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Haunted Village (DVD)

Haunted Village
Südkorea 2006, Regie: Ahn Sang-Hoon, mit Song Yun-Ah, Lee Dong-Wook u.a.

Von Thomas Harbach

Der im Original „Arang“ heißende südkoreanische Horrorkrimi basiert auf einer alten Legende. Er setzt trotz dieser zumindest für westliche Zuschauer nicht bekannten historischen Wurzeln aber zwei Traditionen fort, die sich im immer populärer werdenden asiatischen Horrorkino ausweiten. Der Rückgriff auf grundlegende amerikanische B Pictures wie in diesem Fall „I know what you did last summer“ und die bleichhäutigen, rachesüchtigen Geister aus Filmen wie „Ju-On“ oder „The Ring“. Wer jetzt vorschnell den Film als einfaches Plagiat eines Newcomers unter den Regisseuren abtut, bricht vorschnell die Lanze. Anstatt sich gänzlich auf die potentiellen Opfer des Geists zu konzentrieren und vor allem die überforderten Ermittler außen vor zu lassen, nutzt „Haunted Village“ die fast klassischen Gesetze des Detektivgenres, um die Handlung nicht nur voranzutreiben, sondern den Zuschauer zusammen mit den ermittelnden Beamten zu überzeugen.


Der Film beginnt unmittelbar mit zwei brutalen Morden. Das eine Opfer wird in seinem Haus verbrannt aufgefunden, das andere Opfer scheint an einem Herzinfarkt gestorben zu sein. Die junge So-young - eine gute, solide Darstellung von Song Yun-Ah, die aber in deutsch unter der teilweise zu steifen, zu distanzierten Synchronisation leidet - erhält einen neuen Partner, der sich aus der Anatomie zur Feldarbeit gemeldet hat. Wie es für das Buddy-Genre unerlässlich ist, beginnen sich die beiden sehr unterschiedlichen Menschen auf den langen Beobachtungs- und Ermittlungsfahrten kennen zu lernen. Auch hier nutzt das Drehbuch sehr geschickt die fast zu Klischees stilisierten Gesetze des Polizeigenres, um die Distanz zwischen den Charakteren und den Zuschauern sehr gut zu überbrücken. Wenn So-young ihrem Partner berichtet, dass sie erstens ein Bücherwurm gewesen ist und zweitens Schriftstellerin werden wollte, kommen diese Bekenntnisse direkt aus ihrem Inneren. Ihr neuer Partner berichtet in einem Schlüsselmoment, dass ers seit er denken kann, immer mit einer Kamera herumgelaufen ist, auf der Suche nach Motiven. Im Verlaufe ihrer Ermittlungen erkennen die beiden Beamten, dass die Verbrechern unter anderem mit der gemeinsamen Vergangenheit der Männer in Verbindung stehen könnte. Das erste Opfer hat vor Jahren sich zu einem Mord an einem jungen Mädchen bekannt und ist für Jahre im Gefängnis verschwunden. Das zweite Opfer ist zusammen mit einigen anderen jungen Männern mit ihm eng befreundet gewesen. Als sie in der Heimat der Opfer nach weiteren Freunden suchen, finden sie einen Hinweis in deren E-Mail-Verkehr, der auf eine Rache von jenseits des Grabes schließen lässt.


Kritisch betrachtet verfügt „Haunted Village“ über alle Versatzstücke des Genres. Eine Gruppe junger Leute verbirgt ein Geheimnis. In ihren glücklicheren Zeiten haben sie sich natürlich alle fotografieren lassen, das grenzt die Zahl der potentiellen Opfer stark ein und hilft den Beamten bei den Ermittlungen. Eine Reihe von Geistererscheinungen einhergehend mit der raschen Reduktion der potentiellen Opfer durch grausame Morde sind folgerichtig, die Polizei tappt im Dunkeln. Ein dunkles Geheimnis wird entdeckt und die Polizisten und letzten Protagonisten müssen an den Ort der Tat zurückkehren. Dieser liegt – wie es sich gehört – in einem kleinen, abgeschiedenen Dorf. Wäre nicht der aufgesetzte und vollkommen unnötige zweite Schluss des Films, könnte ein aufmerksamer Zuschauer spätestens am Ende des Spannungsbogens auf den Gedanken kommen, es nicht mit einem Plagiat, sondern einer sehenswerten und beabsichtigen Weiterentwicklung dieser inzwischen zu Klischees erstarrten Plots zu tun zu haben. Denn „Haunted Village“ präsentiert nicht nur einen Geist, der scheinbar von jenseits des Grabes sehr effektiv Rache nimmt, die Verbindung zwischen dem dunklen, in der Vergangenheit liegenden Geheimnis und der Gegenwart ist stärker, als es die Polizistin für möglich gehalten hat. Im Zuge ihrer Ermittlungen kommt sie dank eines alten Videos zu der Erkenntnis, dass damals nicht vier junge Männer an der Tat beteiligt waren, sondern fünf. Und dieser fünfte Mann könnte nicht ein weiteres Opfer des Geistes, sondern für die Morde an den Mittätern verantwortlich sein. Kaum ist sie zu dieser Erkenntnis gekommen, beginnt der Film an Hand einer Reihe von sehr intelligent gestalteten Rückblenden die Tat zu zeigen, sondern die Beziehungen zwischen den einzelnen Tätern und Opfern. Kaum hat sich der Zuschauer mit dieser Idee auseinandergesetzt, fügt der Film im nihilistischen Ende sogar eine weitere Ebene hinzu. Anscheinend hat jemand anders mit großem Einfluss die Tat abgeschlossen und die Schande, welche auf dem eigenen Haus lastet, in dem alten Salzhaus getilgt. Diese Sequenz gehört zum eindrucksvollsten nicht nur dieses Films, sondern des modernen J- Horrors. Bildlich offenbart sich die grausame Vergangenheit in der Unvergänglichkeit des Salzes. Leider hält der Film diese stimmungsvolle, unheimliche Sequenz nicht lange und kehrt mit dem aufgesetzten Schluss in den Bereich des brachialen Horrors zurück.

In erster Linie überzeugt „Haunted Village“ weniger als klassisch moderne Geistergeschichte, sondern als Detektivgeschichte. Es sind ausreichend Szenen vorhanden, in denen Menschen aus für den Zuschauer bislang nicht bekannten Gründen um ihr Leben fürchten. In denen sie bleichgesichtige, langhaarige Frauen sehen. In denen sie auf übernatürliche Art und Weise ermordet werden. Zumindest scheint dem so. Je stärker das Drehbuch die Ermittlungen der beiden Polizisten in den Vordergrund stellt, um so mehr werden diese übernatürliche Phänomene in den Hintergrund gedrängt. Sie lassen sich aber nicht wegdiskutieren. Spätestens nach dem ersten Drittel folgt der Plot den Gesetzen des Detektivgenres. Der Zuschauer hat inzwischen im Gegensatz zu den ermittelnden Beamten die übernatürlichen Phänomene verfolgen können. Da zu einem modernen Horrorfilm ein Skeptiker gehört, der das Geschehen in Frage stellt, ist es eine schöne Plot-Ergänzung, in diesem Fall zwei Polizisten bei der Arbeit zuschauen zu können. Sie untersuchen die Tatorte und stellen die Hinweise zusammen. Sie müssen ihre Skepsis überwinden und im Verlaufe der Ermittlungen die unwahrscheinliche Prämisse akzeptieren, dass hinter den Vorgängen ein Geist stecken könnte. Kaum hat der Zuschauer zusammen mit der Polizistin diese Idee akzeptiert, beginnt der Film diese sehr geschickt wieder zerlegen und dem Zuschauer eine weitere Möglichkeit zu präsentieren. Diese ist von der Idee so verblüffend und einfach, dass der außen stehende Beobachter von der Entwicklung überrascht wird. Dabei sind die Hinweise über den Plot verteilt, erst im Nachhinein – durch Rückblenden unterstützt – ist erkennbar, in welchem engen Zusammenhang diverse weitere Protagonisten mit dem Opfer der Tat stehen. An einigen Stellen allerdings hat sich das Drehbuch der Notwendigkeit einer schnellen, geradlinigen Handlung untergeordnet. Nicht alle Ermittlungserkenntnisse basieren auf harter Arbeit, nicht selten kann der Zuschauer den Geistesblitzen der hübschen Polizistin ebenso wenig folgen wie das Drehbuch. Als harter, fast zynischer Polizist wirkt die hübsche junge Frau zu zerbrechlich. Insbesondere beim obligatorischen Showdown nimmt ihr der Zuschauer die aufgesetzte, harte und entschlossene Haltung zu wenig ab. Ihr Partner – dargestellt von Lee Dong-Wook – hat es in der ersten Hälfte des Films als ihr unerfahrener Schatten deutlich leichter. Als sich sein Verhalten als Fassade herausstellt, zerbricht sein Charakter zu schnell und nicht unbedingt nachvollziehbar. Die Schuldgefühle machen ihm zu schaffen, er sucht einen Ausweg und findet zumindest für einen Moment die Erlösung von seiner Vergangenheit. Zynischerweise verzichtet die bodenständige Handlung auf eine befriedigende Lösung und die Geister übernehmen wieder das Kommando. So schockierend und pragmatisch das erste Ende des Films auch sein mag, eine nuancierte Auflösung des sehr gut geplanten Plots hätte dem Film gut getan.

Insbesondere bei der Kameraführung hat sich der Regisseur bemüht, das Bild rauer und nicht so glatt poliert wie bei den gegenwärtigen asiatischen Horrorfilmen zu gestalten. Die Farben sind verwaschen, insbesondere die Außenaufnahmen überzeugen. Nur die Geistererscheinungen überzeugen in keinster Weise. Diese reduziert das Drehbuch auf eine Abfolge von Klischees. Die Opfer bekommen eine seltsame E-Mail, das Mädchen mit den schmierigen, langen Haaren taucht auf, sie können es als einzige sehen. Ein blutunterlaufenes Auge schaut die markierten Opfer an. Sie sterben auf brutale Weise. Die Polizei findet aber am Tatort keine Erkenntnisse über übernatürliche weibliche Mörder. Da sich dieses Szenario mehrfach in einem so kurzen Film wiederholt, verliert der Handlungsbogen nicht nur an Effektivität, er wirkt langweilig. Als der Plot schließlich die Möglichkeit andeutet, dass hinter den Taten kein Geist steht und die Verbindungen in der Vergangenheit enger als bislang bekannt sind, hat der Zuchauer an diesem Sub-Plot das Interesse verloren. Dadurch reduziert sich die Aufmerksamkeit und einige subtile Hinweise laufen im Nichts aus. Da es inzwischen in diesem Subgenre von Plagiaten nur so wimmelt, wäre es effektiver gewesen, die Szenen innovativer zu gestalten. Auf der anderen Seite muss das Drehbuch genau diesen Gesetzen folgen, um dem Zuschauer das Gefühl zu geben, eine bekannte Geistergeschichte zu verfolgen. Hat man diese Vorgaben akzeptiert, beginnt das Drehbuch nach und nach diese irreale Welt zu demontieren und einen gänzlich anderen Plot zu präsentieren. Der Mut, mit den Regeln des Genres zu experimentieren, sollte belohnt werden. Dem Newcomer auf dem Regiestuhl fehlt aber für ein so schwieriges Unternehmen noch die entsprechende Routine und so verlieren sich eine Reihe von guten Ansätzen in einer eher unentschlossenen Inszenierung mit einem unterdurchschnittlichen angehängten zweiten Ende.

„Arang“ kann sich nicht entscheiden, ob es wirklich eine Gruselgeschichte basierend auf einer alten Legende sein möchte oder lieber ein modernen Polizeithriller. Von beiden Genres ist ausreichend Material vorhanden, die Verbindung zwischen diesen beiden Welten funktioniert aber nicht immer überzeugend. Der Film hinterlässt eine gewisse Leere im Zuschauer. Trotzdem unterhält er auf gehobenem Niveau über weite Strecken seiner verschachtelten Handlung. Der Zuschauer muss sich allerdings von der Vorstellung trennen, einen einfachen Horrorfilm zu sehen. Dann funktioniert „Haunted Village“ überraschend gut. „Haunted Village“ bemüht sich – wie das Cover verspricht – um eine Mischung aus Filmen wie „The Grudge“ und Serien wie „C.S.I.“. Zumindest lässt sich der Film aufgrund dieser ungewöhnlichen und nicht unbedingt falschen Prämisse aus dem Heer der Geistererscheinungen herausheben

Splendid Film präsentiert den Film im ansprechenden 1,85:1-Bildformat. Die Farben sich angemessen präsentiert, der Kameramann hat an einigen wichtigen Stellen mit absichtlich gedämpften, dunklen Farben gearbeitet und diese Nuancen kommen beim gelungenen Transfer sehr gut zur Geltung. Als Tomspur empfiehlt es sich, auf die koreanische Originalfassung zurückzugreifen. Die Untertitel sind gut zu lesen. Zu den Extras auf einer zweiten DVD gehört unter anderem ein klassisches Making Of mit vielen Hinter-den-Kulissen-Szenen und leider nur wenigen guten Interviews. Das Musikvideo ist eine interessante Ergänzung, die Musik bestimmt auch das Menü der DVD. Das kurze Feature über das Produktionsdesign überlappt sich zu sehr mit den „Behind the Scenes“-Szenen, die Interviews mit der Crew und den Schauspielern sind – wie gehabt – oberflächlich und zu wenig kritisch. Die Deleted Scenes bestehen fast ausschließlich aus alternativen Perspektiven und erweiterten im Film vorhandenen Sequenzen.

DVD-Facts:
Bild: 1,85:1 (16:9, anamorph)
Ton: deutsch Dolby Digital 5.1, koreanisch Dolby Digital 5.1
Untertitel: deutsch

DVD-Extras:
Interviews, Making of, Behind the Scenes, geschnittene Szenen, Musikvideo

hinzugefügt: June 2nd 2007
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
zugehöriger Link: Splendid Entertainment
Hits: 2888
Sprache:

  

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