Brian Keene
Das Reich der Siqqusim
Auferstehung – Stadt der Toten
2 Romane in einem Band
(The Rising City of the Dead)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Michael Krug
Titelillustration von Anne Stokes
Innenillustrationen von Jan Balaz
Otherworld Verlag 2006, Hardcover, 494 Seiten, 24,95 EUR, ISBN 978-3-9502185-1-0
Von Irene Salzmann
Jim Thurman ist ein gebrochener Mann: Seine Frau hat sich von ihm scheiden lassen und ist mit Danny, dem gemeinsamen Sohn, und ihrem Gefährten nach New Jersey gezogen. Carrie, Thurmans neue Liebe, stirbt mit ihrem ungeborenen Baby. Für ihn gibt es nichts mehr, für das es sich zu Leben lohnt. Er setzt die Pistole an, um Schluss zu machen – und nicht so zu werden wie Carrie und all die anderen, die draußen lauern -, als sein Handy klingelt. Danny ist am Apparat!
Thurman wagt den Ausbruch aus seinem sicheren Bunker. Gejagt von den Zombies, versucht er, sich zu seinem Sohn durchzuschlagen. Unterwegs schließen sich ihm ein alter Pfarrer und eine ehemalige Prostituierte an. Untote Menschen und Tiere sind jedoch nicht die einzigen Gefahren: Der Hunger treibt die letzten Überlebenden in den Kannibalismus, wahnsinnige Militärs wüten nicht minder grausam als die Zombies, und ein reicher Unternehmer mit Messias-Komplex offeriert eine Zuflucht, die leicht zur tödlichen Falle werden könnte.
Schon bald erkennen die wenigen Menschen, die noch übrig sind, dass sie es mit einem intelligenten Gegner zu tun haben. Ob, der Anführer der Siqqusim, nutzt die vorhanden Ressourcen zu seinem Vorteil und schickt eine Zombie-Armee aus, die die letzte Bastion der Lebenden zerstören soll. Diese hoffen immer noch auf ein Wunder, obwohl sie tief im Innern ahnen, dass die Zombies siegen werden, denn früher oder später stirbt alles, um wieder aufzuerstehen…
Brian Keenes „Reich der Siqqusim“ beinhaltet in dt. Erstausgabe zwei Bücher, „Auferstehung“ und die Fortsetzung „Stadt der Toten“. Geschildert wird der dramatische Überlebenskampf einer kleinen Gruppe Menschen, die sich auf der Suche nach einem sicheren Versteck durch die USA schlägt. Sie werden verfolgt von Zombies und untoten Tieren, die von einer dämonischen Intelligenz beseelt wurden. Nur selten finden die Flüchtlinge freundliche Aufnahme und Hilfe, denn das Grauen verändert alle. Jeder ist sich selbst der Nächste oder ein Opfer des Wahnsinns.
Auch die Hauptfiguren, obwohl sie positiv besetzt sind, müssen ihre Skrupel ablegen, um ihre Freunde beschützen zu können und selber am Leben zu bleiben. Trotzdem fordern die dramatischen Ereignisse während der Flucht immer wieder Opfer, und nicht alle Protagonisten gelangen am Ende an einen Ort vermeintlicher Sicherheit. Ihre Ängste, die Qualen und der Wandel in ihrem Wesen werden realistisch beschrieben.
Das Thema ‚Zombies’ ist nicht neu, dennoch gelingt es dem Autor, durch einige Varianten zu überraschen. So verknüpft er die Untoten mit Motiven aus der Mythologie Mesopotamiens und der Hebräer. Vage SF-Elemente fließen ein in die Erklärung, wie es ihnen gelang, die Erde zu erreichen und dort ihr Vernichtungswerk zu beginnen. Ob und seine Scharen sind nicht die stumpfsinnigen Kreaturen, die man aus Film und Buch kennt, sondern intelligent und dadurch umso mörderischer. Sie greifen auf das Wissen ihrer Wirtskörper zurück, von denen sie nur so viel fressen, dass ihre Mobilität erhalten bleibt. Autos, Waffen, Funk – sie setzen alles ein, was ihnen zur Verfügung steht, um die letzten Menschen zu vernichten. Selbst die Tiere sind von den Dämonen besessen und folgen dem bösen Plan, Gottes Werk zu verheeren.
Brian Keene spart nicht mit detailreichen Beschreibungen: das Aussehen und der Gestank der verwesenden, mitunter verstümmelten Zombies, ihr abscheuliches Vorgehen, die Gräuel, die die Menschen einander zufügen. Dass es hierbei irgendwann zu Wiederholungen kommt, liegt auf der Hand, und so stumpft auch der Leser mit der Zeit ab, denn ihm wird kein subtiles Grauen geboten sondern Splatter pur. Selbst Zombie-Sex löst irgendwann nur noch ein Achselzucken aus.
Wagte man anfangs noch zu spekulieren, dass es die Hauptfiguren irgendwie schaffen würden, eine Lösung zu finden oder sich zumindest so lange verstecken zu können, bis die Dämonen die Erde wieder verlassen haben, so fragt man sich ab dem zweiten Buch nur noch, wer der Nächste ist, der sterben muss. Systematisch wird jegliche Hoffnung zerstört, worunter schließlich auch die Spannung zu leiden beginnt. Das lese-erfahrene Publikum ahnt schnell, wie das Ende ausfallen wird.
„Das Reich der Siqqusim“ ist ein flüssig geschriebener Splatter-Roman, der sich an erwachsene Leser wendet, die Titel wie „Resident Evil“ oder „Priest“ zu schätzen wissen. Rund 500 Seiten schildern das Grauen in allen Details. Wer subtile Spannung sucht, dem dürfte dieser Band zu sehr mit dem Holzhammer kommen. Auch für sanfte Gemüter ist das gewiss nicht die richtige Lektüre. Die Hardcore-Fans hingegen, denen es vor allem um spritzendes Blut, herausquellendes Gedärm und herumrollende Augäpfel geht, kommen voll auf ihre Kosten.