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Festa, Frank (Hrsg.): Die Pflanzen des Dr. Cinderella (Buch)
Frank Festa (Hrsg.)
Die Pflanzen des Dr. Cinderella - 25 unheimliche Geschichten
Titelillustration: Dave Kendall
Festa Verlag, 2007, Paperback, 446 Seiten, 14,00 EUR, ISBN 978-3-86552-046-3
Von Carsten Kuhr
Originalanthologien aus dem Hause Festa sind immer etwas ganz Besonderes. Wie kaum eine andere Sparte, abgesehen vielleicht von der Kriminalliteratur, besticht, ja definiert sich die Schauerliteratur durch und über Kurzgeschichten. Über die Jahrhunderte legten die Autoren ein ums andere Mal verstörende Erzählungen vor, berichteten vom Einbruch des Übernatürlichen in unser scheinbar so heile Welt.
Frank Festa hat hier immer wieder ein Händchen bei der Auswahl herausragender, und zu Unrecht vergessener Preziosen bewiesen. Vorliegend hat er fünfundzwanzig unheimliche Erzählungen versammelt, die einmal mehr beweisen, wie vielfältig, aber auch gleichzeitig wie eindrucksvoll, die phantastische Literatur ihre Leser zu verstören und in ihren Bann zu ziehen weiß.
Ganz bewusst hat der Herausgeber diesmal auf aktuelle Verfasser verzichtet. Die enthaltenen Autoren lebten Ende des 19. Jahrhunderts bis Mitte des 20., das Gebotene spielt entsprechend meist zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Auffällig hierbei, wie dass neben bekannten Namen wie E. A. Poe, Robert E. Howard, W. H. Hodgson oder Bram Stoker weitgehend unbekannte oder vergessene Autoren auf den Leser warten. Dabei präsentiert Festa, wie auch in seinen Romanreihen, gerne auch deutschsprachige Verfasser. Gustav Meyrink, Karl-Heinz Strobl, Oskar Panizza, Willy Seidel sind dem heutigen Leser kaum mehr ein Begriff, obwohl sie vor dem zweiten Weltkrieg die blühende deutschsprachige Phantastik prägten. Insoweit kann der Leser hier einmal hineinschnuppern in eine vor ihn neue, unbekannte Welt des Absonderlichen, der Geister und Götter.
Wie meist bei den Sammlungen des Festa Verlages gibt es auch dieses Mal wieder Entdeckungen zu feiern. Leonard Steins Novelle um den „Flötenbläser“ ist eine solche Überraschung. Atmosphärisch ungeheuer dicht, gleitet die Handlung um ein junges, gerade verheiratetes Paar, das sich zu Ausgrabung nach Ägypten aufmacht, immer mehr ins Surreale ab und nimmt die Qualitäten eines Traumes an. Auf die junge Ehefrau wirkt das farbenprächtige Kairo, die schwül-heiße Atmosphäre und die unterschwellig laszive Ausstrahlung der fremden Welt mit ihren Bauchtänzerinnen, der Wasserpfeifen und dem hageren, gut gebauten Beduinen der ihrem Mann zur Hand geht wie ein Rausch. In Träumen lebt sie sexuelle Wünsche aus, bricht aus den engen Konventionen ihrer Welt aus, lebt und genießt ihr Dasein abseits von Zwängen und Erwartungen.
Die Novelle, die zunächst eher beschaulich beginnt, greift den Leser, fesselt ihn an die Seiten und entführt ihn an die Ufer des Nils in eine andere, eine unwirkliche und doch so lebendige Welt.
Ralph Adams Gram, der den Reigen eröffnet, ist eine weitere solch Aufsehen erregende Entdeckung. Der Amerikaner, von dem nur ein Sammelband mit insgesamt fünf Geschichten bekannt ist von denen immerhin vier die Aufnahme in vorliegende Anthologie geschafft haben, erzählt in einer fast trocken zu nennenden Art von der Begegnung seiner Protagonisten mit Geistern. Dabei lässt er en passent Eindrücke und Erlebnisse seiner Europareisen einfließen, zeichnet mit wenigen Sätzen ein realistisches Zeitkolorit der Menschen und Gegenden seiner Erzählung.
Seine Helden fußen tief in der Realität, sind streng rationale, aufgeklärte Männer und Forscher, die ganz bewusst die Konfrontation mit dem als Hirngespinsten abgetanen Übernatürlichen suchen oder für undenkbar halten - und selbigen zum eigenen Staunen und Fürchten dann doch finden. Vom Geschehen gepackt, verfolgt und verstört berichten sie ihrem Leser vom Verfall ihrer festen Überzeugungen, von Verwirrungen und Jagten des Seele, wie sie Max Brod in seiner Geschichte nennt.
Immer wieder erzählen uns die Autoren von Geistern , die unsere Welt heimsuchen. Sei es der böse Geist eines gnadenlosen Richters, der als teuflische Ratte über sein Anwesen wacht, die Seele einer Mutter, die ihr mitleidloser Sohn in eine Geige sperrt um dieser Klänge nie gehörter Intensität zu entlocken, oder das Spiegelbild-Ich, das seinen wahren Ich vor einem weiteren Seitensprung abhält - das Gebotene ist vielfältig, überraschend, spannend, verstörend nur eines ist es nie - langweilig!
hinzugefügt: April 30th 2007 Tester: Carsten Kuhr Punkte: zugehöriger Link: Festa Verlag Hits: 3100 Sprache:
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