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Sinking of Japan (DVD)

Sinking of Japan
J 2006, Regie: Shinji Higuchi, mit Etsushi Toyokawa, Mao Taiichi, Akira Emoto u.a.

Von Thomas Harbach

Ohne ihm zu nahe zu treten ist „Sinking of Japan“ – im Vorspann wird der Film stilistisch besser als „Der Untergang Japans“ bezeichnet – die asiatische Antwort auf Jerry Bruckheimers „Armageddon“. Er ist laut, politisch nicht immer korrekt, optisch ein Genuss und natürlich die Heroisierung des Individuums. Was diesem neuen Katastrophenfilm fehlt ist eine Leitfigur, ein überdimensionaler, schablonenhafter Charakter, an dem sich die Menschheit – in diesem Fall der Zuschauer – orientieren kann, dessen Entschlossenheit, der Natur und der Wahrscheinlichkeit zu trotzen die logischen Widersprüche überdeckt und dessen Opfer überlebensgroß zeigt, was es heißt, ein Held zu sein. Alle diese Elemente sind auch in diesem Film vorhanden und vielleicht ist die Affinität des japanischen Publikums zu ihren Schauspielern – zum Teil sehr bekannte Gesichter – größer, westliche Zuschauer werden sich schnell von der eher pathetisch – kitschigen - Liebesgeschichte abwenden und an der Zerstörung eines ehemaligen Weltreichs durch die Natur zwar keine Freude empfinden, aber verstört fasziniert aufgrund der überwiegend sehr naturalistischen Trickeffekte dem Geschehen folgen.

Überspitzt gesagt hat insbesondere das produzierende Studio ja eine Jahrzehnte lange Erfahrung mit der Zerstörung, insbesondere Tokios, denn überspitzt ist „Der Untergang Japans“ die Naturkatastrophenversion der unzähligen und lieb gewonnenen „Godzilla“-Filme des Studios.

Zum zweiten Mal ist der Roman Sakyo Komatsus verfilmt worden. In Deutschland ist das Buch ebenfalls erschienen. Ende der siebziger Jahre folgte eine trick- und handlungstechnisch minderwertige Fassung. Von ursprünglich 141 Minuten auf knapp unter zwei Stunden für die amerikanische Fassung und dann noch einmal auf unter neunzig Minuten für die deutsche Fassung geschnitten, ist der Film vollständig nur in Asien ohne Untertitel zu erhalten. Die Japaner haben dann noch eine Parodie produziert, in welcher die ganze Welt bis auf Japan versinkt. Eine Hoffnung, die im Geheimen viele Japaner zumindest in Richtung Korea hecken, das geteilte Korea ist die einzige Nation, die in dieser Version keine japanischen Flüchtlinge aufnehmen will.

Mit Huguchi ist für die neue Umsetzung ein japanischer Regisseur gewonnen worden, der seit vielen Jahren seine Erfahrungen mit japanischen Monsterfilmen und den entsprechenden Zerstörungen gemacht hat. Seine bislang einzige Regiearbeit ist der Film „Lorelai: The Witch of the Pacific Ocean“, ein U-Boot Drama aus dem Zweiten Weltkrieg, das zumindest in Ansätzen den Glanz und die Glorie des japanischen Kaiserreichs reaktiviert. Wie in den „Godzilla“-Filmen kommt allerdings insbesondere die Regierung nicht sonderlich gut weg. Die Tragödie wird aus der Perspektive des einfachen Volkes, der Wissenschaftler und der überforderten Retter gezeigt. Kaum ist der japanische Premierminister ums Leben gekommen, greifen die Opportunisten nach der Macht und kaufen sich mit den Volksschätzen des japanischen Volkes in den Vereinigten Staaten ein, während der Untergang der Heimat immer dramatischer Züge annimmt und sich unheilvoll beschleunigt.
Dabei ist die Entdeckung dieser heraufdämmernden Katastrophe eher einem Zufall zu verdanken. Die seismischen Aktivitäten haben Wissenschaftler schon immer beunruhigt. Erdbeben, Vulkanausbrüche, Flutwellen. In den letzten Jahren haben diese Aktivitäten zugenommen. Die Ursache liegt in einem Absinken der tektonischen Platten unmittelbar vor der Küste Japans. Dieses kontinuierliche Absinken wird die japanischen Inseln unweigerlich unter Wasser ziehen. Ein Prozess, der ungefähr dreißig Jahre dauern wird. Gleich zu Beginn des Films wird der Zuschauer mittels eines Vortrags - und vor allem schauerlich schön anzusehender Computersimulationen über dieses nihilistische Szenario - fachmännisch und doch verständlich informiert. Der Wissenschaftler Tadokoro ist allerdings anderer Meinung. Gut dargestellt von Etsushi Toyokawa, dessen Fachgebiete allerdings im Laufe des Films je nach Opportunität wechseln, hat aufgrund seiner Funde eine neue Theorie. Japan wird in den nächsten dreihundert Tagen untergehen, Erdbeben, Vulkanausbrüche und Flutwellen werden vorher schon große Teile der Inseln unbewohnbar machen. Eine Theorie, die erst von den Politikern abgelehnt und auf fünf Jahre gedehnt wird.

Dabei beherzigt „Sinking of Japan“ alle Gesetze des klassischen Desasterfilms. Auf der einen Seite findet sich eine Liebe, auf der anderen Seite entzweien sich zwei Menschen nach einer langen Beziehung. Ein guter Katastrophenfilm funktioniert am besten, wenn die unvorstellbaren Ereignisse auf eine Handvoll von interessanten und überzeugenden Charakteren reduziert werden können. Dass sich eine neue Familie findet und gleich wieder im Chaos zerbrochen wird, hätte mit dreidimensionalen Protagonisten zu den interessanten Facetten des Films gehören können.
Funktioniert aber nicht, denn die entschlossene Feuerwehrfrau Reiko – gleich zu Beginn und am Ende des Films springt sie aus einem Helikopter oder lässt sich an einem Seil herunter gleiten – wirkt phasenweise außerhalb ihres beruflichen Tätigkeitsfeldes wie das ängstliche, schüchterne japanische Mädchen in einer von Männern dominierten Welt. Dass sie ohne Helm ein schweres Motorrad fahren darf und ihren potentiellen Freund auf dem Soziussitz mitnimmt, ist schon eine soziale Evolution.
Toshio ist Tiefseetaucher – das signalisiert schon seine Bestimmung -, er verliebt sich auf den ersten Blick in die ansehnliche Reiko, will ein Angebot annehmen, nach England überzusiedeln, opfert sich aber schließlich für das japanische Vaterland - oder besser gesagt: den kläglichen Rest der noch aus dem Wasser ragenden Inseln. Die Romanze zwischen diesen beiden sehr unterschiedlichen Menschen funktioniert nicht, die Chemie stimmt nicht und vor allem wirken die wenigen Begegnungen seltsam unrealistisch.

Gleich zu Beginn des Films bestimmt aber eine klassische Hommage an John Camerons „Titanic“ die Szenerie, die beiden jungen Menschen besteigen den Förderturm eines Unterseeforschungsschiffs, Sonnenuntergang im Hintergrund, dann eine komplexe, technische sehr gut gelöste Kamerafahrt und schließlich eine Handvoll banaler Dialoge. Diese zerstören die bis dahin sehr gute Atmosphäre. Dazu kommt das Waisenkind Misaki, das am Anfang von Reiko gerettet wird und dessen Mutterstelle sie schließlich am Ende des Films annehmen wird. Wie auch Japan quasi in letzter Sekunde vor dem Versinken bewahrt wird, wird die Leere in Reiko anlässlich des obligatorischen Opfers mit einem jungen Mädchen „gefüllt“.

In „Armageddon“ ist der Vater verloren gegangen und ein Mann offiziell ins Leben der jungen Tyler getreten. Die Parallelen sind offensichtlich. Das Problem an allen weiteren Charakteren des Films ist ihre Farb- und Humorlosigkeit. Im Gegensatz zu den charismatischen, unglaubwürdigen, aber irgendwie sympathisch lebensunechten Figuren aus „Armageddon“ gehen die hier präsentierten politischen, wirtschaftlichen und Gott sei Dank nur im Hintergrund agierenden militärischen Führer mit einer Ernsthaftigkeit an die Katastrophe an, die unter den Oberbegriff knochentrocken fallen dürfte. Die Kritik an der Feigheit einiger politischer Führer beschränkt sich auf die Belobigung der Regierungssprecherin Saori. Sie darf am Ende die Bevölkerung aufrufen, Japan wieder aufzubauen, sowie aus Blut und Eisen die Zukunft zu schmieden.

Wie unsicher aber auch die Regie in Bezug auf die Charakterführung zeigt, unterstreicht die Tatsache, dass in diesem emotionalen, fast rührseligen, aber zu den Grundregeln des Katastrophenfilms gehörenden Moment zu abrupt ausgeblendet wird.

Higuchi zeigt seine Fähigkeiten sowohl in den Tricksequenzen, als auch den simulierten Bildern aus dem All. Die Aufnahmen des Satelliten – sehr eindrucksvoll die immer kleiner werdenden Inseln – werden begleitet von Bildern der Katastrophen auf den unterschiedlich betroffenen japanischen Inseln. Dieser Reiseführer des Grauens unterstreicht die nihilistische Endzeitatmosphäre besser, als alle Dialoge des Films. In Bezug auf die ökologischen Auswirkungen imitiert Higuchi allerdings Roland Emmerichs „The Day after Tomorrow“. Tricktechnisch genauso überzeugend gelingt es dem ehemaligen Effektprofi, eine spektakuläre Desasterszene nach der anderen seinem überwältigten Publikum zu präsentieren. Im Gegensatz zu vielen anderen Katastrophenfilme, die ihr Budget in ein oder zwei teure Sequenzen investieren, gehört die Zerstörung bis zur Verwirklichung eines verzweifelten Plans zum integralen Bestandteil des Films. So wackelt bei den Erdbebensequenzen nicht nur jedes Haus, auch die Kamera findet einen gewöhnungsbedürftigen Rhythmus.

Während die immerwährenden Erdbeben schnell die Geduld des Zuschauers strapazieren, sind die Flutwellen sehr überzeugend. Wenn die geschundene Bevölkerung am Hafenkai auf ihre Evakuierung wartet und plötzlich über den Horizont eine Wasserwand auf sie zurollt, wird auch der außenstehende Betrachter auf dem falschen Fuß erwischt. Wenn sich Reiko und Toshio scheinbar im Regen verabschieden, und es sich einen Moment später nicht als Wasser, sondern als Asche herausstellt – inklusiv der entsprechenden säuselnden Hintergrundmusik -, dann passen diese Szenen in den Kontext des Films. Sie wirken homogen und nicht aufgesetzt. Dass die Welt inklusiv Japan auf die Umsetzung des verzweifelten Plans des wissenschaftlichen Universalgenies wartet, vergisst Higuchi in seinem Feuereifer.

Wie in den Desasterfilmen der sechziger Jahren – da reicht das Spektrum wahrlich von „Der Tag, an dem die Erde Feuer fing“ bis zu den „Godzilla“-Epigonen – kann die Katastrophe nur durch den Einsatz einer Reihe von atomaren Sprengkörpern, am Unterwassergraben positioniert, aufgehalten, aber nicht umgekehrt werden. Während „Armageddon“ aus dieser Prämisse eine nicht unbedingt logische, aber ungemein spannende Sequenz extrahiert hat, wird das Geschehen hier trotz den im Kern gleichen Komponenten – nur Unterwasser und nicht im All – uninspiriert und zu distanziert dargestellt. Tsuyoshi Kusanagi ist nun einmal kein Bruce Willis und wird es auch nicht in zwanzig Jahren werden. Zu sympathisch, zu glatt ist er und damit fehlt dieser elementar wichtigen Szene eine emotionale Resonanz auf Seiten des Publikums. Dass sie technisch hervorragend gemacht worden ist – die besten Unterwasseraufnahmen seit James Camerons „Abyss“ – steht außer Frage, sie findet aber im Auge und nicht im Herzen des Betrachters statt.

Handlungstechnisch kann „Sinking of Japan“ seine Wurzeln zu Beginn der siebziger Jahre nicht verbergen, phasenweise ist dieser Anachronismus – hätte man den Film ungefähr vierzig Jahre in einer alternativen Vergangenheit angesiedelt wäre es perfekt gewesen – überraschend stimmig und der Zuschauer fühlt sich positiv an die guten alten Irwin Allen-Streifen erinnert.

Tricktechnisch gehört der Film zu den besten Science Fiction-Streifen der letzten Jahre, wobei die Effekte ganz bewusst den breitesten Raum einnehmen und die schwache menschliche Geschichte – oder tragischen Schicksale – überlagert.


„Sinking of Japan“ ist hirnloses Popcornkino im positiven Sinne. Ihm fehlt aber der obligatorische Humor, das Geschehen wird zu ernst und distanziert präsentiert, dem Film fehlt leider das wichtige Herz. Würden die verschiedenen Protagonisten in ihrer Charakterisierung der Tricktechnik entsprechen, wäre der Film ein weltweiter Blockbuster geworden.


Zur Besprechung lag nur die einfache DVD ohne weitere Extras vor. Das Bild im Format 2.35:1 ist kraftvoll, die Farben sind überzeugend, die Trickeffekte insbesondere auf kleineren Bildschirmen naturalistisch. Beide Tonspuren sind kräftig, die Hintergrundgeräusche gut abgestimmt, allerdings lassen die deutschen Dialoge zu wünschen übrig. Zum Teil ein wenig zu holprig empfiehlt es sich, auf die Originalspur mit vernünftigen, aber nicht herausragenden deutschen Untertiteln auszuweichen.


DVD-Facts:
Bild: 2,35:1 (anamorph 16:9)
Ton: deutsch Dolby Digital 5.1, japanisch Dolby Digital 5.1
Untertitel: deutsch

hinzugefügt: April 19th 2007
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
zugehöriger Link: Splendid Entertainment
Hits: 2966
Sprache:

  

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