Hammer - House of Horror
GB 1980
Von Thomas Harbach
Über zwanzig Jahre regierte das kleine britische Horrorfilmstudio Hammer im Grunde den Markt mit einer Reihe von typisch englischen, von sexuellen Untertönen durchsettzen aber vor allem farbigen Neuinterpretationen klassischer Monsterfilme. Das Spektrum reichte von Dracula und Frankenstein über die Mumie bis zu wenigen intelligenten psychologischen Horrorthrillern. Aber Hammer stand immer für eine besondere Art von Horror. Und schöne Frauen. Zu Beginn der siebziger Jahre begann der Stern des kleinen britischen Studios drastisch zu sinken, in den USA dämmerten mit Polanskis „Repulsion“ sowie kurze Zeit später Friedkins „Exorcist“ und „Jaws“ ganz andere, ungewöhnlich erfolgreiche A-Filme mit B-Stoffen herauf. Man suchte als verzweifelt nach einer neuen Einnahmequelle. Bislang hatte man das Fernsehen bis auf wenige Ausflüge – eine von amerikanischen Investoren finanzierte Serie „Tales of Frankenstein“ kam nicht über den Pilotfilm hinaus und „Journey to the Unknown“ ist eine interessante Anthologieserie, die nie die deutsche Fernsehküste erreichte – komplett ignoriert. Jetzt versuchte man neben dem ambitionierten Plan, die erfolgreichen Kinofilme als fünfzig Minuten Fernsehepisoden neu zu verfilmen, ein neues Format zu etablieren: wieder eine Anthologieserie mit einer stärkeren Betonung der klassischen Hammer-Elemente. Bevor man allerdings zur Umsetzung der Idee schreiten konnte, meldete das ruhmreiche Studio Konkurs an. Aus den Trümmern versuchten die langjährigen Hammer-Aufsichtsratmitglieder Brian Lawrence und Roy Skeggs ein neues, kleineres und aufs Fernsehen konzentriertes Studio zu erschaffen. Zusammen mit dem Privatsender ITV und unter der Ägide des routinierten Scripteditors Anthony „Doctor Who“ Read schuf man „The House of Hammer“. Im Gegensatz zu vielen anderen Fernsehserien verzichtete man auf teure Studios und drehte vor Ort. Zumindest zu dieser Zeit im ländlichen England keine große Schwierigkeit.
Natürlich griff man zuerst auf den exquisiten und erfahrenen Kreis der Hammer-Veteranen zurück. Drehzeit für jede der dreizehn geplanten Folgen betrug zwei Wochen, die Drehbücher wurden oft noch schneller geschrieben und das benutzte 35 mm Filmmaterial ließ sich sehr einfach schneiden. Neben erfahrenen Autoren wie David Fisher oder Gerland Savory konnte man auf eine Reihe junger Gesichter vor und hinter der Kamera zurückgreifen. So findet sich auf der Besetzungsliste unter anderem Paul Darrow, der wenige Jahre später mit der Science Fiction-Serie „Blake´s 7“ für Furore Sorgen sollte. Aus alter Verbundenheit mit dem Studio sagte selbst Peter Cushing zu, in der Folge „The Silenct Scream“ die Rolle eines Ex-Nazis zu übernehmen, der seine perversen Forschungen von Versuchstieren auf Menschen ausdehnt.
Die Serie konnte insbesondere im Doppelformat überzeugen und die in Ohr gehende Einführungsmusik gehört zu den besten Soundtracks des Studios. In Deutschland wurden die Folgen Jahre später unter dem nicht unpassenden Titel „Gefrierschocker“ im Privatfernsehen gezeigt. Schnell keimte die Hoffnung auf, zumindest durch die Hintertür das legendäre Studio wieder mit Leben zu erfüllen. Das Team begann, eine zweite Staffel zu planen. In diese Aufbruchsstimmung platzten die finanziellen Schwierigkeiten ITCs, die sich mit dem Desaster „Raise the Titanic“ in zweierlei Hinsicht – finanziell am Boxoffice und künstlerisch durch eine unerträgliche Mischung aus billigen Effekten und schlechten Schauspielern - übernommen hatten. Es dauerte vier Jahre, bis man nach dieser finanziellen Katastrophe einen neuen amerikanischen Geldgeber gefunden hatte und 1984 unter dem Titel „Hammer House of Mystery and Suspence“ einen dritten Start versuchte. Start. Koch Media legt jetzt die dreizehn Folgen der „Hammer House of Horror“ zum ersten Mal ungekürzt und digital überarbeitet in einer schönen Box wieder auf.
Die „Witching Time“ war die erste Folge, die für die Fernsehserie produziert worden ist. Im deutschen Fernsehen ist sie allerdings unter dem Titel „Die Hexe von Woodstock- Farm“ als zweite Episode ausgestrahlt worden. Im Gegensatz zu einer Reihe späterer Folge konzentrierte sich das Team um den Regisseur Don Leaver und den Drehbuchautor Anthony Read in dieser übernatürlichen Folge mehr auf psychologischen Horror als blutigen Schrecken. Der Filmkomponist David Winter – eine solide, wenn auch nicht unbedingt sympathische Darstellung John Finchs – arbeitet alleine an der Musik für einen Film, in dem seine Frau die Hauptrolle spielt. Insbesondere der Prolog mit seinem Übergang von der cineastischen Fiktion auf die fiktive Realität der Folge ist sehr gut gemacht. Winter findet in seiner Scheune eine junge, scheinbar verwirrte Frau, die behauptet, aus dem 17. Jahrhundert zu stammen und eine Hexe zu sein. Durch einen Zaubertrick ist sie gerade ihrer Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen entkommen. Jetzt dehnt sie ihren Einfluss nicht nur auf Winter aus, sondern auch auf dessen Frau und ihre Geliebte. Patricia Quinn – vielen bekannt aus der „Rocky Horror Picture Show“ – hat die mit einiger nackter Haut versehene Rolle der verführerischen Hexe übernommen. Leider überspielt sie ihre Rolle insbesondere zu Beginn der Folge und den succubusartigen Verführer nimmt man ihr nur körperlich, aber nicht unbedingt von ihrem Wesen her ab. Im Laufe der geradlinigen Handlung greift ihr Wahnsinn auf die anderen Protagonisten über. Hätte das Drehbuch sie nicht als bösartige, rachsüchtige Frau, sondern als unschuldiges Wesen in der Gewalt geltungssüchtiger Ordnungskräfte des 17. Jahrhunderts dargestellt, hätten die Schocksequenzen effektiver integriert werden können. Auf der anderen Seite führt die Hexe unbewusst das sich auseinander gelebte Ehepaar wieder zusammen, hier wirkt die Moral ein wenig altbacken und konstruiert. Die Synthese zwischen klassischem Horror (Hexen) und einer modernen Umgebung (in dem Landhaus befindet sich ein sehr modernes Tonstudio) funktioniert atmosphärisch über weite Strecken sehr gut, inhaltlich bietet die Folge aber im Vergleich zu anderen Hexen-Filmen weder Überraschungen noch neue Elemente. Nur die Schockeffekte sind ein wenig drastischer, aber sehr effektiv inszeniert.
„Die Dinnerparty“ zeigt Ruth für ein Frauenmagazin eine Geschichte recherchierend, über eine Klinik auf dem Lande, in der sich Übergewichtige behandeln lassen können. Auch wenn die Schlusspointe nicht unbedingt gleich erkennbar ist, deuten die Spuren in eine Richtung und der Routinier Peter Sasdy kümmert sich in erster Linie um eine unheilvolle Atmosphäre in einem für Hammer ja nicht unbedingt gängigen modernen Ambiente. Der Psychoterror, der den Patienten gegenüber angewendet wird, ist in erster Linie angedeutet, allerdings wirken zu diesem Zeitpunkt die Inszenierung ungewöhnlich steif und die Dialoge altbacken. Die Folge lebt insbesondere von Warren Clarkes – unvergessen in „Uhrwerk Orange“ – kurzem, aber einprägenden Auftritt und Julia Foster – ein Routinier der Hammer-Filme -, die mit ihren zum Teil exzentrischen auf der einen Seite, dann wieder zurückhaltenden Darstellungen auf der anderen Seite überzeugen, obwohl ihre Charaktere eher eindimensional angelegt worden sind. Optischer Höhepunkt ist die Dinnerparty, die dem Film „Eine Leiche zum Dessert“ nachempfunden ist – insbesondere die verschiedenen Charaktere erinnern äußerlich an eine Reihe von fiktiven Detektiven – und dessen Titel in Kombination mit „Überleben“ Synonym für die Ereignisse ist. Eine zumindest unterhaltsame, wenn auch nicht bahnbrechende Folge.
In „Alptraum ohne Erwachen“ zeigt sich das englische Studio allerdings von seiner stärksten Seite, eine gut strukturierte Folge mit einem zynischen Ende, guten Schauspielern und kurzweiliger Dramatik gehört sie zu den besten Folgen dieser Serie. Ein Immobilienmakler erlebt immer wieder einen sich ändernden, in der Botschaft aber gleich bleibenden Alptraum. Ihm wird vorgeworfen, seine Frau am kommenden Freitag, den 13. ermordet zu haben. Eine gewichtige Rolle spielt seine Sekretärin, mit der er ein Verhältnis zu haben scheint. Ein Klient namens Rayburn hat ihm eine Villa auf dem Lande zum makeln angeboten und löst damit die Ereignisse aus. Der Zuschauer erfährt, dass seine Sekretärin eine schrille Art hat, während seine Ehefrau ein schrecklicher, überzeichneter und damit ein wenig die Dramatik des Plots negierender Charakter ist. Die surrealistischen Alptraumsequenzen folgen der Tradition von Filmen wie „12:01“ und wird soweit wie für das britische Privatfernsehen möglich mit Erotik – eine Nacktszene in einer roten britischen Telefonzelle – untermalt. Es ist erstaunlich, wie mit einfachen Elementen immer wieder in den einzelnen Träumen eine Gruselatmosphäre erzeugt und sehr konsequent wird die Schraube der Paranoia immer fester angezogen. Dabei sind die Übergänge zwischen Realität und Fiktion immer fließender, bis der Zuschauer diese fast nicht mehr unterscheiden kann. Der markante Punkt ist seine exzentrische Sekretärin, auch eine weitere falsche Spur in dieser reichhaltigen Folge, deren Höhepunkt der letzte Traum mit dem „Lebendig begraben“-Motiv ist. Obwohl die Bestandteile per se der Episode bekannt sind und nicht unbedingt – im Nachhinein – überraschend eingesetzt werden, funktionieren die einzelnen Bestandteile der Folge nicht zuletzt aufgrund der nuancierten Darstellung von Lucy Gutterridge in ihren verschiedenen Inkarnation – von der Monroe-Imitation über das Schulmädchen bis zur anständigen, biederen Sekretärin. Außerdem funktioniert alles ohne phantastische Elemente, eine groteske, für die budgetierten Mittel innovative Folge.
„Die Rache der Ungeliebten“ ist ein zumindest auf deutsch zu hoch gestochener Titel für eine anschauliche, aber im Nachhinein seltsam emotional eindimensionale Folge. Der Wissenschaftler Morton experimentiert mit exotischen Pflanzen auf der Suche nach neuen Nährstoffquellen, sein vernachlässigter Sohn kommt bei einem Unfall im Labor ums Leben. Die Eltern adoptieren daraufhin scheinbar mühe– und zeitlos einen gleichaltrigen Jungen, der bald zu einem Werkzeug des toten Sohnes mutiert. Obwohl die Handlung vorhersehbar ist, lebt die Folge von den unaufdringlichen und deswegen überzeugenden Charakteren. Sie sind sehr bodenständig, emotionslos und mit Einschränkungen natürlich, wenn auch nicht sympathisch charakterisiert worden. Allerdings muss sich der Zuschauer an die spürbare Kälte der Mutter gewöhnen, unmittelbar nach dem Tod des Sohnes – dessen Grab noch als frisch zu identifizieren ist – adoptiert sie sofort ein Ersatzkind. Handlungstechnisch greift das Drehbuch in die Vollen, gleich auf der Heimfahrt vom Heim gerät der Wagen außer Kontrolle, dazu kommen in schneller Folge eine drastische Szenen, in denen allerdings gut als Puppen erkennbare Kaninchenkadaver gezeigt werden. Auch wird der Vater von einem Kampfhund angegriffen - erstaunlicherweise nicht der Sohn, der ja vom „Bösen“ besessen ist. Die Idee des Wissenschaftlers, der isoliert in seinem Privathaus mit primitiven Mitteln an der Weltverbesserung arbeitet, wirkt heute vielleicht doppelt naiv, gehörte aber in den siebziger und achtziger Jahren zum guten Ton insbesondere der Low Budget Horror-Filme. Das Ende der Folge ist dann aber theatralisch und pathetisch, es wird deutlich aufgezeigt, dass dem Vater seine Arbeit wichtiger ist als das Schicksal seines Sohnes – in diesem Fall ist es ja „nur“ der Adoptivsohn, denn eine Seelenwanderung wird zwar immer wieder angedeutet, aber nicht direkt angesprochen. Für die Mutter endet die Geschichte zur Belohung – wofür weiß man nicht, denn sie hat ihren Sohn zumindest aus den hier präsentierten Ansätzen auch vernachlässigt – mit einem Happy-End. In letzter Konsequenz erscheint – im Vergleich zu den schlechten Lebensverhältnissen von Kindern in der immer wieder angesprochenen Dritten Welt – die Rache von Jenseits des Grabens zu drastisch, zu konstruiert und vor allem zu egoistisch.
Eine scheinbar typische englische Familie zieht mit ihrer neunjährigen Tochter Sophie in „Das Haus des Grauens“, in dem vor nicht allzu langer Zeit ein Mord geschehen ist. Sophie spürt angeblich die bösen Strömungen und bald geschehen unheimliche Dinge. Diese Folge sollte die erste produzierte Folge sein, den Investoren war sie allerdings ein wenig zu blutig und wahrscheinlich in Hinblick auf die verschiedenen erst in den letzten Minuten aufgelösten Plots zu komplex. Ganz bewusst nähert man sich nur indirekt den amerikanischen Sensationsfilmen wie „The Amityville Horror“, dabei erscheint insbesondere das Haus weder alt noch Furcht einflößend, es ist ein moderner Platten-Halbhausstil in einem normalen englischen Wohnviertel. Auch der ursprüngliche Mord ist unblutig – Vergiftung – und das Beseitigen der Leiche wird nicht expliziert gezeigt. Gleich nach dem Einzug des Paares beginnen die Wände zu bluten, die Türen verriegeln sich scheinbar von alleine und Gas strömt aus. Über weite Strecken ist es eine weitere, sehr geradlinige Folge, die Charaktere sind modern, sehr normal und phasenweise sympathisch gezeichnet. Dass der Vorspann und die aktuellen Geschehnisse zusammenhängen, ist keine Frage, sondern der Zuschauer möchte nur noch das „wie“ erfahren. In diesem Punkt erlebt er aber nicht nur eine, sondern zwei Überraschungen. Bis zum Epilog ist die Exposition der Folge für das präsentierte Material allerdings viel zu lang. Die einzelnen, sich langsam steigernden Schockeffekte sind überraschend effektiv inszeniert, die Hinweise auf das „alte“ Verbrechen teilweise bewusst zu plakativ angelegt. Das vorläufige Ende mit seiner Hommage an „Carrie“ – so wie der Plot angelegt ist, könnte diese Würdigung sogar Absicht sein – wird durch den Originaltitel der Folge vorweggenommen, der Epilog ist dagegen eine zynische Abrechnung mit den sensationslüsternen Medien und der nicht zurückhaltenden Öffentlichkeit. Das eigentliche Ende ist allerdings in der Tradition der klassischen Horrorfilme und versucht der Folge zumindest etwas Übernatürliches zu geben. Es ist nicht das erwartete Happy- End und steht nicht konsequent zu der eigentlichen Intention der Folge.
Da man gerne alle Themen der alten Hammer-Filme wieder beleben wollte, fehlt natürlich die „verfluchte afrikanische Kunstfolge“ nicht in der Sammlung. Der junge Graham erbt eine Kunstsammlung inklusiv eines kleinen Voodoo-Fetisch, der anscheinend sich schnell akklimatisiert und seine unheilvollen Fähigkeiten zur Verfügung stellt. Mit Robert William Young übernimmt einer der innovativsten Regisseure des alten Studios die Inszenierung dieser nicht unbedingt originellen Folge. Insbesondere die Autoverfolgungsjagd zu Beginn ist nicht nur spannend, sondern vor allem originell in Szene gesetzt. Schnell wird aus einer bekannten Ausgangssituation eine bedrohliche Konfrontation. Das Zusammenspiel von Sex und Gewalt ist sehr effektiv, wenn auch fernsehtechnisch dezent abgebildet worden, schnell erinnert diese Art der Präsentation an die leicht perverse Erotik der britischen Hammer-Filme
in den frühen siebziger Jahren. Da aber die beiden Protagonisten eher eindimensional und nicht sonderlich sympathisch gezeichnet worden sind, springt der Funke in dieser Folge nicht auf das Publikum über und die handlungstechnischen Schwächen können nicht unbedingt durch gute Protagonisten ausgeglichen werden. Der Showdown mit den afrikanischen Waffen ist allerdings bizarr und unterhaltsam zugleich.
In „Die Experimente des Mr. Blueck“ erhält der gerade aus der Haft entlassene Dieb Chuck Spillers einen Job in der Tierhandlung des Marten Blueck. Dieser war während des Zweiten Weltkriegs in einem KZ und hält in seinem Keller für seine Experimente diverse Raubkatzen. Als Blueck auf Geschäftsreise ist, versucht Spillers den Safe zu knacken … mit ungeahnten Folgen. Peter Cushing kehrt mit einer Traumrolle zu den Hammer-Studios zurück. Auch wenn er sichtlich gealtert ist, passt seine Präsenz zu dem geheimnisvollen, exzentrischen Einsiedler. Sein Spiel ist sehr nuanciert, mal verhalten, dann wieder extrovertiert, er zeigt eine verschlagene fast instinktive Intelligenz unter seiner unerschütterlichen Maske, er manipuliert seine Umgebung auf eine fast einzigartige Weise. Brian Cox als gerade aus dem Gefängnis entlassener Sträfling beweist, dass er ein guter Mitspieler sein kann, überzeugend stellt er den verführten, etwas dummen und einfachen Mann dar, der das Vertrauen seines Förderers bitter enttäuscht und dafür in einer perfiden Falle endet. Seine Ehefrau – eine sehr starke und überzeugende Leistung von Elaine Donnelly – versucht ihm zu helfen, die Polizei scheidet als Freund und Helfer aufgrund von Spillers Vergangenheit, aber auch eigenem Unvermögen aus. Neben den sehr guten schauspielerischen Leistungen fügen sich das gute Script und die sichere, das niedrige Budget ignorierende Regie von Alan Gibson in die Gesamtpräsentation ein. Vorsichtig werden die einzelnen Versatzstücke zusammengeführt, die Chemie zwischen den beiden – scheinbar – Hauptprotagonisten stimmig gemacht und der Exposition der notwendige Raum gegeben, damit sich das psychologisch perverse Spiel mit voller Kraft entfalten kann. Der Zuschauer ahnt sehr schnell Cushings wahre Vergangenheit, aber seine markante Persönlichkeit überdeckt diese Schwäche des Drehbuchs, die Ehefrau findet den möglichen Schlüssel aus dem perfekten Gefängnis und zeigt, wie der menschliche Geist dem Tier auf den ersten Blick noch überlegen ist. Das Ende der Folge ist allerdings schwach und wirkt konstruiert, Blueck erhält seine Strafe nach dem Auge um Auge, Zahn um Zahn Prinzip und die Spillers erleben eine weitere Steigerung ihres Alptraums. Im gesamten Drehbuch und den Sets gibt es aber noch einige kleinere Unstimmigkeiten. So bemerkt Spiller seiner Frau gegenüber, dass die Tiere alle stumm sind, während man auf der Tonspur zwar unterdrückt, aber vernehmbar das Brüllen der Raubkatzen hören kann. Bei den Sets wurde mit der Platzierung von Edvard Munchs „Der Schrei“ neben den Käfigen, achtlos an die Wand gelehnt, übertrieben. In der deutschen Fassung fehlen die Szenen, in denen ein junger Welpe getötet wird. Trotz dieser Schwächen eine der besten Folgen dieser kurzlebigen Serie. Es ist schade, wäre man diesen immer aktuellen Themen gefolgt, hätte eine moderne Anthologieserie entstehen können.
Nach Hexen oder Voodoo-Werkzeugen fehlen nur noch die Vampire und natürlich die Werwölfe. Wie der Titel „Die Kinder des Vollmondes“ schon suggeriert, setzt sich diese Episode mit den behaarten Kreaturen auseinander. Mit Macht – einer sehr gut gelungenen Prologszene, die leider auch die effektivste ist – wird der Zuschauer in das Geschehen gezogen. Aber auch spätestens mit dieser Folge erkennt man, wie gefährlich Autofahren insbesondere in England ist. Anscheinend nutzen die Produzenten sehr gerne Autos auf einsamen Straßen mit dem immer gut zu Pass kommenden Gegenverkehr, um sie als Katalysator für kommende übernatürliche Ereignisse in den Vordergrund zu rücken oder als Möglichkeit, die bestimmten Protagonisten in Gegenden jenseits der Zivilisation stranden zu lassen. Natürlich wird das auserkorene Opfer nach dem obligatorischen Wagenaussetzer – vorher ist er aber klassisch ausgefahren worden – in einer einsamen Gegend und in der Nähe eines großen Anwesens ausgesetzt, in dem sie einer Kinderschar und einer Reihe unheilvoller Entdeckungen begegnen. Trotz der über weite Strecken vorhersehbaren Handlung bemüht man sich in einigen Szenen um die notwendige Subtilität, man verzichtet bis auf einen letzten Blick am Ende der Handlung auf den Werwolf und überrascht den Zuschauer sogar mit einem Bruch mitten in dem Spannungsbogen, der die Protagonisten wieder zurück nach London führt. Hier deutet man mit kleinen, aber erkennbaren Gesten an, dass es sich erstens nicht um einen Traum gehandelt hat und zweitens ein neuer, kleiner Werwolf im Werden begriffen ist. Der Zuschauer wartet im Grunde nur auf die obligatorische gewalttätige Eruption der Gewalt am Ende der eher langweiligen, aber zumindest solide gespielten Folge, anstelle dessen erwartet ihn ein deprimierendes, aber interessantes Ende. Es lohnt sich zumindest, bis zur Schluss-Szene dabei zu sein, die auf eine nicht logisch erklärbare Weise ergreifend ist.
„Das Vermächtnis des Falkners“ – obwohl es im Originaltitel und einmal auch in der Folge um Adler geht – beschäftigt sich mit Ritualmorden an Männern, denen vor oder nach dem Sex das Herz herausgeschnitten wird. Inspektor Clifford untersucht die Vorgänge zusammen mit der hübschen Biographin Natalie, die ein Sachbuch über ähnliche Morde vor mehr als dreihundert Jahren veröffentlicht hat. Die Episode beginnt mit einem Ritualmord und endet mit einem. Dazwischen findet sich unter den Offscreen-Opfern Pierce Brosnan in einer seiner ersten Rollen. Da man den Verdacht nicht gleich auf die einzige in Frage kommende Frau lenken möchte, wird die erste Täterin nur von hinten gezeigt, allerdings ist sie nicht zuletzt aufgrund der beschränkten Protagonisten schnell zu erkennen. Sex und Gewalt werden eher erotisch angehaucht und angedeutet gezeigt, damit folgt man nicht der Hammer-Tradition, bis an die Grenze des zensurtechnisch erlaubten zu gehen. Aus heutiger Sicht wirken die Möbel, die Kleidung und mehr als in anderen Folgen die Manieren wie eine Zeitreise in eine nostalgische Epoche mit Westentaschen-Machos ohne AIDS-Angst. Trotz der folgerichtigen brutalen Morde kann der Zuschauer über das Balzgehabe der Männer schmunzeln oder dem sichtlich gelangweilten und langweiligen Psychologen lauschen. Wegen der vorhersehbaren Handlung und den wenigen wirklich überraschenden Wendungen im eigentlichen Plot gehört die Folge zu den schwächeren Episoden, es fehlt die Exzentrik, das Außergewöhnliche – außer der schönen, immer sich fast gänzlich ausziehenden Täterin. Im dritten Akt wird die obligatorische falsche Spur gelegt, mehr allerdings nicht, denn natürlich ist das Böse klüger als die Polizei erlaubt. Und erfolgreicher.
„Der Wächter des Höllenschlundes“ beginnt mit einem durch Zufall gekauften kleinen Spiegel, der das Schlüsselwerkzeug einer dämonischen Sekte zu sein scheint. Im Vorspann werden deren Riten kurz angedeutet. Die Folge war ursprünglich dem Altmeister Terence Fisher angeboten worden, der kurz vor Drehbeginn verstorben ist. Mit Don Sharp fand sich ein ähnlich routinierter Nachfolger, da insbesondere das Hammer-Studio eine Reihe von guten und herausragenden Filmen zum Thema moderne Sekten/Okkulte im Laufe ihrer langen Geschichte veröffentlicht hat. So gehört „The Devil rides out“ zu den besten Filmen des Studios und auch „From the Devil - a Daughter“, eine der letzten Produktionen, konnte überzeugen. Sharp erschafft eine gruselige Atmosphäre im ansonsten ländlichen gegenwärtigen England. Die einzelnen Versatzstücke der Handlung erscheinen vorhersehbar, die neuen Besitzer des Spiegels kommen in Kontakt mit einem jungen Mädchen, das die Sekte ursprünglich als Opfer auserkoren hatte. Daraus resultieren natürlich die entsprechenden Ermittlungen in Hinblick auf den „Portier des Teufels“ und die Hilfe für das verängstige, besessene Mädchen. Mit einer Anlehnung an den außerhalb des Studiosystems produzierten „The Wicker Man“ versucht man die einzelnen Handlungsfäden für den Zuschauer zu einem überraschenden Ende zu verbinden, aber einzelne Teile – die Auswahl des Mädchens zu Beginn und das Messerattentat auf den potentiellen Heiland – sprechen eine andere Sprache, als wenn der Drehbuchautor ein zu cleveres Ende konzipieren und im Nachhinein seine Spannungsbögen nicht mehr überarbeiten wollte. Teile des blutigen Showdowns fehlten in der deutschen Fassung und ergeben so nur ein unzureichendes Bild der Folge, die zumindest kurzweilige Unterhaltung bietet.
„Besucher aus dem Jenseits“ deckt mehr bekannt als gut das Subgenre des Psychothrillers ab. Penny wird in einer einsamen Hütte von einem Mann überrascht und bedrängt, die labile Frau erschießt ihn in Notwehr. Mit ihrem Ehemann beschließt sie, nicht die Polizei zu rufen, sondern die Leiche zu beseitigen. Natürlich taucht das potentielle Opfer an möglichen und unmöglichen Orten wieder auf und sucht die Frau in den Wahnsinn zu treiben. Der Plot ist vorhersehbar und stellt eine Zusammenfassung diverser Psychothriller – das zitierte Spektrum reicht von „Die Teuflischen“ bis zu den billigen, aber unterhaltsam William Castle-Thrillern – mit einer reichen, labilen, naiven Frau als Opfer. Dabei werden die beiden Hauptprotagonisten eindimensional, fast klischeehaft gezeichnet. Kathryn Leigh Scott ist den Zuschauern aus der Vampir-Soap „Dark Shadows“ bekannt, ihr gelingt es, der oberflächlichen Rolle Tiefe zu geben und zumindest zwischen den oft gestelzten Dialogen ihre Unsicherheit und Angst überzeugend darzustellen.
In „Die zwei Gesichter des Bösen“ nimmt eine Familie auf dem Weg in den Urlaub einen Anhalter mit, der den Fahrer mit einem übernatürlich langen Fingernagel während der Fahrt attackiert und verletzt. Der Wagen überschlägt sich, die Ehefrau wacht erst im Krankenhaus wieder auf, ihr Mann Martin kann nach einer Halsoperation nicht mehr sprechen und wirkt nicht nur aufgrund seiner Verletzungen im Wesen verändert. Unter der Regie des Routiniers Alan Gibson ist eine der besten Folgen der Serie entstanden, ein über weite Strecken außerordentlich origineller Stoff – erst im Nachhinein erinnert die Folge an die inzwischen klassischen Texte des britischen Drehbuchautoren Nigel Kneale -, in der er sich auf eine sehr eingeschränkte Perspektive – der Zuschauer erlebt das Geschehen ausschließlich aus der Sicht der schwer erschütterten Jane - konzentriert. Es gibt einige sehr gute symbolische Szenen, so verbrennt die Familie alle Gegenstände aus dem Autowrack, um die Vergangenheit so weit wie möglich zu begraben. Gibson lässt sich nach dem rasanten, aber sehr effektiv inszenierten Auftakt sehr viel Zeit und analysiert psychologisch nicht ungeschickt den Status Quo und die einzelnen möglichen Folgen. Mit einer sehr manipulierenden Mischung aus Rückblenden und Zwischenschnitten zeigt er die einzelnen Verhältnisse der Protagonisten untereinander auf und ihre Reaktion auf die unterschiedlichen Ereignisse. Die weiteren Hintergrundinformationen des intelligenten Scripts lassen den Betrachter im Dunkeln, ob die Frau ihren Wahnvorstellungen erliegt und sie das Opfer einer geschickt eingefädelten Verschwörung ist. Aus dieser Frage bezieht das Geschehen eine fast einzigartige Spannung und das doppelte Ende ist nicht nur überraschend, sondern boshaft direkt.
In der abschließenden Folge „Die Handlanger des Satans“ beschäftigt man sich gleich mit einer heftigen Mischung aus religiösen Motive und Symbole, dem Exorzismus, satanischen Ritualen und schließlich fast zu realem Blut – wenn auch kaum Gore - in der klinisch sauberen, aber innerlich verseuchten Atmosphäre eines britischen Krankenhauses. Edwyn Rord wird aus seiner Station in die Leichenhalle versetzt und einer der ersten Toten, denen er begegnet, hat sich selbst in den Kopf gebohrt, um dem Teufel zu entkommen. Dieser scheint jetzt auf den nicht gänzlich gesunden Rord überzugreifen. In den USA wurde die Folge gar nicht gezeigt, in England bei den meisten Wiederholungen ausgelassen. Am Blutgehalt kann es nicht liegen, denn insbesondere die Obduktion der Leiche geht eher psychologisch denn gore-technisch an die Grenzen des Erträglichen. Es wird eher angedeutet als gezeigt. Dazu kommen die fast sarkastisch überzogenen Gespräche der drei an dieser unangenehmen Untersuchung beteiligten Männer. Der Hauptprotagonist ist unverkennbar von Beginn an paranoid, diese deprimierende Stimmung wird durch das egoistische Verhalten seiner Kollegen noch verstärkt. Betrachtet ein aufmerksamer Zuschauer die einzelnen Vorgänge objektiv und nicht aus dem subjektiven und stark eingeschränkten Blickwinkel des Protagonisten, so bleibt wenig Übernatürliches zurück. Wie bei vielen Folgen dieser Serie steht mehr die Frage im Vordergrund, ob der Protagonist wirklich verrückt ist oder der einzige Normale in einer vom Bösen durchdrungenen Welt. Die surrealistischen Traumsequenzen sind sehr einfach, aber sehr effektiv in Szene gesetzt. Immer mit einem Fuß im „Grab“ der billigen Komödie. Trotzdem gehört „Die Handlanger des Satans“ zu den überdurchschnittlichen Folgen der „Gefrierschocker“.
Auch wenn nur selten die wirkliche Hammer- Stimmung aufkommt, auch wenn einige der Folgen eher durchschnittlich inszeniert und unterdurchschnittlich geschrieben worden sind, auch wenn viele Motive aus dem umfangreichen Hammer-Werk bekannt sind und vor allem die gotische Atmosphäre der farbenprächtigen Filme fehlt, lohnt es sich, die Folgen aus einer gewissen Distanz noch einmal oder für viele das erste Mal zu sehen. Horror der psychologischen Art, ohne umfangreiche Computertricks, ohne Teeanger, die an ihrer eigenen Dummheit sterben, ein breites Spektrum vom Werwolf bis zum außerirdischen (?) Besucher. Es empfiehlt sich allerdings nicht, die Folgen aufeinander folgend zu ansehen, eine pro Woche ist ausreichend, sonst nutzen sich die oft versteckten, aber sehr pointierten Spitzen in den sehr guten Folgen – der größte Teil der herausragenden Episoden versteckt sich unter den letzten der dreizehn Shows – zu schnell ab.
Die Extra bestehen aus einem von Uwe Huber sehr informativ und kurzweilig geschrieben, aber durchaus kritischen Booklet zur Serie. Neben einiger kurzen Inhaltsangabe und guten Fotos überzeugen vor allem die Querverweise zu den anderen Hammer Produktionen der Drehbuchautoren, der Regisseure und der Schauspieler. So lädt dieser Überblick ein, in die farbenprächtige, gruselige Welt dieses einzigartigen britischen Studios zurückzutauchen. Daneben gibt es eine kleine, selbst laufende Bildergalerie. Die Farben der insgesamt dreizehn Folgen sind satt, die Schatten und Nuancen kommen hervorragend zur Geltung und beide Tonspuren sind empfehlenswert. Insgesamt hat der Zuschauer den Eindruck, einen alten Hammer-Film zu sehen und wahrscheinlich hat das Studio die Serie auch mit teueren Filmmaterial und nicht den einfach magnetischen Aufzeichnungsbändern aufgenommen.
DVD-Facts:
Bild: 1,33:1 (Vollbild)
Ton: deutsch Dolby Digital 2.0, englisch Dolby Digital 2.0
Untertitel: deutsch
DVD-Extras:
Booklet, Bildergalerie