|
Priest, Christopher: Pestige - Die Meister der Magie (Buch)
Christopher Priest
Prestige - Die Meister der Magie
(The Prestige, 1995)
Aus dem Englischen von Michael Morgental
Heyne Verlag, 2006, Taschenbuch 460 Seiten, 8,95 EUR, ISBN 978-3-453-52211-4
Von Gunther Barnewald
„The Prestige“ ist nicht nur einer der herausragendsten Phantastikromane der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts, sondern sogar des 20. Jahrhunderts überhaupt.
Anlässlich der Hollywood-Verfilmung der genialen Geschichte des britischen Schriftstellers Christopher Priest legt der Heyne Verlag das Buch, welches in Deutschland zuerst 1997 als Hardcover unter dem Titel „Das Kabinett des Magiers“ im Stuttgarter Weitbrecht Verlag erschienen war, bevor der Bastei Verlag eine gleichnamige Taschenbuchausgabe herausbrachte, erneut auf.
Erzählt werden die Erlebnisse des Andrew Westley, der als kleines Kind adoptiert worden ist, dies auch weiß, aber schon seit er 10 Jahre alt ist das Gefühl hat, irgendwo lebe ein Zwillingsbruder von ihm, mit dem er eine Art „übersinnlicher“ Verbindung hat. Seine Geburtsurkunde weist ihn jedoch als Einzelkind aus. Erst als er als Erwachsener das Tagebuch eines berühmten Varieté- und Bühnenmagiers des 19. Jahrhunderts zugeschickt bekommt und erfährt, dass dieser ein Vorfahre von ihm gewesen sein muss, kommt plötzlich Licht ins Dunkel seiner Herkunft.
Bei seiner Recherche auf dem Landgut des Earls of Colderdale stößt er dann auf ein ebenso erschreckendes wie faszinierendes Geheimnis, welches ihm auf drastische Art und Weise die Augen öffnet...
Priests vorliegendes Werk ist eine unglaublich geniale Mischung vieler verschiedener Genres. So ist „The Prestige“ ein wunderbar authentisch wirkender historischer Roman, der die Atmosphäre des 19. Jahrhunderts atmet und das Milieu der damaligen Bühnenzauberer lebendig werden lässt.
Gleichzeitig ist das Buch ein perfider, vielschichtig und hintergründig aufgebauter Kriminalroman, der sich wie eine Zwiebel häutet und nach und nach seine Geheimnisse preis gibt. Ähnlich wie in den wunderbaren Filmen „Die üblichen Verdächtigen“ oder „The Gam“e, wo der Zuschauer sich immer wieder getäuscht sieht, wenn er gerade glaubt, die Hintergründe vollständig erkannt zu haben, und so immer wieder neu überlegen muss, immer wieder auf neue Fähren gelockt wird, die aber erst am Ende der Geschichte ein vollständiges Bild ergeben, so gelingt es auch Priest in seinem Meisterwerk den Leser zum Schluss völlig zu überraschen und ins Staunen zu versetzen.
Darüber hinaus ist die Erzählung zudem wunderbar gruselig und jagt dem Leser durchaus die eine oder andere Gänsehaut über den Rücken, weshalb „The Prestige „wiederum auch ein toller Horror-Roman ist (zum Glück von der weniger blutigen Sorte).
Und nur weil dies scheinbar noch nicht genügt für ein absolutes Meisterstück, ist das vorliegende Buch auch noch ein grandioser SF-Roman, der sein sparsam eingestreutes Technikelement perfekt einsetzt, um die Spannung anzuheizen.
Wenn der Leser am Ende dieser von überbordender Phantasie erschaffenen Geschichte angekommen ist, hat er, so fern er der verschachtelten Erzählung geistig folgen konnte, unweigerlich das Bedürfnis, das Buch gerade noch einmal zu lesen, um nun endlich alles richtig zu verstehen, ähnlich wie dies wohl vielen Zuschauern bei „Die üblichen Verdächtigen“ ging und sie ein zweites mal ins Kino trieb.
Auf diese Art zwingt der Autor den Leser, sich mit der erzählten Geschichte noch intensiver auseinander zu setzen, als dies bei anderen Romanen der Fall ist. Er fordert die Intelligenz, Kreativität und den kriminalistischen Spürsinn der Rezipienten heraus und erledigt dabei als Autor selbst einen dermaßen wunderbaren Job, dass man Priest selbst für den besten und perfektesten aller Magier halten muss. Denn der sagenhafte Plot ist einfach nur genial und untadelig durchkonstruiert, lässt nichts zu wünschen übrig.
Dass ausgerechnet Christopher Nolan, der Regisseur des hervorragenden Films „Memento“, welcher durch die ausgefeilte Konstruktion einer rückwärts erzählten Handlung besticht, diesen Stoff verfilmt hat, lässt hoffen, dass nicht der üblich Schwach- und Flachsinn Hollywoods dabei herausgekommen ist.
Ab Anfang Januar 2007 werden sich die deutschen Kinozuschauer überzeugen können, ob der Regisseur und sein Staraufgebot (Christian Bale, Scarlett Johansson, David Bowie und Hugh Jackmann) die Versprechungen, die der geniale Roman beim Leser weckt, auch beim Kinopublikum einhalten können.
Wer das Buch bisher noch nicht gelesen hat und einen IQ oberhalb der Raumtemperatur hat, sollte sich unbedingt das vorliegende Werk krallen und ohne zu zögern anfangen zu schmökern, denn: da die Erzählung zur Mehrfachlektüre einlädt, kann es auch mal länger dauern, bis man dieses nahezu untadelige Meisterwerk wieder aus der Hand legt, was dann vielleicht der einzige Nachteil der Geschichte ist, sieht man einmal davon ab, dass alle folgenden Romane die man liest, wie blasse, einen intellektuell unterfordernde 08/15-Werke wirken, die den nun gewachsenen Anforderungen beim Lesers nimmer genügen können. Aber Bücher wie „The Prestige“ sind nun einmal leider so selten zu finden wie soziales Verantwortungsbewusstsein oder Bescheidenheit bei deutschen Spitzenmanagern.
hinzugefügt: December 15th 2006 Tester: Gunther Barnewald Punkte: zugehöriger Link: Heyne Verlag Hits: 3641 Sprache:
[ Zurück zur Übersicht der Testberichte | Kommentar schreiben ] |
|