Spider-Man 3
USA 2007, Regie: Sam Raimi, Drehbuch: Sam Raimi, Ivan Raimi, Alvin Sargent,
Musik: Christopher Young, Danny Elfman, Darsteller: Tobey Maguire, Kirsten
Dunst, James Franco, J.K. Simmons, Rosemary Harris, Thomas Haden Church, Toper Grace, James
Cromwell u.a.
Von Olaf J. Menke
Achtung, Spoiler-Gefahr!
Mit einem Rekordbudget von angeblich 300 Mio. US-Dollar hat Sam Raimi den
dritten „Spider-Man“-Kinofilm umgesetzt, der seit dem ersten Mai nun
hierzulande im Kino zu sehen ist. In den USA ist der Film mit einem
Rekordergebnis am ersten Wochenende gestartet und man darf gespannt sein, ob
der dritte „Fluch der Karibik“ in einigen Wochen dieses Ergebnis übertreffen
wird. Zur Zeit sieht jedoch alles so aus, als würde auch der dritte
„Spider-Man“ die Top Ten der erfolgreichsten Filme aller Zeiten entern
können. Die Weltpremiere fand bereits Mitte April in Japan statt, in
Deutschland feierte der Streifen seine Premiere am 25.04.07 in Berlin.
Nach den Ereignissen der ersten beiden Filme (welche szenenhaft im Vorspann
nochmal wachgerufen werden), scheint bei Peter Parker und Mary Jane Watson
alles im Lot zu sein. Peters Alter Ego „Spider-Man“ wird - trotz gewohnt
negativer Berichterstattung durch den „Bugle“ - von den Einwohnern
inzwischen akzeptiert und MJ hat eine Rolle am Broadway an Land gezogen.
Während Peters Karriere immer positiver verläuft, scheitert MJ allerdings
bereits überraschend nach ihrer ersten Vorstellung: Aufgrund der negativen
Kritiken wird sie sofort gefeuert und scheint sich nicht richtig zu trauen,
dieses Peter zu erzählen. Stattdessen wendet sie sich an Harry Osborn.
Dieser tritt hier als neuer Grüner Kobold auf, der Rache an Spider-Man
nehmen will für die irrtümliche Annahme, Parker sei für den Tod seines
Vaters verantwortlich. Nach einem spektakulärem Zweikampf wird Osborn
verletzt und von Peter Parker ins Krankenhaus gebracht. Dort wird Osborn
zwar gerettet, hat jedoch einen Gedächtnisverlust erlitten, weshalb er um
seine Abneigung gegen seinen ehemaligen besten Freund nichts mehr weiß.
Peter bekommt von MJs Problemen nichts mit und schwebt in immer höheren
Spähren, da New York ihm sogar den Schlüssel zur Stadt verleihen will,
dieses soll mit einer Party gefeiert werden. Während dieser kommt es zu
einer Wiederholung der berühmten Kussszene (Spider-Man kopfüber), in
diesem Fall ist allerdings nicht MJ die Glückliche, sondern eine gewisse
Gwen Stacy. Was Peter für die Presse inszeniert stößt bei MJ auf glattes
Entsetzen. Später hält sie ihm vor, er habe „ihren“ Kuss entweiht, ein
Hochzeitsantrag scheitert in der Folge katastrophal.
Während Peters
Privatleben ins Wanken gerät, braut sich auch andernorts Böses zusammen. Im
Job etwa gerät Peter mit einem Fotografen namens Eddie Brock in Konkurrenz,
„Bugle“-Chef JJ Jameson stellt demjenigen, der ihm als erstes ein negatives
Bild von Spider-Man vorlegt eine Festanstellung in Aussicht. Unabhängig
hiervor stürtzt ein Asteroid mit einer rätselhaften schwarzen Substanz im
Central Park ab, welche sich Peter Parker an die Fersen heftet und ein
Gefängnisflüchtling namens Flint Marko gerät in ein Experiment, bei dem sein
Körper sich in Sand verwandelt. Er überlebt diesen Unfall und mutiert zum
Sandman, fähig, seinen Körper in was auch immer zu verwandeln. Es stellt
sich heraus, dass Flint Marko am Tode von Spider-Mans Onkel Ben
Verantwortung zeichnet, weshalb Peter Parker ihn jagen und zur Strecke
bringen will was zunächst auch gelingt. Derweil schlüpft die schwarze
Substanz aus dem All in Peter Parkers Kostüm und schleichend ändert sich
Peter Parkers Verhalten, Rachsucht, Überheblichkeit und Bösartigkeit
bemächtigen sich seiner und er wird zunehmend unerbittlicher gegenüber
seinen Feinden und Freunden. Seinen Konkurrenten Eddie Brock lässt er etwa
böse beim „Bugle“-Chef auflaufen indem er ihm einer Fälschung eines
Spider-Man-Fotos nachweist, Harry Osborn wird von ihm durch eine Granate
schwer verletzt. Schließlich wird er sogar gegen MJ handgreiflich, welche
sich vorher von ihm getrennt hatte. In diesem Moment erkennt er allerdings
den Einfluss des Alien-Kostüms und versucht, es los zu werden. Da das Alien
empfindlich auf bestimmten Lärm reagiert, versucht er, es in einem Kirchturm
los zu werden. Dieses gelingt, die Substanz geht jedoch auf den zuvor von
Peter gedemütigten Eddie Brock über, welcher als Venom nunmehr einen
negativen Charakter darstellt.
Im großen Showdown wollen nun Venom und der Sandman im Team den
verhassten Feind Spider-Man ausschalten. Sie schnappen sich hierfür MJ,
welche in einem Taxi gefesselt in großer Höhe in einem grotesken
Spinnennetz als Lockmittel benutzt wird. Peter Parker muss sich dieser
Herausforderung nun stellen, bittet zuvor jedoch seinen ehemaligen Freund
Harry Osborn um Hilfe. Dieser jedoch lehnt ab, auch obwohl Peter darauf
hinweist, dass ihrer beider Freundin Hilfe brauche. Der Kampf findet
schließlich statt, wobei Sandman und Venom gegen Spider-Man mit
drastischen Mitteln vorgehen. MJs Leben ist in höchster Gefahr als der
Grüne Kobold (alias Harry) doch ins Geschehen eingreift. Die Situation
eskaliert so weit, dass der Grüne Kobold Spider-Man vor einem Angriff von
Venom schützt und dabei durch seinen eigenen Gleiter getötet wird. Das
Blatt wendet sich, als es Spider-Man gelingt, Venom“zu vernichten,
schließlich wird auch der Sandman bezwungen. Dieser entschuldigt sich zum
Schluss bei Peter Parker für die Ermordnung von Ben Parker - alles sei ein
Unfall gewesen. Peter verzeiht ihm und schließlich entschuldigt sich auch
Harry Osborn bei Parker und alles endet mit einer großen Versöhnung.
Insgesamt kann der dritte „Spider-Man“ die hohen Erwartungen nicht erfüllen.
Sicherlich wartet der Film mit zahlreichen Showeffekten und für Fans
interessanten Charakteren auf, leider wird das ganze hier (anders als noch
in den ersten beiden Filmen) aber zu stark übertrieben. Gleich drei Gegner
(erst Grüner Kobold, dann Sandman, schließlich Venom) plus deren
Vorgeschichten in einem Film aufzuarbeiten ist einfach etwas zu viel, auch
wenn der Film Überlänge aufweist. Das Drehbuch weist darüber auch einige
Schlampereien auf, speziell was das Zusammenführen der verschiedener
Charaktere angeht, etwa wenn Eddie Brock „zufällig“ gerade in der Kirche
betet, wo Spider-Man just in dem Moment versucht, das Alienkostüm
loszuwerden.
Raimi hatte kürzlich in einem Interview mit „Scifi.com“
gemeint, er habe ursprünglich geplant, die ganze Story auf zwei Filme zu
verteilen, habe sich dann aber dagegen entschieden, weil die Fans unbedingt
Venom in Action sehen wollten - dass hätte dann aber erst im vierten Teil
stattgefunden. Er wäre lieber bei seinem ursprünglichen Plan geblieben. So
wirkt der Film stark überladen, die einzelnen Ereignisse willkürlich
zusammengeschustert und nicht grade schlüssig verzahnt.
Dem gegenüber stehen
zahlreiche für einen „Spider-Man“-Film wohl unvermeidlich langwierige
Szenen, in denen über Gefühle geplaudert wird. Besonders schrecklich ist der
Schluss, in dem sich alles und jeder jedem und alles vergibt und verzeiht.
In den ersten beiden Filmen funktionierte dies gerade noch, weil mit allem
Maß gehalten wurde, hier wirkt das alles nur aufgesetzt und unrealistisch.
Die Ähnlichkeit der finalen Rettung von MJ zum ersten Film ist im übrigen
erschreckend. Dass einige Situationen aus den ersten beiden Filmen zitiert
und zum Abschluß gebracht werden verstärkt allerdings den Eindruck, dass
hier eine Trilogie in sich geschlossen werden sollte.
Dem gegenüber stehen natürlich auch einige positive Aspekte, welche vor
allen den Darstellern zu verdanken sind. Mag das Drehbuch löchrig und
überfrachtet wirken, die Darsteller liefern erneut eine perfekte Performance
ab und sehr schnell stellt sich das „Spider-Man“-Gefühl der beiden
vorherigen Filme ein. Hervorzuheben ist hierbei Tobey Maguire, dem hier
erneut eine interessante Variation des Hauptcharakters gelingt. Scheinbar im
Vorbeigehen gelingt es ihm, den Weg zu einem arroganten, bösartigen Biest
und zurück zu einem zartfühlenden Peter Parker darzustellen. Diesbezüglich
gibt es einige ungewohnte und herzhaft komische Szenen zu sehen, die man so
sicher nicht erwartet hat.
Für Fans der Comics sind sicherlich die
Darbietungen von Thomas Haden Church als Sandman sowie von Topher Grace
als Venom interessant. Während Topher Grace meiner Meinung nach ziemlich
farblos wirkt (aufgrund des Drehbuchs?), hat Thomas Haden Church im Film
einige sehr schöne Szenen, speziell die der Entstehung des Sandmans wurden
sehr gelungen umgesetzt. In den Original-Comics der Serie „Spider-Man“
tauchte diese Figur im vierten Heft auf, ist also quasi ein Klassiker. Das
Alien-Kostüm sowie Venom sind dagegen erst Mitte der Achziger und später
in der Serie aufgetaucht. Es gab damals einen nicht zu verachtenden
Werberummel um die Veränderung der Figur Spider-Mans, schließlich sollte
der Netzschwinger damals sein rot-blaues Kostüm an den Nagel hängen und ab
dort „schwarz-weiss“ in Erscheinung treten. Verantwortlich hierfür zeichnete
übrigens niemand Geringeres als Todd McFarlane, der Spider-Man ein neues
Kostüm verpassen wollte. Das kam allerdings nicht wirklich gut an und
irgendwann kehrte das klassisch rot-blaue Kostüm zurück. Das Alien-Kostüm
verselbstständigte sich dagegen und wurde später als Symbiont zu Venom.
Die Hintergründe, woher das Kostüm kam (nämlich von dem Planet der
Beyonder) und was es mit ihm auf sich hatte, werden im Film übrigens
komplett ignoriert. Eher zufällig trifft die Substanz auf Peter und entert
das Kostüm des Helden.
Neu ist auch die Figur der Gwen Stacy im Film, während diese im Comic schon vor langer Zeit gestorben ist (gemunkelt wird,
Peter habe sie bei einer Rettungsaktion versehentlich getötet). Im Film
rettet Peter sie (in einer sehr aufwendigen Szene) und es kommt zu einer
Wiederholung des berühmten „Spinnen“-Kusses - worauf MJ nicht gerade
erheitert reagiert. Interessanter ist hierbei allerdings ihr Vater im Film,
Polizeichef von NY, dargestellt von James Cromwell. Genre-Fans natürlich
kein Unbekannter, war er doch u.a. in „Schweinchen Babe“ und „Star Trek: Der
erste Kontakt“ zu sehen.
Auf gewohntem Niveau befinden sich darüber hinaus die Effekte und die Musik
des Films. Lobenswerterweise hat man für den dritten Teil doch Danny Elfman
gewinnen können, nachdem dieser sich angeblich mit Raimi verkracht haben
soll und zunächst deshalb sogar ein neues Titelthema im Gespräch gewesen
sein soll. So wurden Elemente aus den vorherigen Filmen genutzt (eben u.a.
das donnernde und inzwischen schon klassische „Spider-Man“-Titelthema)
sowie neue Elemente u.a. für Venom und Sandman. Diese trug Christopher
Young bei. Bei den Effekten ist das Finale meines.Erachtens eher misslungen, dafür gibt
es vorher im Film zum einen einen Kampf zwischen Spider-Man und dem
Grünen Kobold in den Schluchten von New Yorks Hochhäusern sowie einen
Kampf zwischen Spider-Man und Sandman in den Katakomben von New Yorks
U-Bahnschächten die mehr mitreißen. Richtig cool ist allerdings ein Kran,
der außer Kontrolle gerät, wodurch ein Hochhaus wie eine Torte an der Seite
aufgeschnitten wird und eine ganze Etage in den Abgrund rauscht. Sicherlich
eine gewagte Szene in Post-9/11-Zeiten, aber offensichtlich ist sowas
heutzutage im Film wieder erlaubt.
Um ein Fazit zu ziehen: „Spider-Man 3“ bleibt hinter den Erwartungen zurück,
auch wenn Darsteller, Effekte und das restliche Drumherum auf hohem Niveau
stehen. Aber man hätte wirklich nicht gerade am Drehbuch sparen sollen...