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Hohlbein, Wolfgang: Die Chronik der Unsterblichen 8 ½: Blutkrieg (Buch)
Wolfgang Hohlbein
Blutkrieg
Die Chronik der Unsterblichen 8 ½ (Episodenband)
Titelillustration von Lisa Hardenbicker
VGS, 2007, Hardcover, 342 Seiten, 19,95 EUR, ISBN 978-3-8025-3624-3
Von Britta van den Boom
Andrej und Abu Dun reisen durch Europa auf der Jagd nach einem Werwolf, der eine schreckliche Blutspur hinter sich herzieht. Sie sind selber Kreaturen der Nacht, Vampyre, die ihre Fertigkeiten und Besonderheiten jedoch zum Schutz der Sterblichen einsetzen. Als sie nach einer furchtbaren Seereise Schiffbruch in einem Land aus Eis erleiden, müssen sie nicht nur die Bedrohungen dieses ewig gefrorenen Landes überstehen, sondern auch die der vielen sonderbaren und zumeist tödlichen Kreaturen, die dort leben. Bis sie schließlich unverhofft am Ende ihrer Reise doch den Schrecken finden, den zu suchen sie eigentlich ausgezogen waren.
Wolfgang Hohlbein schreibt routiniert und gekonnt, wie es von einem Autor seiner Erfahrung auch kaum anders zu erwarten ist. Trotzdem kommt selten die Stimmung auf, die er mit diesem Werk irgendwo zwischen Fantasy und Horror-Literatur anstrebt.
Ausführliche, atmosphärische Beschreibungen von ‚unbeschreibbaren’ Dingen wie Ahnungen, mystischen Szenerien oder unheimlichen Wesenheiten erinnern an Lovecraft, schaffen jedoch nicht immer die Dichte, die beim Leser ein unheimliches Gefühl erzeugen würde. Gelegentlich bekommen sie etwas Düster-Poetisches, nehmen aber oftmals schlichtweg zuviel Raum ein.
Die Kämpfe sind lang und detailliert in Szene gesetzt und gewinnen nicht durch die deutlich beschriebenen Verletzungen und Schmerzen der Hauptfiguren, da diese ohnehin durch die Heilungsfertigkeiten der Untoten schnell vergessen und nicht mehr als bloße Dekorationen für das düstere Gesamtbild sind. Vampire sind für diese Art der Darstellung ein dankbares Mittel, denn sterbliche Hauptfiguren würden das Geschehen nicht lange überleben können.
Allerdings bleibt diese Nahezu-Unsterblichkeit neben überhöhten Sinnen die einzige deutliche vampirische Eigenart. Andrej und Abu Dun können einerseits offiziell nur durch Pfählung oder Köpfung getötet werden, fürchten aber andererseits reichlich viele Ausnahmen von dieser Regel. Sie spüren Schmerzen und Kälte, brauchen Luft zum Atmen und könnten somit theoretisch auf ihren Schifffahrten ertrinken – wobei unklar bleibt, ob sie es wirklich tun würden – und scheinen kein Problem mit Sonnenlicht zu haben. Da sie kein menschliches Blut mehr zu sich nehmen, leben sie von normaler Nahrung und würden ohne sie verhungern. Der ‚Vampyr’ bleibt somit weitgehend ein Notgriff, um das Überleben der Figuren zu gewährleisten und im Notfall eingesetzt zu werden und ist kaum ein Mittel, um ihnen Tiefe und Charakter zu geben.
Die beiden Protagonisten Andrej und Abu Dun bleiben insgesamt schablonenhaft, zu selten bekommt man in dem turbulenten Geschehen Einblick in ihr Inneres, zu sehr sind ihre Gedanken mit der gefährlichen Gegenwart oder mit den stets gleichen Erinnerungen beschäftigt. Der Episodencharakter des Buches führt gerade in dieser Hinsicht zu vielen Wiederholungen in Beschreibungen und Überlegungen, denn die einzelnen Kurzgeschichten geben immer wieder Rückblicke auf das, was vorher geschehen ist. Auch die Dialoge zwischen den beiden Vampirjägern sind oberflächlich, ihre Witze selten passend und wenig überzeugend, so dass man eines sehr genau spürt: Diese beiden Männer reisen tatsächlich schon seit einigen Jahrhunderten zusammen und haben sich schlichtweg nichts Neues mehr zu erzählen.
Dafür, dass sie sich der dunklen Berufung verschrieben haben, Untote und Monstren zu jagen und dies auch schon seit vielen Jahrzehnten tun, sind sie zudem teilweise überraschend naiv, leicht zu beeindrucken und zu erschrecken und trauen selten ihren eigenen Instinkten. An Stellen, an denen der Leser längst weiß, dass da etwas faul an der Sache ist, versucht sich Andrej noch immer wieder davon zu überzeugen, dass er sich unnötig Gedanken macht – ein erzählerisches Mittel, das bei diesen Charakteren seltsam fehl am Platze erscheint und sie wenig glaubhaft auftreten lässt. Zudem sind sie selten wirklich handelnde Personen, sondern reagieren meist nur. Sie sind die Spielbälle von Ereignissen, die sie ursprünglich einmal angestoßen haben, stolpern dann aber nur von einem Zufall zum nächsten, laufen sehenden Auges in verschiedene Fallen und werden von den anderen Figuren des Buches manipuliert. Etwas mehr eigene Aktionen, selber gesteuerte Entscheidungen und eine Geschichte, in der sie als Hauptakteure auch wirklich agieren können, hätten dem Buch gut getan.
Die Aufmachung des Hardcovers ist angenehm mit dem reduzierten schwarzweißen Cover, auf dem nur der Buchtitel rot zu sehen ist. Im Buch irritiert allerdings, dass die Schrift recht groß und mit deutlichem Zeilenabstand gesetzt ist, zudem ist der Rand sehr üppig. Wer von dem doch immerhin 340 Seiten starken Buch also ausgiebigen Lesestoff erwartet, wird enttäuscht – mit einer anderen Setzung wären die fünf Geschichten auch als ein eher schmales Taschenbuch gut aufgelegt gewesen.
hinzugefügt: May 14th 2007 Tester: Britta van den Boom Punkte: zugehöriger Link: VGS Verlag Hits: 3371 Sprache: catala
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