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Ligotti, Thomas: DAS ALPTRAUM-NETZWERK (Buch)
EDGAR ALLAN POES PHANTASTISCHE BIBLIOTHEK 2: DAS ALPTRAUM-NETZWERK, Thomas Ligotti
Edgar Allan Poes Phantastische Bibliothek 2
Thomas Ligotti
Das Alptraum-Netzwerk
(My Work Is Not Yet Done)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Monika Angerhuber
Blitz Verlag 3922, Paperback, 171 Seiten, 9,90 EUR, ISBN 3- 89840-922-8
Von Carsten Kuhr
An Thomas Ligottis Texten scheiden sich die Geister. Entweder, man mag seine Erzählungen, oder man kann mit den Stories nichts anfangen. Sein Oeuvre ist bei uns bislang kaum publiziert worden. Frank Festa hat bis dato zwei Bücher mit seinen Geschichten herausgegeben („Teatro Grottesco“, Blitz Verlag ISBN 3-932171-49-7 sowie „In einer fremden Stadt, in einem fremden Land, Blitz Verlag als signierte & limitierte Sonderausgabe), im DuMont Verlag erschien „Die Sekte des Idioten“. Die großen Verlage aber ignorieren einen der Aufsehen erregenden Weird Fiction Autoren unserer Zeit.
Unbestritten ist sicherlich, dass Thomas Ligotti ganz eigene Texte vorlegt, die mit nichts vergleichbar sind, das vorher publiziert worden ist.
Dieser Band, dem ein sehr informatives Nachwort von Thomas Wagner beigefügt ist, präsentiert uns drei Geschichten. Ligotti, der nach eigener Aussage, wie viele phantastische Schriftsteller die Kurzgeschichte als seine Publikationsform bezeichnet, legt zum Auftakt einen längeren Text vor. Mit 116 Seiten nimmt „Meine Arbeit ist noch nicht erledigt" eine besondere Stellung in seinen bisherigen Publikationen ein. Thomas Wagner berichtet uns hierzu, dass Ligotti die Geschichte ursprünglich noch weiter ausdehnen wollte, dann aber doch in der vorliegenden Novellenform seinen Abschluss fand. Der Autor präsentiert uns hier eine verstörende Satire auf die moderne Arbeitswelt der Großkonzerne. Ständige interne Umstrukturierung deren Sinn unverständlich bleibt, Intrigen und Mobbing der karrieregeilen Kollegen untereinander, das Anbiedern, schleimen wäre wohl ein zutreffenderes Wort beim Vorgesetzten, das dient ihm als Bühne eines alptraumhaften Amoklaufes eines geschassten Angestellten. Sein Chef will sich dessen Konzept aneignen, und versucht unseren wackeren Frank Dominio mit Hilfe seiner Kollegen abzuschießen. Als Dominio, nachdem der Druck nicht mehr auszuhalten ist freiwillig geht, beschließt er, Rache an seinen ehemaligen Kollegen zu nehmen. Die Einkaufstour im Waffengeschäft ist allerdings überflüssig, entdeckt er doch, dass er halbstofflich die Macht hat, gar grausame Vergeltung zu üben.
Zu Beginn der Geschichte hatte ich ein wenig meine Schwierigkeiten. Zu real weckten die Schilderungen Erinnerungen an selbst erlebte Handlungsweisen im modernen Büroalltag. Ligottis zutiefst realistische Zeichnung moderner Bürotürme, der darin wie Ameisen hin und herwuselnden Menschen, die ständig mehr und schneller Arbeiten, ohne wirklich zu wissen was sie da tun, wirkte zutiefst beklemmend auf mich. Trotz des makaberen Triumphes, den verhassten Kollegen ihre verdientes Ende bereitet zu haben bleibt Dominio und damit letztlich auch der Leser zum Schluss unbefriedigt und verstört zurück. Der Autor legt hier eine Geschichte vor, die unversöhnlich, ja gnadenlos die unmenschlichen Verhaltensweisen im modernen Büroalltag porträtiert, die betroffen macht.
Die beiden anderen Kurzgeschichten des Bandes boten andere, und doch wieder ähnliche Kost. Beide Mal stehen moderne Konzerne im Mittelpunkt des Geschehens.
Von der Blaine Company geht ein unheiliger, gelber Nebel aus. In Murder City, einer vom sozialen Niedergang geprägten menschenleeren Arbeits-Metropole werden die verbliebenen Beschäftigten im Nebel grausam ermordet.
Die dritte Geschichte, die mich am wenigsten angesprochen hat präsentiert uns anhand Anzeigen und Memo den Aufstieg und Niedergang eines alles vernichtenden Molochs.
Markus K. Korb hat für die von ihm herausgegebene Reihe einen guten Griff getan. Während die großen, renommierten Verlage sich nach wie vor nicht an diesen außergewöhnlichen Schriftsteller wagen, übernehmen diese Aufgabe dankenswerterweise die Kleinverlage. Wer eine außergewöhnliche Begegnung mit beunruhigenden Visionen unserer grauenerregenden urbanen Städte und Konzerne sucht, der wird hier besten bedient. Wer ein relativ „sicheres“ Gruseln angesichts der altgewohnten Vampire im Victorianischen London bevorzugt, der sollte von diesem Buch lieber die Finger lassen.
hinzugefügt: July 28th 2004 Tester: Carsten Kuhr Punkte: Hits: 3690 Sprache:
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