Dirk van den Boom
Tentakelschatten
Titelillustration von Christian Kesler
Atlantis Verlag, 2007, Paperback mit Klappenbroschur, 212 Seiten, 12,90 EUR, ISBN 978-3-936742-82-0
Von Carsten Kuhr
Die Menschheit ist alleine im Universum, so dachte man bislang zumindest. Trotz aller Expansion, mehr als ein paar leidlich intelligente Tiere haben die Forscher nie entdeckt. So besiedelten die Menschen die lebensfreundlichen Planeten, und gründeten Kolonien. In den Befreiungskriegen wurden die Aufstände blutig niedergeschlagen, die menschliche Hegemonie wird seitdem vom Militär und den übermächtigen Handelsfamilien beherrscht.
Doch dann, eines Tages muss die Menschheit erkennen, dass all ihre Annahmen fehlerhaft waren.
Es gibt intelligentes Leben da draußen, Leben, das hochgerüstet ist, Leben, das neuen Raum zum Expandieren sucht, Leben, das die verstreuten Kolonien nahezu zeitgleich angreift und die Menschen als Nährboden für die Aufzucht ihrer Sporen betrachtet, Leben, das die Menschheit vernichten will.
Dies ist die Geschichte des Überlebenskampfes der Menschen, die Geschichte von mutigen Männern und Frauen, Zivilisten und Soldaten, Wissenschaftlern und Politikern die sich gegen den drohenden Untergang auflehnen, die zurückschlagen, die den Tentakelwesen trotz aller Überlegenheit zeigen was eine Harke ist ...
Dirk van den Boom hat sich schon vor geraumer Zeit als Anhänger der Military SF geoutet. Nach der von ihm initiierten SF-Reihe um den Rettungskreuzer Ikarus sowie einen „Abenteurer“-Roman, legt er nun den ersten Band der „Tentakel“-Trilogie vor.
Dabei zeigt sich, dass er seinen David Weber und John Ringo ebenso verinnerlicht hat, wie Altmeister E. E. Doc Smith, ohne dass er hier jeweils zu deutlich Anleihen nehmen würde. Geschickt bereitet er seinen Plot auf. Durch drei wechselnde Protagonisten, die jeweils aus ihrer ganz eigenen Sicht die Ereignisse um die Invasion berichten, erreicht er eine umfassende, gleichzeitig aber auch in sich spannende Darstellung der Geschehnisse. Hier nutzt er geschickt bekannte Versatzstücke entsprechender Romane - die toughe Einzelkämpferin, die sich aufmacht in einem Guerillakrieg den Eroberern das Fürchten zu lehren, der zu Unrecht aufs Abstellgleis geschobene Raumschiffkommandant, dem es mit Mut und Fortune gelingt, trotz technischer Unterlegenheit ein Raumschiff der Angreifer zu vernichten, der geniale, dabei aber an der Grenze zum Wahnsinn wandelnde Wissenschaftler, der Erfindungen wie Erkenntnisse nur so aus dem Handgelenk zu schütteln weiß, der aber ein Problem damit hat, sich mit seinen Mitmenschen auszutauschen
Das sind keine wirklich neuen Einfälle, doch in den Details und der Kombination bewirken sie eine Intensität der Handlung, die man gerade bei Military-SF-Romanen selten findet.
Dazu trägt auch bei, dass van den Boom es erfolgreich versucht, seine Gestalten als vielschichtige Menschen zu portraitieren. Das sind keine charismatischen Helden voller Selbstvertrauen, das sind Menschen, die an sich selbst nur zu oft zweifeln, die ob ihres Schicksals lamentieren, die Verluste nur schwer wegstecken, die sich aufraffen müssen um zu tun, was getan werden muss. Hier kommt Sympathie auf für die gebeutelten Charaktere, wir bewundern ihren Willen, sich nicht unterkriegen zu lassen, wir können ihre Motivation nachvollziehen. Dazu gesellen sich packend geschilderte Kämpfe, sowohl auf den besetzten Planeten, als auch in den Weiten das Alls.
Wer also Geschmack an der Mischung von Weltraum-Action und glaubwürdigen zwischenmenschlichen Schicksalen gefunden hat, der sollte es ruhig einmal mit „Tentakelschatten“ probieren, ich bin sicher, er wird nicht enttäuscht sein.