen ab, die sie zwangsweise exportieren müssen – und ihre Kleider und Kostüme an Indien. Alle werden von den Drogenversetzten Nahrungsmitteln kontrolliert. In einer Nebenhandlung werden Rygels Körperflüssigkeiten zu einer Art flüssigen Nitrosprengstoff und um die Medizin zu einzuflößen, frieren sie seinen Körper einfach ein. Der Zuschauer wird mit einem quatschigen, sehr albernen Handlungsbogen in Kombination mit einer zweiten Ebene voller Mahnungen und Warnungen konfrontiert. Diese Mischung wirkt nicht nur uneinheitlich, sie funktioniert über weite Strecken nicht. Dazu kommen die flapsigen Dialoge und am Ende der Geschichte eine „Star Trek“ artige frohe Botschaft. Beispielhaft zeigt Crichton auf, wie ein friedliches Volk unterdrückt und ausgenutzt wird und sich natürlich die Führer des Volkes auf die Seite der Unterdrücker stellen. Fast theatralisch appelliert Crichton getreu des amerikanischen Glaubens an die Grundfesten von Eigenverantwortlichkeit und Demokratie.
Dagegen ist „Begegnung auf der Zelbinion“ eine bodenständige Science Fiction Folge. Die Moya stößt auf das Wrack eines legendären und angeblich unbesiegbaren „Peacekeeper“ Raumschiffes und findet an Bord eine schöne, überlebende Technikerin. Alle klassischen Abenteuerelemente sind vorhanden: eine Legende, ein Geisterschiff, eine Bedrohung durch moderne, in diesem Fall außerirdische Strandräuber, ein vorhersehbarer Status Quo und eine geradlinige Handlung. Es fehlt die bizarre Exotik einiger anderer Folgen. Leider wirken auch die außerirdischen Eindringlinge weder Furcht erregend noch bedrohlich. Diese „Fehlbesetzung“ nimmt der Folge einiges an Spannung. Crichtons Liebesgeschichte dagegen wirkt ein wenig zu schmalzig, sie ist aber emotionell überzeugend. Der Astronaut und Aeyora Sun kommen sich ein wenig näher, die stimmungsvolle Begegnung ist auch notwendig, um den schwachen und zu kurzen Plot auf die obligatorischen fünfzig Minuten zu strecken. Zumindest ein wenig Licht über das Schicksal dieses Schiffes und eines Überlebenden findet sich in der fünfzehnten Episode der ersten Staffel: „Rucka, der Schreckliche“ Bei einer Kollision beschädigt die Moya ein fremdes Raumschiff und die Überlebenden werden an Bord genommen. Darunter Rucka, der Foltermeister des Peaecekeeper auf der Zelbinion. Allerdings hat ein Außerirdischer ihn nicht nur gerettet, sondern in den letzten einhundert Jahren das Böse ausgetrieben. Weiterhin befindet sich eine zweite Gefangene an Bord des kleinen Raumschiffes. Diese bittet John Crichton um Hilfe, ihr Verbrechen scheint nur ein gewisser individueller Freiheitsdrang zu sein. Während zumindest ein Besatzungsmitglied Ruckas Schreckenherrschaft nicht vergessen kann, bröckelt an einer anderen Stelle die Solidarität gegenüber John Crichton, dieser scheint der exotischen Schönheit zu erliegen. Der geradlinigen, aber spannenden Handlung sind einige wichtige Fragen übergeordnet: Darf der freie Wille auch unter der Prämisse der Gesetzestreue manipuliert werden? Wann überschreiten die Wächter die eigenen Gesetzesgrenzen? Ist Individualität ein Verbrechen? Nach der ersten Hälfte der Folge dreht sich der Plot, es wird eine klassische „Who done it?“ Episode, ein Verbrechen, das aufgeklärt werden muss, ein offensichtlicher Täte, der zu willfährig an der falschen Stelle zu richtigen Zeit gewesen ist, um wirklich für den Zuschauer verdächtig zu sein und natürlich ein sehr interessanter, neuer Frauencharakter. Chiana ist eine exotische Bereicherung – genau wie die Priesterin Shaan – ein facetten- und vor allem an Vergangenheit reicher Charakter, eine neugierige Frau, eine gefährliche Schönheit. Die ganze Folge ist ein psychologisch dichtes, komplexes, aber trotzdem sehr gut zu verfolgendes Kammerspiel, da dem Zuschauer eine Reihe von Hintergrundinformationen fehlen, kann er sich erst am Ende der Folge ein allerdings unvollständiges Bild des Geschehens machen. Diese eingeschränkte Perspektive erhöht das Spannungsniveau, wenn auch John Crichton in Einzelgängermanier nicht nur die Lösung des Mordes, sondern vor allem auch das Schicksal des Schurken besiegelt. Das wirkt ein wenig übertrieben und erinnert an die eher einfallslos sich wiederholend konzipierten ersten Folgen dieser Serie.
Eine seltsame Mischung aus STAR TREK – insbesondere die surrealistischen Sets, die verschiedenen Lichtspiele und die Kombination/Integration klassischer antiker Bauten mit einer modernen Kulisse – und Moralgeschichte stellte die Folge „Der Magier und die Gladiatoren“ dar. Der schwarzmagische Außerirdische Maldais – ein Gestaltwandler, dem der Zuschauer erst in Form eines Harlekins begegnet – plant ein Duell zwischen John Crichton und seinem Gegenspieler Crais auf einer abgeschiedenen Bühne. Er entzieht ihren Körpern die Seele und platziert sie auf einer von ihm gesteuerten Bühne. Die Freunde – und die Mannschaft der Peaecekeeper mit weniger Emotionen, aber einem Blick auf die Karriereleiter – versorgen nur noch die leeren Hüllen. Mit Maldais haben die Schöpfer von „Farscape“ einen charismatischen Charakter erschaffen, einen sadistischen Gegenspieler, der sich vom Hass seiner Opfer ernährt und ganze Welten unter seiner Kontrolle hat. Der Plot der Folge ist allerdings vorhersehbar. Dazu kommt die bekannte Moral, dass sehr plakativ in diesem Spiel über mehrere Ebenen die stetige Versuchung entlarvt wird, den einfachen, gewalttätigen Weg zu gehen. Das gilt sowohl für die Unterdrücker als auch im Zuge der Befreiung für die Unterdrückten. Diese auf den ersten Blick überraschende zweite Handlungsebene löst sich schließlich im simplen Plot in Wohlgefallen auf. In Bezug auf die Vergangenheit der einzelnen Folge kommt es zumindest andeutungsweise zu ersten Erkenntnissen über die Vergangenheit der blauhäutigen Priesterin, der weiblichen Figur mit der größten Tiefe, dem größten Potential, aber auch der größten Versuchung, aus ihr eine Art weiblichen Allrounder Spock mit einer sehr expressiven Sexualität zu machen.
„Der verrückte DNS“ Wissenschaftler beginnt mit der Hypothese, dass dieses in den Randbereichen lebende Wesen aus der DNS seiner Patienten deren Heimatwelt herauslesen und vor allem einen Kurs dorthin programmieren kann. Eine große Versuchung für die Besatzung der „Farscape“, die noch größer wird, als dass der geforderte Preis in erster Linie den Pilot des Schiffes betrifft. Crichton hat einige Zweifel, kann sich aber zumindest im ersten Teil des Handlungsstranges nicht durchsetzen. Gekonnt wird die Zerreißprobe für die Besatzung herausgearbeitet und die brüchige Stabilität innerhalb der Crew droht wie ein Kartenhaus zusammenzufallen. Egoismus und Selbstsucht übernehmen das Kommando und im Laufe des Scripts werden zumindest einige elementare Fragen angedeutet, ohne dass man groß in die Tiefe der Philosophie einzusteigen sucht: Welchen Preis ist jeder bereit, für die Heimat zu bezahlen? Wem kann man noch vertrauen, wenn die Karten auf dem Tisch liegen? Wer kontrolliert im Grunde noch die nicht mehr zu kontrollierenden Forschungen der Wissenschaftler? Was bedeuten Ehre, Stolz oder Kameradschaft? Interessanterweise konterkariert die Folge das bislang schon brüchige Harmonierungsprinzip innerhalb der Mannschaft und hebt sich damit überzeugend von einer Reihe anderer Folgen ab. Der Bogen wird zu end englischen „Blake´s 7“ Folgen geschlagen, in denen sich Mannschaft an Bord der Liberator im Grunde aus mindestens zwei, wenn nicht drei ständig gegeneinander opponierenden Gruppen bestanden hat. Wie in der vorangegangenen Folge findet der Zuschauer einen ungewöhnlichen Antagonisten vor, auch wenn das Drehbuch sich bemüht, in weniger als Schurke, denn als Wissenschaftler zu beschreiben. Es ist für ihn ein in geordneten Bahnen ablaufendes Experiment, für seine Umwelt ein außer Kontrolle geratenes Ereignis, der Wahn von der Suche nach Perfektion. Zieht man die in diesem Fall wirklich bizarren Sets und die wenigen sehr guten optischen Effekte ab und reduziert die Folge auf das Wesentliche – den Plot -, bleibt es bei einer sehr geradlinigen, sehr Ziel gerichteten Folge, die viele Frage aufwirft, keine beantwortet und sich schließlich als eine Art „Monster of the Week“ Episode mit Doktorgrad präsentiert.
Die zehnte Folge „Geheimnisvolle Moya“ stellt den Zuschauern das lebende Raumschiff ein wenig besser vor. Die Mannschaft untersucht ihr Raumschiff nach weiterer „Peacekeeper“- Technologie, ein wenig spät nach der ersten Beinahekatastrophe in „Ich E.T. und die anderen“. Im Inneren des Schiffes werden sie fündig. Dieses Gerät beschädigt aber das Schiff mit einem scheinbar biomechanischen Eindringling, der sich schließlich als Teil von Moya entpuppt. Trotzdem ist das Leben der Besatzung bedroht. Ein klassischer Wettlauf gegen die Zeit um das Leben von Pilot, das Überleben auf dem Schiff und den Gesundheitszustand desgleichen. Die Infektion greift insbesondere auf Daryo über, der von seiner Liebe und seine Heimat zu phantasieren beginnt. Im Kontrast zum Überbau der Folge wirkt es konterproduktiv und nimmt einigen Szenen deutlich an Effektivität. Einige angeblich so bedrohliche Szenen mit den DRDs wirken dagegen lächerlich und erinnern das die farbenprächtigen, aber tricktechnisch schwachen und in Bezug auf vernünftige Plots unterdurchschnittlichen Science Fiction Filme der siebziger Jahre. Die Erklärung des Geschehens ist zwar emotional, aber im Verlaufe des bisherigen Serienbogens eher pragmatisch als wirklich logisch und überzeugend.
„Ein Phänomen namens Flax“ ist eine der Episoden, die auf der einen Seite eine interessante, wenn auch aus der Science Fiction bekannte Idee – Piraten haben ein masseloses, unsichtbares Energienetz ausgelegt, in das Sun und Crichton mit einem Beiboot bei Flugübungen geraten – beinhaltet, auf der anderen Seite in Bezug auf das Drehbuch eher wie eine Patch- Up Episode daherkommen. So wird die restliche Besatzung der Moya von einem Exsträfling mit einer extrovertierten Ader und den an seiner Person interessierten Piraten besucht. Immer kommt in dieser Folge das erste Dampfbetriebene Raumschiff zum Einsatz und die Mannschaft der Moya kann sich nur durch den kombinierten Einsatz ihrer individuellen Fähigkeiten retten – hier reicht das Spektrum von glücksspielen Rygel bis zum Haudegen Darkor. Sun und Crichton kommen sich wieder angesichts des zum wiederholten Male bevorstehenden Todes bis auf die Haut näher, allerdings geraten sie dazu wieder in eine Falle/komplexe Situation/ Schwierigkeiten. Die Drehbuchautoren versuchen dieses Schlüsselelement immer wieder als Ausgangspunkt für ihre Folgen zu nutzen, nur selten gelingt es, diese offensichtliche – bis für die beiden – Beziehung als Katalysator zu nutzen und nicht als handlungstechnische Vollbremsung zu missbrauchen. Das trotz aller Schwächen und nur wenigen, dann allerdings exzentrischen Ideen diese Folge funktioniert, ist fast ein biomechanoides Wunder. Am Ende zeigen aber die Autoren, dass einige ihrer Charaktere reifer und verantwortungsbewusster deutlich mehr überzeugen können als in der kindlichen/ kindischen Art, in der welcher sie hier beschrieben werden. Außerdem scheint insbesondere der Showdown unter der Tatsache zu leiden, dass das Drehbuch wohl einige plottechnische Informationen enthalten hat, die es nicht mehr in die eigentliche Folge geschafft haben.
Zu den besten Folgen der ersten Staffel gehört „Die dunklen Impulse“, eine intelligente, aber unaufdringliche Mischung aus einer beispielhaften Auseinandersetzung mit der Macht durch Betrug und Täuschung auf der einen Seite, auf der anderen Seite dagegen eine kontinuierliche Untersuchung des Phänomens Versuchung. Das Raumschiff „Moya“ eilt anscheinend einem anderen Leviathan zur Hilfe, das Signal entpuppt sich als Falle und die Besatzung der Moya landet auf einem toxischen, verwaisten Planetoiden, unter dessen Oberfläche ein Raumschiff mit dem politischen System entflohener Delphianer Not gelandet ist. Diese haben sich in mysteriösen Seelenvereinigungsritualen auf die Aufgabe eines Umsturzes des bestehenden Regimes vorbereitet, alleine in der an Bord der Moya befindlichen Priesterin fehlt ihnen noch ein Katalysator. Die optisch eindrucksvollen Sets in Kombination einer erotischen, exotischen und mit dem Flair von 1001 Nacht verfeinerten Handlung tragen neben soliden Hintergrundinformationen über Shaan zu einer spannenden, abwechselungsreichen und selten wirklich vorhersehbaren Handlung bei. Realität und Illusion, Macht und Ohnmacht stellen die Extreme dieser Folge dar, dazwischen versuchen die Charaktere auf beiden Seiten des Gesetzes ihren eigenen Weg zu finden und vor allem ihn vor dem eigenen Gewissen und dem eigenen Wissen zu verteidigen. Dazu müssen sie ihre Vergangenheit akzeptieren und nicht manipulieren, um eine solide Basis für die Zukunft des eigenen Volkes zu finden.
„Das Wunder on Acquara“ leidet schon zu Beginn unter einem extrem konstruierten und mit wenigen nachvollziehbaren Informationen für den Zuschauer versehenen Plot. John Crichton will – wie ein kleines Kind mit einem gehörigen Dickkopf – alleine sein und verlässt in seinem Shuttle die Moya, während diese wieder einen stellaren Sprung macht und Crichton zu einem modernen Robinson Crusoe mit entsprechendem Vollbart auf einer exotischen, aber abgelegenen Welt werden lässt. Natürlich findet er auf dieser paradiesischen Welt nicht nur eine schöne Gefährtin, sondern auch einen hinterhältigen Konkurrenten. Alle Klischees werden pflichtschuldig in die Handlung integriert, dazu kommen auf der einen Seite die Schuldgefühle seines Teams ihm gegenüber – ohne wirklich handlungstechnische Begründung – und natürlich finden sie ihn schließlich nach einer dreimonatigen Suche im richtigen Augenblick am falschen Ort. Die einzige zumindest zu Beginn interessante Idee sind die Energieverluste auf dieser Welt. Leider ist die Lösung für den Zuschauer schneller erkennbar als für Crichton und Anhang und die philosophischen Exkurse über die nicht unbedingt befruchtende Kombination aus Macht und Religion wirkt insbesondere im Vergleich zu „Die dunklen Impulse“ oberflächlich und nicht unbedingt durchdacht. Nicht nur diese beiden Folgen wirken in der Intention, wenn auch nicht Ausführung ähnlich, das Trio schließt die schon besprochene Episode „Rucka, der Schreckliche“ auf einer besseren Note ab.
„Ein Jenseits von Raum und Zeit?“ – die Crew möchte die schwangere Moya verlassen, da sie sich nicht mehr sicher fühlen. Um ihre Loyalität zu beweisen, versucht das Raumschiff einen Linearsprung und wird zwischen den Dimensionen gefangen. Das Schiff spaltet sich in verschiedene, farblich unterschiedliche Inkarnationen auf und nur Chrichton scheint zwischen den Ebenen sich bewegen zu können. Optisch und akustisch sind die einzelnen Ebenen gut voneinander getrennt. Konsequent müssen sich Chrichton und Sun pantomimisch verständigen, eine sehr gute Idee. Warum es allerdings bei einigen Besatzungsmitgliedern zu Wesensveränderungen kommt, bei anderen nicht, bleibt offen. In einer dieser Dimensionen scheint ein anderes Wesen zu leben, dass mit feurigen Krallen in der Schiff eindringen möchte. Hier spielt man eine Situation bis zum Höhepunkt aus, um dann eine gänzlich andere, sehr überraschende Variante zu präsentieren. Leider agieren am Ende die ansonsten interessanten außerirdischen Kreaturen nicht unbedingt überzeugend. Eine interessante Alternative mit allerdings den eher für „Star Trek“ pseudowissenschaftlichen weiteren Erläuterungen. Allerdings wird die Verbindung zwischen dem Raumschiff und die Crew gestärkt. Die Folge gehört zu den klassischen Science Fiction Pulp Abenteuern, bei denen man sich am besten mit ausgeschaltetem Verstand berieseln lassen kann. Eine kleine Anmerkung: zu Beginn und am Ende der Folge tafelt die Crew gemeinschaftlich, ein netter Ausklang der Folge.
Das achtzehnte Abenteuer „Die Jagd nach dem Fluchtvirus“ hat einen sehr spannenden Beginn. Die Moya begegnet einem havarierten Peaecekeeperschiff und um die Tarnung nicht auffliegen zu lassen, nimmt man die Überlebenden an Bord und spielt ihnen ein intaktes Gefangenenschiff vor. Das funktioniert so lange, bis Rygel und Chiana eine versiegelte Frachtkiste öffnen und einen tödlichen Virus freisetzen. Eine interessante Idee mit einigen sehr guten Szenen inszeniert, so versucht Sun den attraktiven Peacekeeper Kommandanten auszuhorchen. Später kann die interessante Ausgangssituation nicht mehr aufrechterhalten werden und die Folge degeneriert auf Niveau eines durchschnittlichen Paranoia- Films. Das Virus dringt in die einzelnen Besatzungsmitglieder ein und setzt deren Aggressionen frei. Außerirdische in fremden Wirtskörper sind nicht nur eine oft verwandte Idee, oft wird sie nicht adäquat genug umgesetzt. Hier findet sich das Spiel mit den üblichen Verdächtigungen ohne neue, innovative Aspekte. Das Katz- und Mausspiel unterhält ein wenig zu mühselig.
Eine Doppelfolge mit entsprechendem überleitenden Cliffhanger bilden „In den Tiefen des Bewusstseins“ und „Scorpius und der Aurorastuhl“. Sun leidet immer noch unter der schweren Verletzung aus der letzten Folge, sie kann nur mit Hilfe einer neuen genetischen Sequenzt geheilt werden. Diese gibt es aber nur auf einem Peaecekeeperstützpunkt. Also dringt Chrichton zusammen mit Chiana in der Verkleidung des von ihm getöteten arroganten Kommandanten Larraq in die Basis ein und begegnet seiner jüngeren Vergangenheit. Chiana als devote Sklavin ist überzeugend, eine gute Mischung aus aggressiver Sexualität und verschlagener Verspieltheit. Von Beginn an ist dieser Einsatz improvisiert und auf die Marke Zufall abgestimmt, Chrichtons Identität könnte und wird durch einen einzigen Augenzeugen zerstört. Die nächste Überraschung ist die Tatsache, dass sich angeblich die Medizin in den letzten Monaten soweit entwickelt hat, dass nun kein Spender – wäre auch ein fast unmögliches Unterfangen nach diesem Beginn – sondern ein Medikament hilft. Als Chrichtons doch gefangen wird, versucht der sadistische Scorpius mit seiner Peacekeeper- Baby – schwarzes Leder, lange rote Haare, eindrucksloses Gesicht – ihm auf einem Folterstuhl erst die Mission, dann die Erinnerungen und schließlich die Wurmlochtechnologie zu entlocken. Viele Rückblenden bestimmten den Mittelteil der Episode. Überraschenderweise wird allerdings die Intention aus „Auf der Suche nach einer freundlichen Welt“ auf die Spitze getrieben. Suns verbleibende Lebenszeit stellt den entsprechend für den Spannungsbogen notwendigen Zeitfaktor dar und trotz einiger Klischees ist der erste Teil des Zweiteilers eine spannende Folge, die nicht auf Chrichtons auf waghalsige Einsatzbereitschaft und Vorgehensweise abgestimmt ist, sondern von Frauenpower lebt. Im zweiten Teil steht Moya unmittelbar vor einer schwierigen Geburt, ihr Leviathankind ist von Peacekeepertechnologie schon im genetischen Code manipuliert worden und wird mit Waffen geboren. Ein Teil der Moya Besatzung versucht ihr zu helfen – einige eher lächerliche comic relief Szenen werden integriert – während der Rest der Besatzung Chrichtons befreit. Im Mittelpunkt der Folge steht ein interessantes Doppelspiel mit dem inzwischen auch auf das Basis gelandeten Captain Crais, eine kritische Abrechnung mit den totalitären militärischen Systemen, in denen nicht der Raum bleibt, sich gegenseitig zu vertrauen. Es sind in erster Linie diese Nebenhandlungen und die Nebencharaktere, die die Folge wirklich interessant machen. Der Aurorastuhl erinnert allerdings an eine moderne Version des Stuhls aus „The Man who fell to Earth“, in dem David Bowie nach seiner Entdeckung als Außerirdischer von den irdischen Behörden untersucht worden ist. Hier schließt sich der Kreis und nicht umsonst wird mit Chrichtons zuerst ein Mensch gefoltert/untersucht/ analysiert. Dazu kommen eine Reihe von soliden Actionszenen in einer sehr geradlinigen, befriedigenden Folge mit der richtigen Mischung aus Spannung, Pathos und ein wenig theatralischem Abschied am Ende.
„Flora und dieses Fleischfressende Wesen“ nimmt das Szenario der Doppelfolge – man ist aus den Klauen der Peacekeeper geflohen und versteckt sich vor der unheilvollen und sich gegenseitig misstrauenden brüchigen Allianz zwischen Captain Grais und Scorpius – in einem undurchdringlichen Asteroidenfeld. Undurchdringlich auch für die Moya, da man über keine Karten hat, die einen sicheren und sprungfesten Weg hinaus zeigen. Plötzlich empfängt die Besatzung einen Notruf eines außerirdischen Wesens, das auf einem der größeren Asteroiden festsitzt und dessen Familie von einer Kreatur angegriffen und vernichtet worden ist. Bei der Rettungsaktion wird erst die Fähre und dann DÁrkor schwer verletzt. Auf einer weiteren Handlungsebene versucht die ehemalige Peacekeeperin Sun mit dem neugeborenen, verängstigten und von der ihr fremden Technologie provozierten Leviathan- Baby Kontakt aufzunehmen. Eine der interessantesten Komponenten dieser uneinheitlichen Folge. Zu dieser Kontaktaufnahme kommt auf der kleinen Welt selbst die Diskussion um die Unterschiede zwischen Pflanzen und Tieren, das Recht beider Gruppen, zu überleben. Es entwickelt sich ein für den Zuschauer schwer zu durchschauendes Katz- und Mausspiel, sowohl Kreatur – eine Mischung aus Swamp Thing und Frankenstein – als auch die einzige Überlebende versuchen ihre unterschiedlichen und verständlichen Positionen darzustellen. Das Ende der Folge ist dann allerdings konstruiert und wirkt im Kontext mit der bisherigen Handlungsführung schwerfällig und unüberzeugend.
Der abschließende Cliffhanger „Täuschungsmanöver ohne Ende“ beginnt mit einem Paukenschlag, dessen Lösung wahrscheinlich erst die erste Folge der zweiten Staffel verraten wird. Rygel flieht von Bord der Moya zu den Peacekeepern und macht Grais/ Scorpius das Angebot, die beiden Leviathane und vor allem die Crew der Moya gegen die eigene Freiheit zu tauschen. Die Besatzung der Moya macht sich inzwischen bereit, den abschließenden verzweifelten Kampf gegen die bevorstehende Invasion aufzunehmen und mit einem selbstmörderischen Ablenkungsmanöver zumindest den Überlebenden eine Fluchtschneise in die Freiheit zu öffnen. Aus diesem Szenario entwickelt das Drehbuch immer wieder unterschiedliche, zum Teil verblüffende, zum Teil aber auch schwer nachvollziehbare Szenarien. So überrascht Rygels Rückkehr mit einem Exilanten an Bord, so verblüfft, dass dieser sich nach den ersten Tagen im Gefängnis frei bewegen und schließlich auch agieren kann. Zu den wechselnden Fronten, den nicht nachvollziehbaren, aber zumindest spannend dargestellten Schachzügen kommt eine Reihe von wirklich theatralischen Dialogen, die an die amerikanischen Kriegsfilme des Zweiten Weltkriegs mit ihren Durchhalteparolen erinnern. Die Folge zeigt auch, dass sowohl Peacekeeper als auch die Männer an Bord des Schiffes weinen können, unter diesen Ausbrüchen finden sich Botschaften nach dem Holzhammerprinzip. Das Ende ist sehr offen – begleitet von den schwächsten Special Effects der Serie und einer Reihe imposanter Backgroundeffekte, ein Widerspruch auf den ersten Blick, aber die Kombination der Bilder funktioniert nicht. Die drei Handlungsebenen in den ersten Folgen der zweiten Staffel zu einem logischen und konsequenten Ende zu führen, wird eine interessante Aufgabe sein. Ganz bewusst hat man eine Reihe von schwierigen, aber interessanten Szenarien aufgebaut, von denen am ehesten Chrichtons/ Darkors Lage aufgelöst werden könnte.
Die erste Staffel von Farscape“ spiegelt den ambitionierten Ehrgeiz der Henson- Gruppe zu dieser Zeit wider. Eine Mischung aus Science Fiction und Fantasy mit reichlich Humor angereichert. Im Mittelpunkt stehen – trotz der menschenähnlichen Peacekeeper und dem Held der Stunde John Chrichton – die außerirdischen Kreaturen. Neben der Blauen und Grauen Schönheit – ihre Darstellungen sind überrascht homogen und beide geben ihren Figuren neben starken Dialogen auch eine Reihe von nuancierten Gesten, die den Charakter abrunden. Dazu die offensichtlichen Puppen, denen aber die „Muppet“ Schöpfer überzeugend Leben eingehaucht haben. Das Spektrum reicht hier von der offensichtlichen Handpuppe Rygel in seiner arroganten, aber oft feigen Art bis zum riesigen Piloten, der in Symbiose mit seinem Leviathan lebt und dessen Hauptaufgabe das Dienen ist. Die Inhalte der Folgen sind noch reichlich durchwachsen. Die Drehbücher konzentrieren sich insbesondere zu Beginn der Staffel auf die Charakterentwicklung. Hier funktionieren die Scripts am besten, einzelne humorvolle, satirische oder parodistische Folgen runden das gelungene Bild ab. Nicht selten zeigen die Drehbücher aber auch eine Reihe unerklärlichen Schwächen. Dazu gehört das überzeugende Abschließen der Folgen. Die beiden Antagonisten – Scorpius und Captain Gaines – im Mittelpunkt der Jagd durch das All wirken aber eindimensional und wenig differenziert dargestellt, die Motive beider sind klar und deutlich herausgestellt worden – Wurmlochtechnologie und Rache. Aber wie bei den „KLingonen“ der STAR TREK Reihe scheint deren diktatorisches militärisches Regime eher auf die Spitze getrieben als wirklich fungibel und funktionierend. Aber auch sechs/ sieben Jahre nach ihrer Entstehung sind die Folgen immer noch unter unterhaltsam und strahlen nicht die distanzierte Steifheit – aus heutiger Sicht – mancher anderer, nur auf Trickeffekte versessenen Serie aus.
Die acht DVDs sind in einer auf den ersten Blick klassisch schlichten, aber effektiven Box gesammelt worden. Im Vordergrund der technischen Betrachtung sollen aber Bild und Ton stehen.
Die Bilderfassung ist das klassische Fernsehformat 4:3 (1.33:1) und bietet schöne kräftige, aber trotz ihres Hangs zur Exotik nachvollziehbar erscheinenden Farben. Das Bildmaterial wirkt durch die gesamte Serie sehr sauber, nur selten sind kleinere unscheinbare Defekte zu erkennen. Leicht unausgewogen zeigt sich der Kontrast. Helle Flächen neigen Szenenweise dazu leicht zu stark zu reflektieren und bei dunklen Flächen hat man den Eindruck, als würden kleinere Details verschluckt. Lediglich, wenn wirklich das gesamte Bild in schneller Bewegung ist, verliert es an Schärfe und auch ein Nachziehen zu erkennen. Unter Berücksichtigung dessen es sich bei dieser Serie um eine reine US-TV-Produktion, Koch Media aber die deutschen Master benutzt hat handelt, hinterlässt die Präsentation einen guten Gesamteindruck.
FARSCAPE präsentiert sich von Anfang in Dolby Digital 5.1 sowohl in Deutsch wie auch Englisch. Der Ton ist sehr harmonisch ohne größere Dynamiksprünge abgestimmt. An einem Punkt überrascht die Produktion selbst bei normalen Stereofernsehern: die Surround-Effekte auf den hinteren Lautsprechern. Kommen die rückwärtigen Tonlagen in anderen Serien meist nur für die musikalische Unterstützung oder vereinzelte Effekte zum Einsatz, sind bei FARSCAPE immer irgendwelche Umgebungsgeräusche (leise) aus dem Hintergrund zu hören und sorgen für eine gute Beschalung. Die Stimmen kommen sauber aus dem Center.
Die Hülle ist aus einfacher Pappe und hat einen Prägedruck auf dem Schriftzug „Farscape“ sowie wahrscheinlich den Titel in einer außerirdischen Sprache. Der Innenteil ist keine dünn bedruckte Pappe, auf der die Digistaks – in denen die DVDs sehr fest sitzen - geklebt wurden, sondern um einen richtiges Hardcover, das sehr stabil wirkt. Im Vergleich zu anderen Serien-Boxen hat man hier durchaus das Gefühl, etwas hochwertigere Ware bekommen zu haben.
Klappt man das Hardcover auf, fällt einem das 36seitige Booklet auf. Und dieses Booklet hat es in sich. Es enthält neben den einfachen Credits auf den ersten 16 Seiten einen Episodenführer (eine Doppelseite pro DVD), gefolgt von einem Lexikon (10 Seiten) über die Hauptcharaktere der Serie. Weiter geht es mit dem „Was ist was? Farscape von A-Z“ (2 Doppelseiten) – eine Erklärung verschiedener Begriffe aus der FARSCAPE-Welt. Abgeschlossen wird das Booklet mit einer Doppelseite über die verschiedenen Raumschifftypen der Serie, mit einem kurzen Satz zum jeweiligen Schiff. Es wäre allerdings schön gewesen, den fiktiven Charakteren einige Informationen über die Schauspieler beizufügen.
Sehr viel Liebe zum Detail hat man jedoch nicht nur bei der Gestaltung der Box und dem Booklet bewiesen, sondern auch bei den jeweiligen DVDs. Die Menüs sind in erster und zweiter Ebene sehr schön animiert und mit klassischer Musik unterlegt. Auf den ersten sieben DVDs befindet sich – bis auf den Audiokommentar zu einigen Folgen – keinerlei Bonusmaterial. Zu jeder Folge können optional deutsche Untertitel hinzugeschaltet werden. Den Audiokommentar in Zweierkombination Regisseur, Produzent oder den Darstellern gibt in Englisch. Insbesondere der Hauptdarsteller John Chrichton mit seinen humorvollen, manchmal sentimentalen, aber informativen Kommentaren ragt aus der Teamleistung heraus und bemüht sich das Flair von den Dreharbeiten den Zuschauern zu vermitteln.
Als wäre das noch nicht genug, kommen wir jetzt zum eigentlichen Bonusmaterial auf DVD Nummer Acht und starten mit „The Farscape Effect: Behind the Scenes“ (23:53). Wie alle Specials auf der Bonus-DVD ist es komplett in englischer Sprache, deutsche Untertitel können optional hinzugeschaltet werden. In knapp 24 Minuten werden die Charaktere - immer wieder mit verschiedenen Filmszenen gemischt - vorgestellt. Durchaus interessant, vor allem, wenn es um die jeweiligen außerirdischen Puppen oder Schauspieler und deren Masken geht. Da alle Hauptcharaktere vorgestellt werden, bleibt nur wenig Zeit für jeden einzelnen Charakter. Aber im Nachhinein ist es überraschend, wie viele relevante Informationen man schon in der eigentlichen Serie über die Figuren erhält. Dann gibt es noch acht, jeweils ca. zehn Minuten lange, „Videoprofile“ zu den jeweiligen Darstellern, Terry Ryan (Costume Designer) und Jim Henson's Creature Shop. Die Videoprofile haben gesamt eine Länge von ca. 80 Minuten und kommen zusammen mit dem knapp 24minütigen Special „Behind-the-Scenes“ auf über 100 interessante Minuten Bonusmaterial. Damit wird eine rundum gelungene Präsentation der ersten Staffel befriedigend und dem hohen Preis angemessen abgerundet.
DVD-Facts:
Bild: 1,33:1
Ton: deutsch Dolby Digital 5.1, englisch Dolby Digital 5.1
DVD-Extras:
Audiokommentare, Making of, Booklet