Zwei Jahre Ferien
F/D 1974, Regie: Claude Desailly, Gilles Grangier, mit Constantin Baltaretu, Constantin Barbulescu, Rainer Basedow, Michael Berechet u.a.
Von Thomas Harbach
„Zwei Jahre Ferien“ folgte – je nach Ansicht – mit einer mehrjährigen Pause auf den wohl besten und berühmtesten ZDF- Adventsvierteiler „Der Seewolf“. Dazwischen erschien noch die sehr stark vom französischen Partner beeinflusste „Cagliostro“-Verfilmung, die in Deutschland nur in drei Teilen ausgestrahlt worden ist und deswegen vom Publikum nicht unbedingt als Äquivalent anerkannt worden war. Dabei reichten die Planungen für diese erste von insgesamt drei Jules Verne-Verfilmungen – „Der Kurier des Zaren“ und „Matthias Sandorf“ sind die anderen beiden – zurück ins Jahr 1969, als Walter Ulbrich sich noch zusammen mit Helmuth Lange durch die Wälder Nordamerikas in den „Lederstrumpf- Erzählungen“ kämpften. Wie schon bei „Der Seewolf“ ging es Ulbricht darum, eine Panorama der wichtigsten Elemente des Autoren zu präsentieren und zu einer mehrgleisigen und vor allem einen Vierteiler mit fast sechs Stunden Erzähldauer tragenden Handlung zusammenzufassen. Die ursprüngliche Idee der Verfilmung des Buches „Die Kinder des Kapitän Grants“ wurde extrapoliert und wichtige Elemente des Abenteuerromans „Zwei Jahre Ferien“ in den Plot integriert. Da die Handlung fast ausschließlich auf See und der Insel spielte, war das Team mehr denn je auf ideale Wetterbedingungen in Rumänien angewiesen.
Die Dreharbeiten begannen in einem sehr engen Fenster im Jahr 1971. Leider machte eine zum ersten Mal seit vielen Jahren zugefrorene Donau einen Strich durch die Rechnung und die Produktion lag für fast ein Jahr brach. Erst im Winter 1972/1973 konnten die Arbeiten wieder aufgenommen werden. Während fälschlicherweise der Name Jules Verne immer wieder mit seinen utopischen Stoffen in Verbindung gebracht wird, hat er sich insbesondere in den letzten Jahren seines Schaffens nicht nur als kritischer Geist gegenüber dem Fortschritt in menschlicher Hand – siehe „Robur“ als extreme Neuschöpfung seines Kapitän Nemo – erwiesen, sondern auch immer wieder mit dem verderblichen Einfluss des Geldes – insbesondere große unfassbare Summe wie in „Meister Antifers Glück- und Unglücksfahrten“ – auseinandergesetzt. In dieser Zusammenfassung verschiedener seiner Werke geht es auch und in erster Linie um die Probleme des zwischenmenschlichen Zusammenlebens – in erster Linie im Rahmen der so genannten Zivilisation mit ihrem Klassendenken und arroganten Vorurteilen – und der Tatsache, dass weder Reichtum noch Macht in entscheidenden Augenblicken des Lebens eine wirkliche Rolle spielen, sondern Intelligenz, Intuition und vor allem Mut – bis hin zum Wagemut, wie einige Passagen der Verfilmung fast zu deutlich zeigen - einen Charakter prägen sollten. Dabei fällt im Rahmen dieser Verfilmung allerdings Jules Vernes manchmal satirisch bissiger Tonfall mit einer nicht mehr zu leugnenden Verachtung der bürgerlichen Gesellschaft – der er ja nicht zuletzt aufgrund seiner Erfolge, aber auch einer guten Partie angehörte – gegenüber weg. Walter Ulbrich beginnt deswegen auch „Zwei Jahre Ferien“ mit mehreren Off- Erzählern. Einer fasst die politischen Geschehnisse in einer Hommage an die Karl May–Filme – Überfall auf einen Goldtransport und der intelligente Revolutionär/Verbrecher wird von einer verirrten Kugel getroffen – eher unglaubwürdig zusammen. Wenn insbesondere politisch herausragende Köpfe einer konterrevolutionären Bewegung mitten in der Aktion getötet werden, ist es sehr unwahrscheinlich, dass seine Helfer den Lohn der Tat pflichtschuldig irgendwo für die kommenden Zeiten verstecken. Aber insbesondere die zu lange Exposition ist notwendig, um die Antagonisten – die notorischen Betrüger und Mörder Pike und Forbes - schon einmal als Bedrohung ins rechte dunkle Licht zu rücken. Danach tritt der Ich- Erzähler Dick Sand auf, der als Schiffsjunge die Reise mitmachen sollte. Vom Leben als Waisenkind gebeutelt und schon als achtjähriger auf die See geschickt fehlt seiner Off- Erzählung ein wenig die seemännische Routine eines inzwischen erfahrenen Schiffsjungen, nicht selten wirkt er ein wenig zu fein und linkisch. Mit einem fast bissigen Kommentar auf die Arroganz der besseren neuseeländischen Gesellschaft beginnt dann Ulbrich die anderen jugendlichen Protagonisten, die kleine Mannschaft des Segelschiffes und schließlich auch ungewöhnlich farbenprächtig und mit einfachen, aber sehr effektiven Sets ausgestattet das Neuseeland des 19. Jahrhunderts vorzustellen. Das Drehbuch braucht insbesondere in der ersten Hälfte des Auftaktteils „Die Flaschenpost“ selbst für die erzählerische Breite dieser Vierteiler sehr lange, bis die einzelnen Protagonisten in Position sind und nicht selten wirken einige der Ideen zwar auf den ersten Blick nett – die Lotterie, um die sieben Jungen zu bestimmen, die eine Ferienfahrt um Neuseeland auf dem Schoner machen dürfen – ziehen sich aber in die Länge. Kaum auf dem Meer lebt die Folge deutlich auf, ohne einen wirklichen Eindruck von dem selbst auf einem so kleinen und unmilitärischen Schiff Leben der Seefahrer zu zeigen, vieles wird ein wenig zu romantisch verklärt und bis zum Auffinden der Flaschenpost herrscht in der Folge im Grunde bis auf einige ominöse Anmerkungen Dick Sands auf dem Off keine Spannung vor. Kaum hat die Jungenddie Botschaft erreicht, überschlagen sich zumindest kurzfristig die Ereignisse. Die Insel wird gesucht, die beiden Schiffbrüchigen in einem verwahrlosten Zustand gefunden und gerettet. Scheinbar nur wenige Tage später zündeln sie auf dem Schiff, um die Lebensmittelvorräte zu vernichten und den Kapitän zu zwingen, eine Insel in der Nähe anzulaufen und der einzige Verdächtige wird ermordet. Diese Tat kündigte Dick Sand unnötigerweise mehrmals auf dem Off an, um überhaupt in der Auftaktfolge über einen kleinen Spannungsbogen zu verfügen. Hier wäre es sinnvoller gewesen, das kaum vorhandene Geschehen sehr viel kompakter und vor allem stimmiger zusammenzufassen, um später insbesondere in der Abschlussepisode mehr Raum zu haben. Dieser wird bei der Auflösung des Plots dringend benötigt.
In der zweiten Folge „Die Meuterei“ beginnt Ulbrich intensiver mit der Zeichnung der wichtigsten Charaktere. Die Mannschaft inklusiv des eher väterlich strengen Kapitäns der „Slougi“ wird von den Verbrechern auf See ausgesetzt, nur der junge Erzähler Dick Sand bleibt an Bord. Somit stehen Sand und Doniphan – als hervorstehender Vertreter der jungen „Admiräle“ – den Berufsverbrechern Forbes und Pike in einem Duell auf mehreren Ebenen – zuerst intellektuell, später auch in Bezug auf körperliche Auseinandersetzungen – gegenüber. Da sie alle in dieser Folge auf dem Meer von jeglicher Zivilisation isoliert sind, werden die einzelnen Charakterzüge sehr überzeugend trotz einer fast fehlenden Weiterentwicklung der Handlung herausgearbeitet. Dick Sands ist der Opportunist. Mehr und mehr arbeitet sich nach einer eher ambivalenten Darstellung in der Auftaktfolge Franz Seidenschwan in seine tragende Rolle hinein und beginnt über einen gelangweilten, fast distanzierten Gesichtsausdruck hinaus Emotionen zu zeigen. Im Verlauf der Ereignisse beginnt er zum ersten Mal in seinem Leben eine eigenständige und für sein Wohlergehen auch gefährliche Position zu beziehen. Aus diesem fortlaufenden Entscheidungsprozess gewinnt er das Selbstvertrauen, den ihn im Grunde gleichgültigen Jungen aus gutem Haus zu helfen. Sand hat ein natürliches Gefühl für Recht und Unrecht, dazu einen gesunden Selbsterhaltungstrieb. Das die Geschehnisse auf dem Segler eskalieren, ist zum Teil aber auch seine Schuld. Er hätte viel früher den Kapitän von seinen Beobachtungen unterrichten können und müssen. Das Argument, dass ihm nach acht Jahren an Bord immer noch keiner glaubt, wirkt er für ein notwendiges Konstrukt des Drehbuchs. An seiner Seite ist Doniphan, der Abkömmling aus dem einflussreichsten Haus. Marc di Napoli spielt den Hitzkopf - der bislang auch gegen seinen Willen sehr behütet und fast Welt abgeschieden aufgewachsen ist – sehr überzeugend. Seine Handlungen werden oft mehr von seinem Stand als seinem Verstand bestimmt. Trotzdem übernimmt er uneigennützig in einigen Situationen auch die Verantwortung und lässt sich für Dick Sand von den Meuterern mit der Peitsche bestrafen. Das sich diese nicht nur intellektuell, sondern vor allem von ihrer Herkunft sehr unterschiedlichen Jungen doch etwas zu sagen haben, liegt in erster Linie an ihrer Vergangenheit als Waise – Dick Sand – und dem in Internaten ohne häusliche Wärme aufgewachsenen Doniphan. In den später auf der Insel spielenden Szenen bilden die beiden quasi die Ersatzeltern für die anderen Jungen.
Werner Pochath spielt einen ausgezeichneten Forbes. Boshaft verschlagen, nicht unbedingt intelligent, aber willensstark, mit einer instinktiven Furcht vor der Todesstrafe und gleichzeitig dem Reiz, die Gesetze so stark wie möglich zu seinem Vorteil zu dehnen. Nicht umsonst drückt er in seiner Mimik, Gestik und seinen Handlungen ein aus seiner verzerrten Perspektive natürliches Vorrecht auf den Schatz und damit den entsprechenden – gleichbedeutend mit gesellschaftlicher Achtung - Reichtum aus. Insbesondere in der zweiten Episode „Die Meuterei“ begeht Ulbrich nicht den Fehler, aus ihm einen insbesondere körperlich überlegenen Verbrecher zu machen, sondern charakterisiert ihn mit einer Reihe von Fehlern, die den Jungen später die Chance geben, zumindest auf Augenhöhe agieren zu können. In seinem Schatten steht Pike, eine nuancierte, aber nicht unbedingt auffallende Darstellung von Rainer Baselow. Er ist hier der geborene Handlanger, der im Rahmen seiner Anweisungen allerdings autark agieren kann und handelt.
Die zweite Folge spielt überwiegend auf See. Die Kameraarbeit fängt die einzigartige Atmosphäre des offenen Meeres sehr gut ein. Die Befreiung eines Mitgefangenen aus dem Gefängnis gehört allerdings aufgrund der fast naiven, wenig spektakulären und vor allem ein wenig einfallslosen Inszenierung zu den Schwachpunkten der Folge. Fast aus dem Nichts heraus entschließen sich Forbes und Pike – für den Zuschauer nicht nachvollziehbar – ihren Kameraden zu befreien, da er anscheinend wichtige Informationen über die Navigation und die Lage der Insel lesen kann. Warum sie nicht nach ihrer ersten Flucht – die immerhin ebenfalls zwei Jahre zurückliegt, in denen sie auf der Insel dahin vegetierten – diesen aus ihrer Sicht notwendigen Versuch unternommen haben, bleibt ihr Geheimnis. Ebenfalls wie ein Kompromiss wirkt der zweite Fluchtversuch der Jungen mit einem Planwagen. Sie werden von den Maoris mit Pfeil/Bogen unter Feuer genommen und die Verbrecher hauen sie in letzter Sekunde in Wild West Manier aus ihrer Bedrängnis heraus. Das ausgerechnet einige der neuseeländischen Farmer/Verbrecher wie Cowboys aus den Karl May-Western aussehen und ihre Waffen ebenso gelangt ziehen können, trägt nicht unbedingt zur exotischen Atmosphäre Neuseelands bei. Trotz dieser Schwächen überzeugt der zweite Teil deutlich mehr als die Auftaktepisode. Es ist viel mehr Bewegung in der Handlung und neben der deutlich differenzierteren Charakterisierung der einzelnen Protagonisten fügt sich der Plot zu einem geradlinigen Handlungsbogen zusammen. Dazu kommt eine gewisse Tragik – so verliert der in letzter Sekunde bekehrte Seemann O´Brian heroisch sein Leben, um den Jungen inklusiv Dick Sand zumindest vorläufig die Freiheit zu schenken.
Insbesondere in der dritte Episode „Eine Küste ohne Namen“ konzentriert sich Ulbrich auf die zugrunde liegende Arbeit von Jules Vernes und arbeitet konzentriert die in seiner Kinder- Robinsonade versteckten, aber offensichtlichen Botschaften heraus: Selbst ohne Erwachsene sowohl auf einem großartigen Schiff als auch auf einer schönen Insel müssen Ordnung, Disziplin sowie Eigenverantwortung im Vordergrund stehen. Um zivilisiert überleben zu können, muss sich die Gruppe in ihrer Ausrichtung und Dynamik auch auf die schwächsten Glieder der Kette einstellen. Geben und Nehmen müssen im richtigen Verhältnis stehen und jeder seine besonderen Fähigkeiten einbringen. Diese aus heutiger Sicht vielleicht biederen Thesen werden nicht zuletzt aufgrund der exotischen Umgebung und der vom Drehbuch geschickt in kleine, aber eng miteinander verbundene Handlungsbögen unterteilten Reise unaufdringlich und intelligent vermittelt. Das Schiff ist an der unbekannten Küste gestrandet. Sehr authentisch und ohne großen Pathos wird gezeigt, wie die Jungen sich auf ihre neue Existenz und eine längere Verweildauer an der unbekannten Küste einstellen, während insbesondere Dick Sand und Doniphan die Umgebung erkunden. Die Trennung der kleinen Gruppe erhöht deutlich die Spannung, schnelle Schnitte zwischen diesen beiden Handlungsebenen erweitern deutlich das Panorama. Schwach dagegen ist die Schilderung des weiteren Schicksals Forbes. Mit verblüffender Naivität suggeriert der den Eltern, dass er die Kinder noch in seinem Gewahrsam hat und erschleicht sich das Lösegeld. Es ist unvorstellbar, dass ein entscheidungsfreudiger Lord und sein Kapitän sich so leicht und ohne richtigen Beweis aufs Kreuz legen lassen. Wie Dick Sand in seinem Off- Kommentar deutlich betont, wird diese immer wieder herausgestellte und vor allem ihm aus seiner Sicht zustehende Glückssträhne Forbes – nur unterbrochen durch die Flucht der Kinder – für ihn zu einem Markenzeichen, an dem er moralisch gesehen am Ende des Vierteilers scheitern sollte. Das erklärt allerdings eher unüberzeugend seine oft waghalsigen Aktionen, die in erster Linie aufgrund der starren Konstruktion des Drehbuchs und nicht aus der Überlegung/Planung heraus funktionieren.
Die abschließende Folge „Die vergessene Insel“ fügt der Hochsegler- Romantik und Schatzinsel-Atmosphäre noch eine dritte Komponente hinzu. Am Ende der Episode greift Ulbrich allerdings sehr erfolglos auf Karl May zurück. Forbes und Pike finden schließlich einen Schatz, aber nicht den von ihnen gesuchten und sterben in der Höhle. Sie werden von der einstürzenden Decke erschlagen, eine perfide Schutzvorrichtung. Ob diese durch ihr unbeholfenes Auftreten ausgelöst worden ist oder das so genannte Insel- Phantom einen Einfluss gehabt hat, ist leider eine der vielen Fragen, die unbefriedigend beantwortet werden. Im Gegensatz zu den Jungen kennt der Zuschauer zumindest das Ende der Schurken, ebenfalls ist sich der außen stehende Beobachter im Vergleich zu ihnen bewusst, dass sie auf der Schatzinsel aus Forbes Karte gestrandet sind. Dieses Mehrwissen ist eines der notwendigen Spannungselemente, damit die vierte Folge überhaupt funktionieren kann. Im französischen Schnitt gehört die letzte Folge im Grunde dem Phantom. Der unbekannte Fremdling lockt die Verbrecher immer wieder in Fallen, dezimiert die Gruppe, lässt deren Schiff abdriften, so dass sie nur noch das Beiboot haben – in der deutschen Fassung spricht Dick Sand aus dem Off für ihn nicht einschätzbar davon, dass sich Forbes mit seinen Kumpeln hat absetzen lassen, obwohl die Dialoge einen deutlich anderen Sachverhalt von der inzwischen zehnten besuchten Insel wiedergeben – und stellt ihnen schließlich eine Falle. Allerdings beantworten beide Versionen nicht die Frage, wer dieser Fremdling wirklich ist und in welchem Zusammenhang er mit dem Schatz steht. So beschränkt sich die deutsche Folge auf endlose Jagdszenen – Doniphan übernimmt die Fleischversorgung und scheint zumindest keine Munitionsprobleme zu haben – und den Bau einer kleinen Hütte, sowie die Wahl eines Kapitäns – es wird der eher farblose Gordon, dem sich Doniphan nur schwer und Dick Sand in seiner fast melancholischen Art und individuellen Züge überhaupt nicht unterordnen. Ein Seitenhieb auf die Hilflosigkeit der gewählten Anführer. Diese gesellschaftlichen Seitenhiebe wird Ulbrich auch in seinem sehr guten letzten Off- Kommentar weiterführen. Das Happy-End in Neuseeland mit einer großen Feier für die Rückkehrer ist gestrichen worden, anstelle dessen berichtet Dick Sand, dass insbesondere Doniphan mit einer Reihe von Vorträgen und einer Buchveröffentlichung von ihm Schicksal erzählt und viel Geld damit verdient. In diesen Berichten kommt Dick Sand – wie in der Originalvorlage von Jules Verne – nicht vor. Sand fährt weiterhin zur See und zum Zeitpunkt der Erzählung als zweiter Steuermann auf einem der letzten Großsegler. Das rückt auch den Text näher an das Ende des 19. Jahrhunderts als die literarische Vorlage, die deutlich in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts spielt. Mit seinen Bemerkungen am Ende des letzt endlich nicht zufrieden stellenden vierten Teils zeigt Ulbrich, wie schnell Zusammengehörigkeitsgefühl über die Stände hinaus wieder dem Egoismus des Adels weicht und wie wenig einzelne Menschen aus diesem Abenteuer wirklich für sich selbst und ihr zukünftiges Leben gelernt haben.
Trotz einer Reihe von Schwächen in der Konzeption – ein sehr betulicher, fast langweiliger Auftakt und eine erkennbare Unentschlossenheit am Ende des Handlungsbogens – gehört „Zwei Jahre Ferien“ vielleicht nicht zu den besten, aber den beliebtesten Vierteilern des ZDFs. Ein bunter Bilderbogen mit dem für die Vorweihnachtszeit wichtigen Schuss Romantik, gut charakterisierte und insbesondere für ein junges weibliches Publikum verehrungswürdige Protagonisten, in seiner Ausrichtung vor allem nicht mit dem ungeheuer erfolgreichen „Der Seewolf“ zu vergleichen – bei einem solchen Vergleich hätte jeder Nachfolger trotz in diesem Fall der Nutzung einiger Schauspieler, des Segelschiffes und eindeutig an einigen Stellen gleicher Drehorte schlecht ausgehen – und eine geradlinige Handlung. Die Nacherzählung eines Jugendtraums – keine Schule, keine Erwachsenen und zum Schein eine unendliche Freiheit, begrenzt durch das unendliche Wasser, das die Insel umgibt -, in dem insbesondere jüngere Zuschauer schnell erkennen können, dass mit den Vorzügen auch die Nachteile – Eigenverantwortung, der tägliche Kampf um Nahrung oder Wasser und vor allem ein notwendiges Zusammengehörigkeitsgefühl – einhergehen. Die ruhigen Passagen hat Ulbrich sehr gut mit den düsteren Vorahnungen bzw. Hinweisen Dick Sands aus dem Off überbrückt, dazu kommt eine ungewöhnlich gute Nutzung von Archivmaterial, um Rumänien in eine Insel kurz vor der chilenischen Küste zu verwandeln. Über dreißig Jahre nach seiner Entstehung ist „Zwei Jahre Ferien“ immer noch eine gute, gehobene Unterhaltung, eine klassisch erzählte – ruhiger Aufbau, eine gute Dosierung von Charakterisierungs- und Actionszenen – Abenteuerunterhaltung. Vielleicht hat er in Bezug auf seine Ausstattung – das für die damalige Zeit hohe, aber für die Ambitionen nicht immer ausreichende Budget merkt man der Folge an einigen Stellen an – seinen jugendlichen Charme und seine innere Frische eingebüßt, trotzdem insbesondere für eine jüngere Generation, welche die klassischen Abenteuerstoffe nicht kennt eine Entdeckung wert.
Concorde Home Entertainment hat sich wieder sehr viel Mühe mit der digitalen Restaurierung der Folge gegeben. Kaum Störungen, die Farben sind kräftig, aber natürlich. Der Ton ist ansprechend. Zu den Extras gehören gesprochene Produktionsnotizen auf der zweiten DVD, eine Reihe von Bildern von den Dreharbeiten und ein kleines, informatives Booklet aus der Feder Oliver Kellnern und Ulf Mareks. Aus ihrem Buch „Seewolf & Co“ haben sie zwei kurzweilige, aber ein wenig oberflächliche Interviews mit den Hauptdarstellern entnommen. „Zwei Jahre Ferien“ sollten noch die inzwischen schon auf DVD erschienenen „Lockruf des Goldes“ und „Michael Strogoff“ folgen. Gemeinsam mit „Der Seewolf“ stellen diese vier Adventsserien Höhepunkte der deutschen Fernsehunterhaltung in den siebziger Jahren dar, einer Zeit, als die Sender – siehe auch „Kara Ben Nemsi“ – Risiken eingegangen sind, um ganze Generationen vor den Bildschirm zu bannen. Dieses Ziel hat „Zwei Jahre Ferien“ über alle Erwartungen erreicht.
DVD-Facts:
Bild: 1,33:1 (Vollbild)
Ton: deutsch Dolby Digital 1.0 Mono
DVD-Extras:
Making of, Bildergalerie, Booklet