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Vogt, Fabian: Die erste Ölung (Buch)

Fabian Vogt
Die erste Ölung
Titelfoto von Getty Images
Brendow-Verlag, 2006, Paperback, 240 Seiten, 12,90 EUR, ISBN 978-3-86506-147-8

Von Christel Scheja

Ist es möglich, dass christliche Glaubensgrundsätze und das phantastische Genre auch im positiven Sinne zueinander kommen können? Man kann sich das schwerlich vorstellen, wenn man tagtäglich miterlebt, wie gerade Horror, Mystery und SF mit christlichen Mythen und weltlich-kirchlichen Strukturen herumspielen und dabei mit Vergnügen die dunklen und negativen Seiten herauskehren.
Die wenige positiven Versuche - gerade im Bereich der Fantasy, man nehme da nur als Beispiel C. S. Lewis „Narnia“ - übertünchen die vertrauten Dogmen und Lehren nur mit anderen Namen und leicht veränderten Symbolen.

Fabian Vogt, selbst Theologe und Literaturwissenschaftler versucht in seinem Kurzgeschichtenband „Die erste Ölung“ zu beweisen, dass es auch noch einen anderen Weg als das plakative Übernehmen von moralischen Werten und Ritualen gibt. Seine Geschichten bemühen sich, phantastische Ideen mit den Idealen der christlichen Lehre zu verbinden und umgekehrt auch Mythen, Moral und Rituale weiter zu spinnen.


So erzählt die Titelgeschichte von einem Ritual, in dem Jesus die Jünger lehrt, die Augen zu öffnen und das, was er ihnen erzählt in einem anderen Licht zu sehen - direkt und offen in das Himmelreich zu blicken. Das erwähnte Ritual ist frei erfunden, regt aber durchaus zum Nachdenken und weiterspinnen an.
Eine junge Frau findet in alten Aufzeichnungen ihres Großvaters „Das Erbe des Sensographen“. Als sie weiter nach den Spuren der geheimnisvollen, kugelähnlichen Artefakte sucht, entdeckt sie ein düsteres Geheimnis in ihrer eigenen Familie. Doch sie muss lernen, damit umzugehen, um nicht den gleichen Fehler zu machen wie ihr Vater. Einfühlsam schildert Vogt die Situation und bietet eine Lösung an, wie man sie besser nicht finden kann. Denn auch Verzeihen ist wichtig, auch wenn die aufgeladene Sünde des anderen noch so groß ist.
Ein Mann trägt immer noch schwer an der Tatsache, dass er ein Mädchen überfahren hat. Die schweren Vorwürfe machen ihn rastlos und führen ihn schließlich in eine alten Kirchenruine. Dort erkennt er, dass Reue und Aufgabe der beste Weg zum Frieden ist. Immer wieder zieht es den Forscher Gustav Isch in die Nähe von Kleinasien. Dort hat er - in einem schwer zugänglichen Tal - einen idyllischen Garten Eden gefunden. Ist es vielleicht sogar der echte?
Was ist „Das Geheimnis des Glaubens“? Ist es wirklich nur Menschen erlaubt zu beten und sich Gott hinzuwenden? Darf man dies einer künstlichen Intelligenz verbieten, weil dies Frevel sein könnte? Diese Fragen müssen sie Erbauer und Priester fragen, als ein Androide anfängt zu beten...


Dies sind nur fünf der insgesamt zwölf Geschichten des Bandes, die verschiedene Facetten des Glaubens betrachten. Darum geht es weniger um Kirchenstrukturen als um reine Glaubensgrundsätze.
In phantasievollen, wenn auch sehr ruhigen und gewaltfreien Geschichten beschäftigt sich Fabian Vogt mit Verzeihung und wahrhafter Reue, mit den Grenzen zwischen Glauben und Wissenschaft und den Tugenden, die man als Christ eigentlich haben sollte: Offenheit, Toleranz und Phantasie, das was in der Bibel steht umzusetzen und weiter zu spinnen.
Das gelingt dem Autor ausgezeichnet. Deshalb lohnt es sich durchaus einen Blick in „Die Erste Ölung zu werfen“, wenn man einmal etwas anderes als wissenschaftliche Fiktion, sozialkritische Dystopie oder sinnfreie Action lesen will.

hinzugefügt: March 5th 2007
Tester: Christel Scheja
Punkte:
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