Severance
GB 2006, Regie: Christopher Smith, mit Laura Harris, Juli Drajkó, Judit Viktor u.a.
Von Oliver Naujoks
Nach dem fulminanten Debüt mit „Creep“ im Jahr 2004 durfte man gespannt sein, was der Brite Christopher Smith als seine zweite Regie-Arbeit vorlegt.
Inhalt: Sieben Mitarbeiter einer Waffenfirma verbringen ein paar Tage in einem osteuropäischen Wald zum „Teambuilding“, zu welchem natürlich, bei so einer Firma, auch Killerspiele wie Gotcha und Paintball gehören. Schnell müssen die Büromenschen aber zu ihrem Schrecken feststellen, dass geistig verwirrte, ehemalige Ostblock-Soldaten in der Gegend ihr Unwesen treiben und sehr reale und blutige Killerspiele veranstalten...
Kritik: Eigentlich sollte sie nur ein unwichtiges Anhängsel sein, über das man nach dem Start kaum noch spricht, bei „Severance“ kommt man aber nicht drum herum, über die PR-Kampagne zu dem Film zu sprechen, die die Wahrnehmung dieses Films nicht unwesentlich beeinflusst. Denn diese PR-Kampagne dürfte viele Zuschauer, gar nicht mal unbedingt in böswilliger Absicht, in die Irre geführt haben.
Deshalb: Was ist „Severance“? Gewiss nicht, wie Poster, Trailer und Kampagne suggerieren wollen, eine Komödie mit Splatter-Einlagen bzw. Horrorelementen im Fahrwasser von „Shaun of the Dead“. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Die Betonung bei „Severance“ liegt so deutlich auf den Genre-Elementen, dass man ihn als (leider, dazu kommen wir noch) handelsüblichen Backwood-Film mit einigen schwarzhumorigen Elementen bezeichnen muss. Im Gegensatz zu „Shaun of the Dead“ liegt die Betonung hier nicht bei den Lachern und das Genre wird keineswegs transzendiert, im Gegenteil, die Regeln des Genres werden fast zu penibel befolgt und Lacher bleiben einem häufig genug im Halse stecken.
Auch nicht ganz korrekt ist der Werbespruch „’The Office’ meets ‚Deliverance’!“, denn nur, weil es sich um Büromenschen handelt, muss man nicht gleich eine Verbindung zu „The Office“ ziehen, zumal der Film aus der Prämisse ‚Großstädtische Büromenschen treffen auf wilde Mörder im Wald’ so gut wie kein Kapital schlägt; darum, dass die Charaktere dieses Films in der Einöde aufgrund ihrer Ärmelschoner schlecht zurecht kommen, geht es in „Severance“ so gut wie nicht. Ganz im Gegensatz zu „Deliverance“ oder „Beim Sterben ist jeder der erste“ wie John Boormans Klassiker auf Deutsch hieß. Auch diese Verbindung ist deshalb nicht ganz richtig, „Severance“ stellt sich viel mehr in die durch Tobe Hoopers „Blutgericht in Texas“ begründete Tradition der Backwood-Filme, die, aus amerikanischer Produktion, häufig im Süden der USA spielen, wofür diesmal wieder Ost-Europa herhalten muss. Den Tourismusministern osteuropäischer Länder machen solche Filme die Arbeit nicht gerade leicht.
Nun ist es aber nicht gerade so, dass „Severance“ als Backwood-Film im Genre im Moment alleine auf weiter Flur steht.. Backwood-Filme hatten wir in letzter Zeit doch verhältnismäßig häufig, „Cabin Fever“, „Haute Tension“, „The Hills Have Eyes“ und „Wrong Turn“ nebst Fortsetzungen, sowie „Wolf Creek“ fallen einem da sofort ein.
Innerhalb dieses Feldes erreicht „Severance“ immerhin gehobenere Ränge, denn er ist nun wahrlich nicht gerade originell, funktioniert aber recht gut. Der durchaus vorhandene schwarze Humor sorgt für leicht schräge Charaktere, einige nette Sprüche und einige hübsch böse ausgedachte Splatter-Szenen, die die Schadenfreude des Zuschauers bedienen. Nur: Schräge Charaktere, nette Sprüche und ‚kreative Todesarten’ bieten handelsübliche Backwood-Filme in der Regel auch, so dass „Severance“ dahingehend nicht sonderlich aus der Masse heraus ragt. Was den Film durchaus sehenswert macht, sind die zumindest so weit ausgearbeiteten Charaktere, dass man halbwegs um sie bangen kann (ganz im Gegensatz zum Beispiel zu „Cabin Fever“ des völlig überschätzten und lediglich durch QT geadelten Eli Roth), sowie recht spannend inszenierte Action-Szenen und vor allem in der zweiten Hälfte ein durchaus sauber durchgehaltener Spannungsbogen. Nicht so genau darf man auf die Zeichnung der Bösewichte achten, deren Drehbuch-Erklärung für ihr raison d’etre allenfalls Feigenblattcharakter hat.
Christopher Smith inszeniert schnörkellos und setzt das erkennbar geringe Budget durchaus kompetent ein. Bemerkenswert an dem Film ist der Umgang mit den Tötungsszenen. Während er auf blutige Einlagen keinesfalls verzichtet, stellt er sich durchaus in den Gegensatz zu vielen anderen Genrevertretern und arbeitet häufig mit Aussparungen. Da werden Gags nicht auf die offensichtliche Art und Weise inszeniert und die Pointe um so wirkungsvoller nachgeliefert (die Sprungbrett-Szene z.B.) und noch interessanter sind die Aussparungen bei den vielen Tötungsszenen. Man sieht zwar regelmäßig die Waffen und später das Resultat, die Visualisierung des Eindringens der Waffen in die Körper der Opfer, spart Regisseur Smith aber konsequent fast immer aus. Das ist aber lediglich eine interessante inszenatorische Beobachtung, für schwache Nerven und empfindliche Mägen ist „Severance“ trotzdem nur bedingt geeignet.
Als Genre-Vertreter schlägt sich „Severance“ aufgrund seiner kompetenten Machart durchaus gut und kann aufgrund der ordentlichen Spannung durchaus weiter empfohlen werden. Etwas Enttäuschung macht sich angesichts des Regisseurs aber schon breit. Christopher Smith inszenierte 2004 als sein Debüt den Horror-Film „Creep“ mit Franka Potente, der aufgrund seiner äußerst starken und beklemmenden Atmosphäre einen nachhaltigen Eindruck hinterließ. Schon mit seinem zweiten Film macht er deutlich, dass er sich durchaus auch mit dem mehr oder weniger bloßen Abspulen von Genre-Konventionen zufrieden gibt. Das ist sehr schade. Da nützt es auch nichts, dass er augenzwinkernd im Finale schönen Fanservice mit einer chicks with guns-Einlage liefert oder im Abspann, wie weiland bei Kubricks Dr. Seltsam, „We’ll meet again..“ spielen lässt. Um sich mehr von der üblichen Ware von der Stange abzuheben, sollte Smith in seinem nächsten Film wieder mehr Originalität walten lassen. Bis dahin wird man mit „Severance“ recht gut unterhalten, aber leider womöglich handelsüblicher, als man vielleicht erwartet.
Fazit: Routinierter Backwood-Film aus europäischer Produktion, der schwarzhumorig und recht spannend unterhält, sich aber leider allzu sehr den üblichen Genre-Konventionen unterordnet und deshalb insgesamt allzu vertraut wirkt.