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Simmons, Dan: Im Auge des Winters (Buch)
Dan Simmons
Im Auge des Winters
(A Winter Haunting, 2002)
Aus dem Amerikanischen von Friedrich Mader
Heyne Verlag, 2006, Taschenbuch, 398 Seiten, 7,95 EUR, ISBN 978-3-45352-142-1
Von Armin Möhle
Mit „Im Auge des Winters“ schließt Dan Simmons an den Roman „Sommer der Nacht“ an, der gleichzeitig als Neuauflage erschienen ist (Heyne TB 56505). „Im Auge des Winters“ ist freilich keine direkte Fortsetzung, aber nicht, weil zwischen den Erstveröffentlichungsterminen der Romane elf Jahre liegen. Der Protagonist Dale Stewart ist vielmehr 40 Jahre älter, als er nach Elm Haven (einem Nest in Illinois) zurückkehrt. Dort starb in „Sommer der Nacht“ unter ungeklärten Umständen sein Freund Duane McBridge, als ihre Clique den Kampf gegen das Böse, das sich in dem Schulgebäude Old Central manifestiert hatte, führte.
Welche Motive Dale Stewart nach Elm Haven zurückführen, vermag er selbst kaum zu sagen. Genauso wenig wie was ihn bewegt, ausgerechnet das verlassene Farmhaus der McBridges anzumieten. Wenn Einflüsse, die außerhalb der menschlichen Erfahrungswelt ihren Ursprung haben, ausgeklammert werden (aber natürlich vorhanden sind), lässt sich sagen, dass Stewart vor den Trümmern seines Privatlebens flieht: Er hat seine Frau und seine Kinder für eine jüngere Geliebte verlassen, die wiederum mit ihm Schluss gemacht hat.
In Elm Haven begegnet Stewart verschiedenen ehemaligen Schulkameraden, lebenden und untoten, einer Neonazigruppe, die Jagd auf ihn macht, geheimnisvollen schwarzen Hunden u. a. m. „Im Auge des Winters“ wird dadurch zu einer Mischung aus einem Krimi (die Umstände des Todes seines Freundes Duane McBridge werden etwas klarer) und einem konventionellen Horrorroman, durchweg herausragend und souverän erzählt. Manche Szenen sind genau wie in „Sommer der Nacht“ geradezu filmreif. Der Leser muss „Sommer der Nacht“ nicht kennen, um der Fortsetzung in dem vorliegenden Band folgen zu können.
Simmons variiert „Im Auge des Winters“ durch einen gelegentlichen, unkonventionellen Wechsel der Erzählperspektive. Mit den Rückblenden in die Vergangenheit seines Protagonisten plagiiert sich der Autor allerdings selbst. Damit hat Simmons bereits in Romanen und Kurzgeschichten gearbeitet, die in der Gegenwart angesiedelt sind und ihm deshalb Gelegenheit gaben, Informationen über sein Privatleben, in unterschiedlichem Ausmaß verfremdet und verändert, einzufügen.
„Im Auge des Winters“ ist ein unterhaltsamer, spannender, gut durchkonstruierter Roman, ohne dass jedoch einzelne Handlungsteile aufgesetzt wirken. Die Erfahrung und die Begabung des Autors dokumentieren sich in der stilistischen und konzeptionellen Brillanz. Erfreulicherweise ist der Roman stringenter verfasst als sie später entstandenen, in die Länge gezogenen SF-Romane „Ilium“ und „Olympos“ (Heyne TB 8320 und 52123), vor allem, was Letzteren betrifft. Neue Facetten hat Simmons mit „Im Auge des Winters“ freilich weder dem Horror-Genre noch seinem eigenen Gesamtwerk hinzugefügt.
hinzugefügt: February 16th 2007 Tester: Armin Möhle Punkte: zugehöriger Link: Heyne Verlag Hits: 2801 Sprache:
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