|
Vance, Jack: Cugels Irrfahren - Dying Earth 1 (Buch)
Jack Vance
Cugels Irrfahrten
Dying Earth 1
(The Eyes of the Overworld/Cugels Saga, 1966/1983)
Aus dem Amerikanischen von Lore Straßl
Titelillustration von Mark Harrison
FanPro, 2006, Paperback, 525 Seiten, 15,00 EUR, ISBN 9783890644622
Von Armin Möhle
„Cugels Irrfahrten“ enthält die (Episoden-) Romane „Die Augen der Überwelt“ (deutsche Erstveröffentlichung als TERRA TB 277, 1976) und „Cugel der Schlaue“ (deutsche Erstveröffentlichung als Knaur TB 5808, 1987) des US-amerikanischen Autors Jack Vance. Die Romane greifen den Handlungsschauplatz des ersten Romans des Autors auf: „Die sterbende Erde“ („The Dying Earth“, 1950, deutsche Erstveröffentlichung bei Irle erst 1995). Beschrieben wird die Erde, in ferner, ferner Zukunft, deren Sonne zu erlöschen droht und auf der die Magie an die Stelle der Wissenschaft getreten ist (was auch den Schluss zulässt, dass es sich nicht um die Erde handelt ...).
In „Die Augen der Überwelt“ lässt sich Cugel zu seinem Einbruch in die Burg den Zauberers Iucounu überreden, der prompt scheitert. Iucounu zwingt Cugel in seinen Dienst: Cugel soll in Cutz, einem mehrere tausend Meilen entfernten Landstrich, eine zweite Augenkuppe (wir würden wohl ‚Kontaktlinse’ dazu sagen), die magische Kräfte besitzt, beschaffen. Das gelingt ihm relativ schnell. Die übrigen Episoden schildern die Odyssee seiner Rückkehr, bis er in Almery, seiner und Iucounus Heimat, von dem Zauberer überlistet wird und sich erneut am Shanglestone Strand wieder findet.
Der siebzehn Jahre später entstandene Band „Cugel der Schlaue“ setzt hier ein. Es scheint, dass sich auch Vance der Tendenz des Genres zu dicken Büchern, Fortsetzungen, endlosen Zyklen usw., die in den achtziger Jahren begann, nicht entziehen konnte und/oder wollte. Das Artefakt, das Cugel diesmal zu Iucounu bringen will, ist eine mächtige Schuppe des Dämons Sadlark, der in einem Sumpf in seine Bestandteile zerfiel (sic!). Cugel nimmt einen anderen Weg nach Almery zurück, auf dem er weitere, umfangreichere Abenteuer als in „Die Augen der Überwelt“ erlebt.
Der Altersunterschied zwischen den zwei Bänden tritt deutlich hervor: „Die Augen der Überwelt“ umfasst etwa 200 Seiten und schildert (vor einer Ausnahme abgesehen) Geschehnisse, die in ein und derselben Story beginnen und enden. „Cugel der Schlaue“ weist dagegen einen Umfang von 300 Seiten auf und beinhaltet Geschichten, die komplexer sind, d. h., sich über mehrere Einzelepisoden erstrecken. Den beiden Bänden gleich ist der überbordende Ideenreichtum des Autors, sowohl in den (Einzel-) Handlungen als auch in den Beschreibungen, der in einige sehr originelle Geschichten mündet. Zeitgenössische (Fantasy-) Autoren würden aus dem Plot einer einzigen Vanceschen Story vermutlich einen kompletten Roman machen, Fortsetzungen nicht ausgeschlossen.
Der Handlungsrahmen – die Erbeutung eines magischen Artefaktes, Cugels abenteuerliche Rückkehr nach Almery und die Konfrontation mit Iucounu – ist freilich in „Die Augen der Überwelt“ und in „Cugel der Schlaue“ identisch.
Cugel ist für die Fantasy ein untypischer Protagonist. Er ist keine Identifikationsfigur für den Leser, aber auch kein Bösewicht. Cugel ist opportunistisch, raffgierig und betrügerisch, neigt jedoch nicht zu Mordtaten und wird am Ende der Episoden meist selbst übervorteilt, wobei er die mehr oder minder bescheidenen Reichtümer, die er sich verschaffte, wieder verliert. Seinen mitunter außergewöhnlichen Plänen stehen nämlich meist eklatante Fehleinschätzungen der Situationen gegenüber, in denen er sich befindet.
Vance zeigt sich in „Cugels Irrfahrten“ als sorgfältiger Stilist. Er hatte offenbar bereits in den sechziger Jahren ein hohes stilistischen Niveau erreicht, das zu steigern ihm nicht mehr möglich war. Womöglich hielt er das auch nicht mehr für erforderlich. Unpassend sind allenfalls die förmlichen Dialoge, die seine Protagonisten in „Die Augen der Überwelt“ und „Cugel der Schlaue“ auch noch im Angesicht ihres nahen Todes pflegen.
Es ist erfreulich, dass FanPro diese zwei Kleinode der Fantasy dem Leser wieder zugänglich gemacht hat. Dass Wiederholungen der Handlungsmuster der Romane im Allgemeinen und in den Episoden im Speziellen in einem Doppelband deutlicher auffallen als in einzelnen Bänden, liegt in der Natur der Sache. „Cugels Irrfahrten“ wird vorbildlicherweise durch eine Bio- und eine Bibliografie des Autors abgerundet.
Es ist zu hoffen, dass auch der dritte bzw. vierte Band, der auf der sterbenden Erde spielt, „Rhialto der Wunderbare“ (1996, Irle), bei FanPro erscheinen wird.
hinzugefügt: May 22nd 2007 Tester: Armin Möhle Punkte: zugehöriger Link: FanPro Hits: 3728 Sprache:
[ Zurück zur Übersicht der Testberichte | Kommentar schreiben ] |
|