Blue Evolution Vol. 2, 1
1: Sahra
Sebastian Schwarzbold & Sven Loose & Stephan Haack & Martin Fink & Marian Kretschmer
TheNextArt, 2004, Heft, 36 Seiten, 4,00 EUR
Von Irene Salzmann
Nachdem sich Sarah von Malik trennte, bricht für den Schüler eine Welt zusammen. Sie waren so glücklich, und er begreift nicht, was den Sinneswandel bewirkte. Noch während er mit seinem Schicksal hadert, wird er von Mükros Monstern angegriffen. Seine Beschützerin Nilu kann ihn im letzten Moment retten und zu den Elementarwesen bringen, die seine Verletzungen heilen.
An den Aufenthalt bei ihnen kann sich Malik später nicht mehr erinnern, und so bleibt er weiterhin in Unkenntnis über seine Rolle im Kampf des Guten gegen das Böse. Unterdessen versucht Nilu, die Manipulation des Bösen rückgängig zu machen, um Malik und Sarah miteinander zu versöhnen. Dann jedoch ereignet sich ein tragisches Unglück…
Band 3 der Serie „Blue Evolution“ schildert die weiteren leidvollen Abenteuer des Jungen Malik, der von den Mächten des Lichts und der Dunkelheit umworben wird, da er der einzige Mensch ist, der die Tore öffnen kann, die die Erde mit der Gegenwelt verbinden. Malik weiß davon nichts, denn er vergisst wieder, was er erfahren hat, und hält alle merkwürdigen Vorkommnisse für bizarre Albträume. Überdies hat er genug eigene Sorgen, an denen er zu zerbrechen droht.
Endlich erfährt man mehr über die antagonistischen Kräfte, die zunehmend Einfluss auf Malik und sein Umfeld ausüben – mit schrecklichen Folgen. Der tödliche Kampf, der bereits auf der Gegenwelt wütet und den Hexakriegern große Verluste bereitet, erreicht die Erde und fordert erste Opfer.
Die Künstlergruppe The Next Art wählte ein für Comics gängiges Thema, den ewigen Kampf des Guten gegen das Böse, und griff hierfür auch das Motiv der Gegenerde auf, das man aus der SF kennt. Allein ein ahnungsloser Schuljunge kann die Balance wieder herstellen oder der Seite, für die er sich entscheidet, zum Sieg verhelfen. Daraus ergibt sich eine vertraute Figuren-Konstellation: Der naive Champion wird von Beschützern und Verführern umschwärmt; wer diesen in die Quere kommt, wird als Mittel zum Zweck missbraucht oder/und beseitigt.
Der phantastische Hintergrund erlaubt viele Action-Szenen und ein wenig Erotik. Die weiblichen Figuren posieren knapp bekleidet hauptsächlich zur Freude der männlichen Leserschaft. Der Zeichner bildet jedoch nicht nur Schönes ab (hübsche Mädchen, idyllische Landschaften und Stadtansichten), er beweist auch Mut zum Hässlichen, denn nicht bloß die Monster sind grausige Zeitgenossen, sondern auch die menschlichen Protagonisten werden oft mit verzerrten Gesichten dargestellt, damit starke Emotionen ohne viele Worte zum Ausdruck kommen.
Noch immer wird mit dem Zeichenstil und den Arbeitsmitteln experimentiert, doch wirken die Illustrationen bereits einheitlicher als in den beiden ersten Heften. Auch die Geschichte nimmt Formen an; der Leser kennt die Charaktere, ihre Motive und Ziele. Nach dem Cliffhanger darf man sicher sein, dass es tief greifende Veränderungen für den unglücklichen Helden geben wird und die Handlung spannend bleibt.
Man findet nur wenige deutsche Comiczeichner, die Durchhaltevermögen besitzen. Oft genug wird eine interessante Serie voller Eifer begonnen, um spätestens nach dem zweiten Band wieder vom Markt zu verschwinden. Aus dem Grund konnte sich nie eine wirkliche Comic-Szene etablieren, und die einzelnen Künstler blieben stets im Schatten ihrer Kollegen aus den USA, Rest-Europa und Japan. Das Team TheNextArt scheint nicht zu diesen Eintagsfliegen zu zählen, denn inzwischen sind fünf Bände von „Blue Evolution“ erschienen, weitere befinden sich in Arbeit, neue Projekte in Planung.
Wer düstere, kryptische Comicserien wie „Hellspawn“,„Spawn“ oder „Sam & Twitch“ schätzt, sollte diesem Titel eine Chance geben – die deutschen Zeichner müssen sich nicht hinter ihren amerikanischen Vorbildern verstecken.