Punisher 9
Garth Ennis/Cam Kennedy:
Panini/Marvel Deutschland, 2004, 52 Seiten, 4.25 EUR
Von Irene Salzmann
Bei der Verfolgung illegaler Waffenhändler landet Frank Castle alias Punisher in Branding, Texas. Mit Duldung des Sheriffs terrorisiert eine Gang das verschlafene Nest. Wie sich herausstellt, unterhält der Ordnungshüter pikanterweise eine Beziehung zum Sohn der Bandenchefin. Diese Liaison ist vielen ein Dorn im Auge, und eines Tages wird der Junge tot aufgefunden. Seine Mutter sinnt auf Rache, und der Punisher sieht seine Chance gekommen, die Bande auszuschalten und ihr Waffenlager in die Luft zu sprengen...
Lange Jahre waren kritische Themen in amerikanischen Comics verpönt. Laut dem Comic Code durfte niemals ein Polizist sterben, kein Priester verunglimpft werden, und auch Homosexuelle galten als Tabu. Es dauerte lange, bis erst kleine Verlage es wagten, ohne das Label zu produzieren, denn diese Hefte konnten nur unter der Ladentheke hindurchwandern. In den 80ern wurden die Verlage mutiger, ließen Helden unwiederbringlich sterben, thematisierten AIDS, Drogensucht, Alkoholismus, Bulimie, homosexuelle Beziehungen u.v.m. Schon wenig später verzichteten einige Image-Studios auf das Siegel des CCs, und in den vergangenen Jahren folgten auch Marvel und DC mit Titeln, die sich an das ältere Publikum wandten, diesem Beispiel.
Ein neuer Realismus hat sich in den Comics ausgebreitet. Gerade in Serien wie „Punisher“, „Wolverine“, „Maverick“ wurde schon immer hart an die Grenzen des gerade Zulässigen gegangen, und diese sind nun ganz gefallen: Ein Sheriff zieht es vor, sich keinen Ärger mit einer Gang einzuhandeln und verliebt sich obendrein in eines der Mitglieder. Sein Gehilfe ist zu feige, um selbst die Initiative zu ergreifen. Der Pfarrer, der eigentlich in Gottes Namen den Sündern vergeben soll, erweist sich als bigotter Fanatiker. Die eigentliche Böse hat hingegen ein Motiv für ihren Angriff auf das Dorf, denn sie will den Mörder ihres Sohnes finden.
In diesem Chaos, in dem die alten Wertevorstellungen völlig auf den Kopf gestellt werden, agiert der Punisher und sorgt für Ordnung. Natürlich kann er nicht jeden retten – es gibt kein wirkliches Happy-End in einer solch düsteren Serie. Allein der Schuldige bekommt am Schluss die gerechte Strafe.
Auch dies weist auf einen neuen Trend in den amerikanischen Comics hin. Seit weltweiter Terror die Menschen erschüttert, sehnt man sich wieder nach den starken Helden, die unter den Verbrechern aufräumen. Vorbei ist die Zeit der phantastischen Abenteuer im Weltall; man wendet sich wieder irdischen Gegnern zu, die genauso aggressiv attackiert werden, wie sie gegen die unschuldige Bevölkerung vorgehen. Waffenhändler, Terroristen, politische und religiöse Fanatiker etc. bedrohen die Welt und müssen von den Helden ausgeschaltet werden, selbst wenn dies tragische Opfer erfordert.
Der „Punisher“ ist eine Serie für die etwas älteren Leser auf Grund der recht harten Szenen. Dank des Kinofilms wird die Reihe sicher Zulauf durch neue Fans erfahren.