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Beese, Klaus: Sex oder Gehirnfabrik (Buch)
Klaus Beese
Sexfalle oder Gehirnfabrik
Projekte-Verlag, 2006, Paperback, 248 Seiten, 14,80 EUR, ISBN 3-86634-127-X
Von Christel Scheja
Klaus Beese hat seit den 80er Jahren bereits vier Romane veröffentlicht: „Reiseunterbrechung“ (1983), „Fluchthilfe“ (1984), „Heilanstalt“ (2004) und „Das Jahr des Gerichtsvollziehers“ (2005). Mit „Sexfalle oder Gehirnfabrik“ erscheint erstmals eine Sammlung seiner Kurzgeschichten.
Die insgesamt 22 Erzählungen werfen zumeist einen Blick in die nahe Zukunft, beschäftigen sich mit Entwicklungen, die spekulativ bereits absehbar sind oder bitter und zynisch kommentieren, was heute schon in Gang gekommen ist. Alles in allem herrscht aber doch ein eher düsterer Unterton vor.
Einige der Geschichten sind besonders erwähnenswert:
„Die Zooniden“ erinnert zunächst an die positiven Utopien der 60er Jahre. Ein Pärchen erwirbt kybernetische Wölfe. Was sie nicht ahnen, ist, dass in den künstlichen Körpern der blanke Horror lauert. Auch wenn manches im Lauf der Erzählung früh zu erkennen ist, so überrascht der Autor doch mit einer interessanten Verknüpfung von Mythos und Technik.
„In der Hauptstadt“ hat zunächst keine zukunftsweisenden Elemente, hinterlässt beim Lesen aber einen bitteren Nachgeschmack. Es ist nicht zu hoffen, dass sich andersgläubige Volksgruppen selbst ausgrenzen und ihre eigenen Gesetze verabschieden, aber der Gedanke daran ist auch nicht abwegig.
„Der Hogon“ führ die Menschheit zwar zu den Sternen, ihre privaten Probleme bleiben letztendlich aber dieselben.
Ist „Die Elitesoldatin“ noch ein frei denkender Mensch, oder nicht schon längst eine willenlose Marionette in den Augen ihrer Vorgesetzten, dressiert zu mehr Fähigkeiten, als sie eigentlich dachte? Makaber und ein wenig böse schildert der Autor die letzte Prüfung einer jungen Frau, die sie zwar besteht – aber um welchen Preis?
Ein Mann möchte einen „Körpertausch“ vornehmen, da sein eigener langsam zu verfallen droht. So kratzt er sein letztes Geld zusammen und geht in eine besondere Klinik. Nicht ahnend, dass er eigentlich mehr bezahlen muss, als vermutet. Zynisch und hinterhältig wird hier eine durchaus logische Entwicklung im Organhandel dargestellt.
Hoffnungslos und düster ist die Welt der Arbeitslosen in „Die Fänger im Müll“. Ein junges Mädchen hofft, diesem Dilemma entkommen zu können, weil sie sich wie eine Sklavin ihrer Eltern fühlt. Dann bekommt sie eine große Chance, jedoch wieder einmal anders, als erwartet. Auch diese Geschichte hat eher einen gemeinen Unterton.
Eigentlich ist der Titel der Sammlung ziemlich irreführend und impliziert andere Schwerpunkte. Er zieht durch das Wort „Sex“ zwar die Aufmerksamkeit potentieller Leser auf sich, schreckt aber gleichzeitig auch wieder ab, da man den Eindruck bekommt, der Autor beschäftige sich nur mit zukunftsweisender Triebbefriedigung. Dabei ist eher das Gegenteil der Fall. Die Mehrzahl der Geschichten schildert den Verfall von Gefühlen oder eine depressive und dunkle Seite davon. Kaltschnäuzig und zynisch werden düstere Szenarien gemalt, die zwar nicht bis in die letzte Konsequenz geschildert werden, aber trotzdem einen Schauer über die Haut jagen.
Man kann das Buch zwar nicht in einem Stück lesen, da die Themen der einzelnen Geschichten im Großen und Ganzen in die gleiche Kerbe schlagen; für sich gesehen sind die einzelnen Werke aber zum großen Teil beeindruckend und hinterlassen manchmal einen tieferen Eindruck, der auch noch eine ganze Weile nachwirkt.
Vor allem fällt auf, dass Klaus Beese nicht ganz so plakativ arbeitet wie viele seiner jüngeren Kollegen und nicht mit dem Holzhammer auf die wesentlichen Punkte weist.
„Sexfalle oder Gehirnfabrik“ bietet daher trotz des ungeschickt gewählten Titels interessante und nachdenklich machende Science Fiction, die vor allem durch ihre schlichte Eindringlichkeit beeindruckt.
hinzugefügt: January 17th 2007 Tester: Christel Scheja Punkte: zugehöriger Link: Projekte Verlag Hits: 3031 Sprache:
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