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Das Schwarze Auge 90: Goldener Wolf, Linda Budinger (Buch)

Das Schwarze Auge 90
Linda Budinger
Goldener Wolf
Titelbild von Tom Thiel
FanPro, 2006, Taschenbuch, 350 Seiten, 9,00 EUR, ISBN 3-8906-4542-9

Von Ramona Schroller

Die Nivesen verbindet einiges mit Wölfen, nicht nur, dass einige des Volkes sich als Wolfskinder (Gestaltwandler) herausstellen, viele Clans leben eng mit den Raubtieren zusammen. So auch der Stamm des Jägers Rikkinen, etwas, was der junge Mann absolut nicht verstehen kann. Und es kommt noch eines dazu: Das befreundete Rudel hat gerade Zuwachs bekommen, einen Welpen mit goldfarbenem Fell.
Rikkinen steht dem ganzen skeptisch gegenüber. Als dann der goldene Wolf verschwindet, überrascht es nicht nur ihn, dass er ausgewählt wird, den Welpen wieder zurückzubringen. Gibt es denn in der ganzen Taiga keinen anderen, der dafür qualifiziert wäre?

Doch die Ältesten schicken Rikkinen aus, zunächst zu einem benachbarten Stamm, um sich dort mit der Schamanin Starna in Verbindung zu setzen und sie um Hilfe zu bitten. Starna aber entpuppt sich als etwas zu forsch für Rikkinen. Zähneknirschend begibt er sich mit ihr zusammen auf die Suche nach dem Welpen - eine Reise, die ihn zu seiner eigenen Seele führen wird...


Rollenspielromane gibt es inzwischen wie Sand am Meer. Qualitativ sehr unterschiedlich sind sie inzwischen zu einer festen Größe geworden. Die Spieler wollen auch neben ihrer Spielrunde noch etwas in ihrer Welt erleben, da bietet es sich geradezu an, zu einem Buch zu greifen und darin zu schmökern.

Linda Budinger ist in dieser Hinsicht kein unbeschriebenes Blatt. Wenn man es ganz genau nimmt, könnte man in ihrem zweiten Roman eine Fortsetzung zu ihren Erstling „Der Geisterwolf“ sehen ... Denn einige Figuren, unter ihnen auch die Schamanin Starna, sind bereits in diesem Roman aufgetreten. Hier allerdings nimmt die Nivesin eine andere Rolle ein, ist nicht mehr die beherrschende Hauptfigur sondern ungeliebte Helferin. Diesmal gilt die Aufmerksamkeit der Autorin dem Jäger Rikkinen.
Dabei ist schon das allein bemerkenswert. Mir sind sehr wenige Geschichten von Budinger bekannt, in der ein Mann die Hauptrolle spielt. Böse Zungen behaupten gar, die Autorin könne sich nicht weit genug in einen Mann einfühlen. Nun, diesen Kritikern zeigt Budinger mit diesem Roman, dass sie es eben doch kann.
Rikkinen, der Wölfe - nun ja, hasst ist vielleicht zu hart, aber zumindest: - nicht sonderlich mag, wird auf die Suche nach einer Wolfswelpe geschickt. Dass er dem Ganzen mehr als skeptisch gegenübersteht, es sogar als Zeitverschwendung bezeichnet, ist dem Stamm weitestgehend gleichgültig; das befreundete Wolfsrudel hat entschieden. Also zieht Rikkinen zähneknirschend los - mit einem Wolf an seiner Seite.

Budinger gelingt es hervorragend, ihren Charakter Rikkinen wachsen zu lassen, ohne dass er selbst oder der Leser es zunächst bemerkt. Die wahre Änderung, oder Läuterung, Rikkinens tritt erst gegen Ende des Buches wirklich zu Tage. Hervorragend gelöst! Auch sein Auftreten als Jäger und Nivese kommt glaubhaft herüber. Sehr überrascht Budinger mit dem Charakter der Starna, die neben Rikkinen den zweiten Platz einnimmt. Im „Geisterwolf“ war sie kaum mehr als ein verschüchtertes Mädchen, das von Selbstzweifeln zerfressen war und sich einer Aufgabe gegenüber sah, an der sie mehr als einmal fast verzweifelt ist. Im „goldenen Wolf“ dagegen trifft der Leser auf eine erfahrene Starna, die sich ihrer Macht bewusst ist, sie meist auch nicht überschätzt. Abgeklärt wirkt sie zudem, wenn es um den Einsatz ihrer Gestaltwandlerfähigkeiten geht. Starna ist reifer und erfahrener geworden, was sie im Buch eine neue Rolle einnehmen lässt.

Wer jetzt glaubt, um diesen Roman lesen zu können, wäre die konsequente Lektüre von diversen Regelwerken des „Schwarzen Auges“ nötig, der irrt. Wie auch schon im „Geisterwolf“ gelingt es Budinger, ihre Handlung auf die Welt des „Schwarzen Auges“ zu versetzen, ohne dabei in irgendwelche Eigenarten zu verfallen, die nur Rollenspieler begreifen könnten. Darüber hinaus merkt man dem Roman an, dass die Autorin sich über die diversen Lebensgemeinschaften im harten Klima am Polarkreis informiert hat. Nichts wirkt aufgesetzt oder zu spielerisch. Fast könnte man den „goldenen Wolf“ als reinen Fantasy-Roman bezeichnen, vielleicht sogar noch eher als einen Abenteuer-Roman in einer archaischen Welt.

Guter Stil, flüssig zu lesen, mit spannender Handlung und interessanten Charakteren macht dieses Buch richtig Spaß. Für jeden Fantasy-Interessierten sehr zu empfehlen.

hinzugefügt: November 9th 2006
Tester: Ramona Schroller
Punkte:
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