Metropolis 2000
Italien 1982, Regie: Enzo G. Castellari, mit Giancarlo Prete, George Eastman, Fred Williamson u.a.
Von Thomas Harbach
Für italienische Studios muss der Low Budget-Erfolg von „Mad Max“ aus dem fernen Australien wie eine göttliche Erscheinung vorgekommen sein. Nach dem Auslaufen des „Sandalen“-Genres in den frühen sechziger Jahren hat sich das italienische Kino konsequent auf die Kopie und nachfolgend Extrapolation von Hollywoodtrends spezialisiert. Von den immer brutaler werdenden Italo-Western über die Gangsterfilme der siebziger Jahre – die Giallos sind hier als originäre italienische Filmrichtung ausgenommen – bis zu den billigen Imitationen der „Star Wars“-Welle. Wobei billig hier relativ ist, denn selbst die günstigste Space Opera hat auch mit einfachsten Tricks mehr Geld verschlungen, als vier Giallos zusammen. Jetzt kommt aus dem australischen Busch eine Endzeitutopie mit einem noch geringeren Budget gedreht, als viele italienische Epigonen, die Struktur des nihilistischen Westerns wieder aufnehmend und weltweit an den Kinokassen wieder abräumend. So entstanden in wenigen Jahren eine Handvoll von Endzeitfilmen, die zwar von der Dramatik und der Action nicht an die „Mad Max“-Filme heranreichten, aber dessen Ideen mit deutlich mehr Brutalität, überzeichneten Helden und Opponenten sowie stellenweise interessanten Hintergrundideen naiv extrapolierten. Das Spektrum dieser vielleicht zwei Dutzend Endzeitopern reicht von unerträglich bis zu herrlich grotesk. Natürlich hat die italienische Filmindustrie auch ihre „besten“ und erfahrenen Leute auf dieses Genre angesetzt. Neben dem vorliegenden Film von Enzo G. Castellari – der noch zwei weitere Beiträge über den futuristischen Großstadtdschungel diesem Subgenre beifügen sollte – haben sich insbesondere Sergio Martino mit seinem „Paco“ und dem auch auf DVD angekündigten „Fireflash - Der Tag nach dem Ende“, als auch der umstrittene Joe D´Amato mit „Endgame“ um die Helden einer nihilistischen Zukunft verdient gemacht. Die Budgets waren selbst im Vergleich zum ersten „Mad Max“ allenfalls angemessen, so dass man als Hintergrund die zerfallenen Industrieanlagen nutzte – eine Idee, die wenige Jahre später Paul Verhoeven in seinem geradezu revolutionären „Robocop“ wieder aufnehmen sollte – und bizarre Autos aus allen möglichen Schrott-Teilen zusammenbaute. Hier erinnert insbesondere der vorliegende „Metropolis 2000“ an Paul Bartels Satire „Frankensteins Todesrallye“. Die Kostüme sollten möglichst extrovertiert sein, dabei ging es nicht um Bequemlichkeit, sondern einzig um Aufmerksamkeit. Die fehlenden inhaltlichen Sujets sind mit brutalen Aktionen überdeckt worden. Noch heute kann der Zuschauer dieser Trashperlen nur über den Mut der Stuntmen staunen, unter primitivsten Umständen den Hals und das eigene Leben für eine Handvoll von Lire zu riskieren. Da keiner der Regisseure im Grunde jemals etwas mit der kurzen Periode des italienischen Science Fiction-Films Ende der fünfziger und Anfang der sechziger Jahre zutun gehabt hatte, begannen sie, unkonventionelle, nicht immer logische, aber auf einem primitiven Niveau unterhaltsame Heldengeschichte mit trotz der düsteren Zukunft schönen Frauen und überdimensionalen, stereotypen Helden zu erzählen.
Mit Enzo G. Castellari ( mit„Keoma“ gelang ihm der nihilistischste Endzeitwestern per se), seit Mitte der Sechziger einer der auffälligsten und besten Regisseure Italiens in allen Genres zumindest bodenständig zu Hause, verfügt der Film über einen Filmemacher, der insbesondere dank innovativer Perspektiven und einer rasanten, sehr cineastisch plakativen Inszenierung aus dem Nichts heraus einen zumindest stimmungsvollen Film zaubern kann. Die Kombination bizarrer Pop-Kultur Erscheinungen mit den fiktiven elektronischen Autos – zumindest was die Summgeräusche angeht -, die über eine volle „James Bond“-Ausrüstung bis zum Heckraketenwerfer verfügen, hat sich dem Zuschauer ins Gedächtnis gegraben. Dabei bemüht sich Castellari, eher eine bodenständige Handlung zu entwickeln, die er im Rahmen der beschränkten Budgets gut abfilmen und mit seinem außerordentlichen visuellen Talent ausschmücken kann.
Die Ausgangslage orientiert sich natürlich am klassischen Prinzip. Nach dem Atomkrieg liegt die zertrümmerte Zivilisation einmal mehr in Schutt und Asche. Überall herrscht Anarchie. Die wenigen, die diese Katastrophe überlebten, ziehen als friedliches Nomadenvolk durch die trostlose Einöde. Daneben existieren aber noch Plünderer und religiöse Fanatiker, Templer genannt. Sie haben sich die Aufgabe gestellt, die Erde von den Menschen zu reinigen. Unabhängig davon, dass sie sich mit diesem Vorgehen die eigene Existenzberechtigung absprechen. Aber wie so oft bei diesen fanatischen Gruppen spielt die alte Regel, was Du nicht willst, dass man dir tut, das füge auch keinem anderen zu, keine Rolle. Da der Rest der menschlichen Zivilisation aus zersplitterten, kleinen Gruppen besteht, haben sie mit ihrer im Vergleich noch modernen Technik ein leichtes Spiel.
Es ist interessant, wie sehr Castellari in seinem Film religiösen Wahn mit latent politischer Macht, aber dominierender Technik verbindet. Dieser unheilvollen Kombination kann die Menschheit bzw. deren Reste nur eines entgegenstellen, einen primitiven Helden, der über einen herausragenden Instinkt und bodenständige Intelligenz verfügt, der Einzelgänger Scorpion nämlich. Giancarlo Prete wirkt in dieser Rolle reichlich unscheinbar. Obwohl er über ein schwarzes Gefährt verfügt und vor allem auch einen Raketenantrieb – zumindest in Bezug auf die Autoentwicklung stellt die Zukunft keine Einbahnstraße dar - kann er seine wortkarge Rolle als charismatischer Held und Rächer nicht gut ausfüllen. Der Unterschied zu den „Mad Max“-Filmen liegt auch in seiner Charakterisierung als offensichtlicher Held. Während Mel Gibson im ersten „Mad Max“-Film eine persönliche Rechnung zu begleichen hat, fungiert dieser insbesondere im zweiten Film als egoistischer Söldner, der über weite Strecken das Geschehen in und um die belagerte kleine Siedlung passiv beobachtet. Erst als sein eigener Lebensraum bedroht wird, beginnt er zu handeln und mit einem intelligenten Plan die Angreifer zu täuschen. Er ist als Charakter deutlich nuancierter und dunkler angelegt, als die Figuren der italienischen Filme es überhaupt versuchen. Mit einer stoischen Mimik, einem zynischen Humor in rudimentärer Form und vor allem keinem überzeugenden Motiv, die Templer zu besiegen, wirkt sein Verhalten aufgesetzt. Nachdem er auf seinem Streifzug gegen die religiösen Fanatiker und ihren charismatischen Anführer kleinere Niederlagen eingesteckt hat, räumt er rücksichtslos mit ihnen auf und kann den wenigen überlebenden Menschen – nach diesem Film hat sich ihre Zahl noch einmal sehr deutlich reduziert – ein wenig Hoffnung auf eine bessere, lebenswertere Zukunft schenken. Das mit George Eastman ein guter Schauspieler mit einem deutlichen Hang zur Selbstinszenierung die Templer anführt, lässt Prete noch eindimensionaler erscheinen.
Die Dialoge – ob es nur mit der deutschen Synchronisation zusammenhängt oder die italienischen Originalgespräche sich auf dem gleichen Niveau bewegen, lässt sich nicht eruieren - sollen in erster Linie die Zeit zwischen den mannigfaltigen Actionszenen überbrücken und nicht die einzelnen Figuren beleuchten. Hier geht es um Positionskämpfe in einer nicht mehr erkennbaren Zivilisation und wenn die Templer die Bibel auf den Kopf stellen, ist das historische betrachtet nicht einmal eine neue Idee, sondern im Grunde eine zynische Extrapolation der Kreuzzüge.
Claudio Simonetti von den Goblins hat einen wirklich hörenswerten, sehr schönen Soundtrack zum Film beigesteuert, und wie bei den Italowestern werden schwächere Passagen durch diese atmosphärisch stimmige Hintergrundmusik aufgehellt und die bizarre Atmosphäre unterstrichen. Im Gegensatz allerdings zu den oft einfallsreich inszenierten Italowestern bleibt die Kamera blass. Zwar werden reichlich Schnitte insbesondere bei den Verfolgungsjagden angeboten, aber aus einem VW macht man selbst keinen Ferrari, wenn sich die Kamera auf Höhe der in diesem Fall übertrieben verkleideten Räder befindet. Die Verkleidungen der Autos machen diese Fahrzeuge „optisch“ einfach langsamer und wenn die unendlichen Arsenale geleert werden, zeigen insbesondere die künstlichen Explosionen die Budgetschwächen auf.
Eine komplizierte oder gar komplexe Handlung gibt es in allen Filmen dieses Genres nicht. Eine kurze Erläuterung der Ist-Situation mangels Tricktechnik aus dem Off ist obligatorisch, um die Stimmung und die Zeit festzulegen. Stattdessen wird Wert auf Action gelegt und zwar in gut verteilten Abschnitten regelmäßig über den ganzen Film verteilt. Angriffe der Templer auf harmlose Nomaden mit etlichen Explosionen, halsbrecherischen Stunts und schicke Slowmotion-Einstellungen von allerdings manchmal fragwürdigen Szenen bilden die Höhepunkte. Insbesondere die Zeitlupeneinstellungen haben auch den Nachteil, dass sie schnelle, rasante Szenen bis zur Unendlichkeit dehnen und dieses Instrument wird im vorliegenden Film ein wenig zu oft und viel zu lange eingesetzt.
Da eine Konfrontation zwischen einer Gruppe von religiösen Fanatikern und einem Mann zu einseitig gewesen ist, hat Castellari Pere eine kleine Handvoll von ausgesuchten Helden an die Seite gestellt, die ihm das Leben als Schauspieler endgültig vermiesen könnten. Insbesondere Fred Williamson („Boss Nigger“, „From Dusk Till Dawn“) als Bogenschütze Nadir wirkt wie eine Mischung aus Robin Hood und Astronaut. Seine Rüstung negiert Fred Williamson sehr sportliche imposante Erscheinung. Er kann sich anscheinend nur eingeschränkt bewegen und wirkt deswegen mehr als einmal fast lächerlich. Es wäre sinnvoller gewesen, Fred Williamson eine interessante Rolle zu geben und die Kunst des Bogenschießens der weiblichen Protagonistin zu überlassen. Trotzdem sind seine Pfeile einer der wenigen originellen Ideen. Sie sind mit kleinen Sprengkapseln versehen – dass diese die Flugeigenschaften behindern, verschweigt das Drehbuch gnädigerweise - und wenn er mit diesen Explosivgeschossen die Templer beharkt, fliegen Köpfe oder zerfetzen ganze Körper nach Belieben.
Wie schon die mannigfaltigen Kriegsfilme Ende der siebziger Jahre bewiesen haben, ist die Zahl der Toten relativ hoch. Die Waffen sind im vorliegenden Film allerdings sehr kurios und sorgen für Verwunderung bei den Zuschauern. Vor allem im Hinblick auf diese dunkle Zukunft, von der man im Off gesprochen hat. Wenn eine kleine Gruppe über diese Arsenale verfügt, sollte man lieber nicht die Frage stellen, was noch alles in den Bunkern der vielleicht im Hintergrund vorhandenen Regierungen liegt. Aber auf eine politische Korrektheit wird in diesen Filmen noch weniger Wert gelegt, wie auf eine logische Handlung. So haben die Templer beispielsweise von Flammen- und Raketenwerfern bis hin zu Speeren allerlei Gerätschaften in ihre Fahrzeuge integriert, die sie bei Bedarf ausfahren lassen, um die hilflosen Menschen zu massakrieren. Scorpion hat von einem Bohrer bis hin zu in seinem Heck installierten Raketen aber einige Ideen entgegenzusetzen, um sich während der zahlreichen Verfolgungsjagden die unsympathischen Zeitgenossen vom Hals zu halten. Nicht selten hat der Zuschauer das Gefühl, als wurden die Lager der italienischen Kriegsproduktionen reichlich geplündert, um die Löcher der Handlung mit einer Unzahl von Requisiten zu stopfen. Wenn der Plot klemmt, ist es immer sinnvoll, die einzelnen Protagonisten in Bewegung zu halten. Und dieser alten Maxime folgt Castellari reichlich.
Die Choreographie der Actionszenen bewegt sich deutlich über dem Niveau durchschnittlicher Italo-Produktionen und ist in Anbetracht der ziemlich riskanten Stunteinlagen und der abwechslungsreichen Inszenierung ein Garant für kurzweilige Unterhaltung.
Wie in seinen zahlreichen anderen Filmen kann Castellari aus dem Nichts heraus mit im Grunde Schrottmaterial eine nihilistische, postapokalyptische Atmosphäre entstehen lassen. Dabei sind es vor allem die kleinen Ideen wie der Sex unter dem Sauerstoffzelt mit der stereotypen Schönheit – Anna Kanakis wirkt nicht zuletzt aufgrund ihrer Dauerwellenfrisur und ihrem stereotypen Gesichtsausdruck ein wenig zu schön, um in diese Zukunft wirklich geboren zu sein – oder die mobile Siedlung der friedlichen Menschen – also Opfer - , die auch heute noch Freude machen. Da sie auch von einem friedlichen Priester angeführt werden, ist eine der simplen, aber effektiven Ideen des Drehbuchs. Dass sie wie eine idealisierte Hippie-Kommune mit freiem Sex – siehe natürlich der omnipotente schwarze Mann – auf einem Schrottplatz in einer nicht näher bezeichneten Plastikzukunft wirkt, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Wie allen Filme dieses Subgenres geht es in erster Linie darum, aus den amerikanischen Vorbildern möglichst viele Ideen mit der bizarren Optik und ausufernden Brutalität der italienischen Kriegsfilme zu kombinieren, an die Kinokassen zu stürmen, in kürzester Zeit möglichst viel Geld einzusammeln und wieder im Nichts zu verschwinden. Diese Aufgabe erfüllt der Held dank einiger kleinerer Überraschungen im Drehbuch – die alle allerdings auch futuristisch umgesetzt aus den Italo-Western der sechziger und siebzige Jahre stammen könnten - den Umständen entsprechend gut. Auch wenn der wackere Antiheld zwischenzeitlich in arge Bedrängnis gerät und erst durch die treffsichere Schützenhilfe von Nadir mit dem Leben davon kommt, läuft „Metropolis 2000“ zielsicher auf einen finalen Konflikt zwischen den Templern und der harmlosen Kommune zu, deren Behausungen in Schutt und Asche gelegt werden, bevor Scorpion, Nadir und der kleine Mechaniker zu Hilfe eilen können und in einem infernalen Gunfight mit der Übermacht aufräumen können.
Ein Duell in Italowestern-Manier mit Anleihen an „Für eine Handvoll Dollar“ bildet den spannenden Höhepunkt dieses Showdowns, in dessen Verlauf Castellari es noch einmal kräftig krachen lasst und zeitweise sogar die Grenze zu eigenständiger Originalität überschreitet. Dass das Budget nicht für eine ferne Zukunft ausgereicht hat, der Film vor der Einführung der Computertricks entstanden ist, die aus einer Low Budget-Produktion zumindest für den Augenblick der einen Szene ein Multi Millionen Lire – inzwischen natürlich Euro - Filmchen machen und politische Korrektheit über – zumindest außerhalb des Splattergenres – primitiver Unterhaltung steht, sollte dem potentiellen Käufer – der die Filme nicht beizeiten auf der großen Leinwand im Kino um die Ecke gesehen hat – vor Augen gehalten werden. Hier handelt es sich um Filme, die in den siebziger und achtziger Jahren im Kieswerk um die Ecke entstanden sind. Das Budget hätte bei einer sorgfältigen Planung niemals für einen echten Endzeitfilm gereicht und so wurde mit viel Eigeninitiative und Einsatz aus dem Nichts heraus eine nicht besondere originelle, aber unterhaltsame Geschichte gezimmert und mit bizarren Ideen aufgemotzt.
Was „Metropolis 2000“ aus der Masse der Filme heraushebt, ist nicht nur die originelle Kameraführung, sondern vor allem der unfreiwillige Humor. Dieser ist nicht immer im Bereich der Lächerlichkeit angesiedelt, sondern sardonisch ironisch. Da die Protagonisten auf den ersten Blick reinen Chiffren ähneln und hölzern stereotyp agieren, passt die Mischung sehr gut.
Zu ernst sollte man Castellaris Werk allerdings nicht nehmen. Vermutlich tut er das selbst nicht einmal. Immerhin hat er diese Filme gedreht, um an Monatsende einen Gehaltsscheck zu erhalten. Keiner der italienischen Regisseure konnte es sich erlauben, gegen die Auftragsarbeiten der Studios zu opponieren. Gewerkschaftlich streng organisiert hatten die Männer ihre Aufträge zu erfüllen. Wenn sie heute – wie Sergio Martino – die Situation anders darstellen, um die eigen Position herauszuheben, wirkt das teilweise wie Selbstschutz. Die stimmige Atmosphäre dieser Filme wird oft durch die innovative Filmmusik - auch ein Bogen zum Italo-Western – bestimmt, die viele Budgethindernisse sehr gut überspielen konnte. Mit viel Ideenreichtum ließ Castellari seine Setdesigner ein paar Buden und Autos zusammennageln, Anzüge auftragen, die vermutlich aus einem vergessenen Science-Fiction-Film stammen, und platziert nebenher Relikte der zerstörten Zivilisation, die allerdings ominös im Hintergrund geblieben ist. Dafür reichte das Budget nun wirklich nicht mehr. Eine Tatsache, die sich übrigens durch alle italienischen Endzeitfilme dieser Epoche zieht. Die futuristisch gemeinten Waffen- und Motorensounds erhöhen den Trash-Appeal. Dafür halten sich die Maskenbildner bei der Gewaltdarstellung überraschend zurück und verfallen nicht in unappetitlichen Intermezzos. Wenn Köpfe oder Körper explodieren, gehören sie geschickt präparierten Puppen. Die häufige Anwendung von Alu-Folie allerdings in Kombination mit Silberfarbe in allen Schattierungen zeigt aus heutiger Sicht das Alter des Films am besten.
Enzo G. Castellaris im Vergleich mit anderen Filmen sehr viel weniger reaktionärem „Metropolis 2000“ gehört zu den besseren italienischen Endzeitfilmen, insbesondere D´Amatos „Endgame“ ist in dieser Hinsicht politisch fragwürdiger. Die Motive der Rächergeschichte werden geschickt aus dem italienischen Western in eine dunkle – aber nicht immer ernstzunehmende Zukunft – transportiert und dort ordentlich in allen Facetten durch die Mangel gedreht. Castellari hat aber von Beginn an den Film mit einem spürbaren Schmunzeln inszeniert, die aufgesetzte Ernsthaftigkeit mancher Billigproduktion hätte den naiven Charme deutlich negiert. Hauptdarsteller Giancarlo Prete agiert allerdings ziemlich blass und besitzt auch nur wenig Charisma. Dieses Manko bügeln Fred Williamson und George Eastman aber gemeinsam wieder aus. Dafür werden sie auch auf dem Cover erwähnt und Prete unter ferner liefen abgehandelt. Es ist schön, insbesondere den schauspielerisch nicht immer überzeugenden, aber charismatischen Williamson in einer außergewöhnlichen Rolle zu sehen, die über das stoische Rächerimage hinausgeht. Das Tempo stimmt auch dank der längeren Kämpfe, diese sind einfallsreich und zum Teil überdreht in Szene gesetzt. Immer, wenn die Unlogik des Drehbuchs die Überhand zu gewinnen scheint, verblüfft der Regisseur mit ein oder zwei außerordentlichen Szenen.
„Metropolis 2000“ ist – wie der Regisseur auch in seinem sehr unterhaltsamen Audiokommentar hinweist - im positiven Sinne unterhaltsamer Trash. Der Film selbst ist auf der neuen DVD Veröffentlichung von CMV-Laservision in einem bemerkenswert guten Zustand. Im Vergleich zu den damaligen hochgezogenen Videokassetten entfaltet sich im 2,35:1 Format die solide Kameraleistung deutlich besser, die Actionszenen wirken weniger amateurhaft inszeniert und das Tempo nicht immer nur übertrieben hektisch. Zum ersten Mal wird der Film in der Fassung ohne Jugendfreigabe ungeschnitten präsentiert. Die damaligen Kürzungen haben sich fast ausschließlich auf brutale Szenen bezogen, die Handlung aber niemals wirklich vorangetrieben. Neben dem Originalkinotrailer und zwei weiteren Trailern anderer Filme – es lohnt sich, den Trailer zu „Fireflash“ als Vergleich anzuschauen! – findet sich der Vorspann der deutschen Fassung und eine reichhaltige Bildergalerie mit den guten alten Aushangfotos. Enzo Castellari hat in seinen zahlreichen Interviews für einschlägige Magazine sich als angenehmer und vor allem auch bescheidener Interviewpartner präsentiert, dem weniger die eigene Persönlichkeit, als der Film an sich am Herzen gelegen hat. Diese Tendenz setzt sich mit dem vorliegenden Audiokommentar fort. Er geht nicht selten mit überraschend warmherzigen Humor auf die nicht immer einfachen Dreharbeiten ein und vermittelt dem Zuhörer einen guten Eindruck vom positiven Chaos an den Sets. Dieses Extra rundet die empfehlenswerte Neuveröffentlichung eines der größten italienischen Endzeit Science Fiction-Produktion mit internationalen Weltstars, einem nie erreichten tricktechnischen Niveau, einer komplexen epochalen Handlung und vor allem einem hohen Unterhaltungsfaktor empfehlenswert ab.
Hinweis: Neben einer ungeschnittenen Freigabe (SPIO/JK) existiert auch eine geschnittene DVD-Version (FSK 16).
DVD-Facts:
Bild: 2,35:1 (16:9, anamorph)
Ton: deutsch Dolby Digital 2.0 Mono, englisch Dolby Digital 2.0 Mono
Untertitel: keine
DVD-Extras:
Audiokommentar von Enzo G. Castellari (ohne deutsche Untertitel), deutscher Titelvorspann, Bildergalerie