Roboter der Sterne
J 1974, Regie: Koichi Takano
Von Thomas Harbach
Dass der vorliegende Film der Trash Edition eine obskure Herkunft hat, steht außer Frage. Dass der Zuschauer sich nach den ersten Minuten verständnislos selbst in Frage stellt, ist keine Seltenheit. Immerhin handelt es sich bei „Roboter der Sterne“ ja nach verschiedenen Quellen zufolge um eine Zusammenfassung von einzelnen Folgen der Serie „Super Robot Maha Baron“ des japanischen Fernsehens aus dem Jahre 1974 oder eine teilweise Neuverfilmung der entsprechend bearbeiteten Drehbücher mit neuen Schauspielern. Zumindest die Trickeffekte stammen aus den Episoden und die schicke Gürtelschnalle mit dem „MB“ drauf wird auch immer an passenden oder unpassenden Stellen eingeblendet.
Da außer dem Zuschauer alle Charaktere Bescheid wissen, muss dieser Film nicht nur auf der Fernsehserie basieren, sondern seine Wurzeln scheinen tiefer zu liegen, sehr viel tiefer. Die Fernsehserie ist nämlich die Fortsetzung der „Red Baron“-Serie. Da es über diese Serie so gut wie kein Material gibt, lässt sich nur vermuten, dass der Titel von dem knallroten Roboter abgeleitet worden ist, den die Menschheit zur Verteidigung ihrer Welt gegenüber den schurkischen Außerirdischen gebaut hat.
Im Bermuda-Dreieck verschwinden immer wieder Schiffe. Anscheinend stehen diese Verluste mit der bevorstehenden Invasion der Fremden im Zusammenhang, die dort ihre Basis tief auf dem Meeresgrund gebaut haben. Schon vor zwanzig Jahren haben sie das erste Mal zugeschlagen und mittels eines riesigen Roboters ausgerechnet das Schiff – einen Frachter! – versenkt, auf dem sich eine junge Familie aufgehalten hat. Die Eltern sind ertrunken, das Kind ist zu einem jungen Mann herangewachsen, der jetzt den Superroboter Maha Baron bedient und schon einmal die Fremden – wahrscheinlich in der ersten Fernsehserie – zurückgeschlagen hat. Dazu kommt eine Handvoll von Freiwilligen, die zusammen mit einem extrem jungen Professor ebenfalls gegen die Invasoren kämpfen.
In den „Godzilla“-Filmen hat vordergründig zumindest die Armee diese Aufgabe übernommen, eine staatliche Kontrolle scheint es ebenso wenig zu geben, wie eine militärische Führung. Wer den gewaltigen Roboter finanziert hat und jetzt seine Kosten trägt, bleibt das Geheimnis des Films. Die außerirdischen Mächte versuchen jetzt wieder, mittels Angriffen, Entführungen und schließlich einem Präventivschlag gegen das Hirn der Menschheit – nicht den Roboter, sondern natürlich den Professor – den Gegner auszuschalten. Die Menschen wehren sich mit dem Schlachtruf „Macht sie fettich“ und bleiben am Ende des Films zumindest kurzzeitig Sieger.
Natürlich ist „Roboter der Sterne“ eine wunderbare Trash-Perle, die vor allem nach einer Vorstellung vor einem größeren und jugendlichen Publikum lechzt. Die Fernsehserie ist in Japan ein durchschlagender Erfolg gewesen. Auf dem Höhepunkt der ersten „Godzilla“-Welle konnten vor allem die japanischen Fernsehsender mit diesen geradlinigen, in erster Linie Action orientierten Geschichten punkten. Dazu wurden – wie in bescheidenem Rahmen auch in England bei Serien wie „Thunderbirds“ – Spielzeuge und andere Merchandising- Artikel verkauft. Da die europäischen und vor allem amerikanischen Sender diese japanischen Exzesse nur sehr widerwillig gekauft haben – immerhin mussten sie im Gegensatz zu den englischen Serien noch synchronisiert werden – blieb im Grunde nur die Kinoverwertung. Meistens sind die alten Serien zusammen geschnitten und ein latent vorhandener Plot konzipiert worden. Nur selten ging es mit Sinn und Verstand zur Sache. Da das Zusammenschneiden von Fernsehserien aber sowohl in den Staaten, als auch Europa eine gängige Sache gewesen ist und auch heute noch in sehr seltenen Fällen praktiziert wird, lässt sich aus diesem Fragment schwerlich eine ausführliche Kritik zum gesamten Produkt ableiten.
Die Trickeffekte reichen von schauerlich bis verblüffend gut. Zu den besten Sequenzen gehört die Fahrt mit dem Autofahrstuhl in die unterirdische Basis der Menschen. Hier erinnert die Inszenierung sehr stark an Gerry Andersons phantastische Technikwelten. Die Dimensionen sind stimmig, die Modelle zwar als solche zu erkennen, aber im Rahmen der detaillierten und liebevoll gestalteten Umgebung stört diese Einschränkung nicht. Schlampig zum Beispiel ist dagegen der Kampf unter Wasser zwischen den außerirdischen Angreifern und dem roten Superrobot. Zum einen beschwert sich dessen Steuermann, dass er in dieser Dunkelheit nichts sehen kann, dann wird eine Taglichtszene gezeigt, in welche Super Robot Maha Baron seine Raketen abschießt. Ohne Wasser und vor allem ohne Dunkelheit.
Die ersten fünfzehn Minuten – wahrscheinlich sind die besten Szenen verwendet worden – sind rasant geschnitten, gönnen dem Zuschauer keine Atempause – bei 83 Minuten Laufzeit ohnehin nicht notwendig – und treiben die ansonsten eher stringente Handlung temporeich voran. Danach ebbt der Spannungsbogen deutlich ab. Kaum folgen dem Geschehen die unnötigen und vor allem in dieser Synchronisation ins Lächerliche gezogenen Erklärungen, wird der Film auf ein reines Kinderfilmniveau reduziert. Ein seltsamer Kompromiss sind die irdischen oder doch außerirdischen Helfershelfer auf der Erde. Sie tragen die Trikots inklusiv Brustschutz und Helm einer amerikanischen Footballmannschaft, sind – wenn es notwendig ist – bewaffnet mit einfachen Maschinengewehren und keinen Strahlenwaffen. Sie sind für die bodenständigen Aufgaben zuständig, wie Gefangene in einem Bergwerk bewachen und die entsprechende Opposition zu entführen.
Der trashige Höhepunkt des Films ist sicherlich erst die Gefangennahme des jungen Mannes und der Versuch, ihn an einem Pfahl gebunden zu töten. Nicht mit Tomahawk oder Pfeilen, sondern mit Explosivstoffen geladenen Footballeiern. Diese explodieren übrigens erst beim Aufschlag und nicht beim Abschlag. Wahrscheinlich aufgrund außerirdischer Technik. Allerdings schießen die maskierten Helfer so schlecht, dass sie nur der japanischen J-League entstammen können. Natürlich wird der Held gerettet. Von einem exzentrischen Polizisten (?) mit einem Lichtsignal auf dem Helm und einem Fahrrad, das an einem Ballon durch die Luft schwebt. Steuerlos, richtungslos und doch schneller am Ziel ankommend als die Außerirdischen. Der gute Jules Verne wäre stolz auf diesen Pionier der modernen Luftfahrt. Allerdings reizt diese Sequenz den Zuschauer ungemein, auf die Suche nach der ganzen Folge zu gehen. Anscheinend sind die Football-Spieler nicht ständige Helfershelfer der Schurken aus dem All, sondern sind nur in einer Folge aufgetreten. Da auch nur fünf Gefangene am Ende des Films aus dem Bergwerk geholt werden, könnte es sich um angenommene Identitäten handeln. Das würde wiederum das schlechte Abschlagen erklären.
Es sind diese überdrehten Sequenzen, die viele der einfach nur unnötig schlechten Tricks ausgleichen. Bei den Außerirdischen haben die Serienmacher auf großartige Sets verzichtet, der feindliche Herrscher - mit dem sich von Einstellung zu Einstellung verfärbenden Haar - agiert im angenehmen Halbdunkel. Mit einer vernünftigen Stimme bei der Synchronisation hätte er durchaus Furcht erregend und erschreckend wirken können. So ist der Schurke einer der wenigen Höhepunkte dieses Trash-Exzesses. Weniger wäre auch mehr gewesen.
Zwar werden wie in der Fernsehserien einige wenige nicht unbedingt überzeugende Tricksequenzen wiederholt, aber mit ein wenig Perspektive und vor allem rascheren Schnitten hätten die budgettechnischen Schwächen im Vergleich zu den zu ambitionierten Scripts durchaus ausgeglichen werden können. Wie es funktioniert, hat die Sequenz mit dem Fahrstuhl ja unterstrichen. Die Sets sind siebziger Jahre-Look. Die Sessel in verschiedenen Farben mit dem Victory-Zeichen als Nomen est Omen geben der Serie einen nicht zu leugnenden Charme. Das Cockpit im Roboterkopf dagegen sieht ein wenig karg aus, es ist auch unwahrscheinlich, dass der Geld aus den kleinen Sichtfenstern ohne zentrale Steuerung wirklich den Roboter mit einer fast tänzerischen Leichtigkeit bedienen kann.
Den letzten Rest von Trash-Atmosphäre gibt dem Film die deutsche Synchronisation. Die Alternative ist es, den Film mit der gleichen Synchronisation, allerdings deutschen Untertiteln anzusehen. Natürlich bleiben Schlachtrufe wie „Macht sie fettich“ zu der ohrwurmartigen und guten Musik im Gedächtnis des Betrachters, aber wenn über die Lüneburger Heide als potentielle Kampfbühne philosophiert wird, erinnert die Vorgehensweise an Hainer Brandts Kalauer, die auch nur in den siebziger Jahren und heute nicht einmal mehr volltrunken erträglich sind. Ab einer gewissen Gruppendynamik könnte die Partystimmung durch diesen Film deutlich angehoben werden, aber – auch wenn es jetzt ketzerisch klingt – dieses Schicksal haben die japanischen Superheldenserien genauso wenig verdient wie die „Godzilla“- Filme der sechziger und siebziger Jahre, die insbesondere für die westlichen Zuschauer nach allen Regeln der Kunst auseinander genommen und auf trashig frisiert worden sind.
Natürlich ist „Roboter der Sterne“ kein Meilenstein des Genres. Betrachtet man zusätzlich die Zeit, in welcher die Fernsehserie entstanden ist, wird dieser Kontrast noch deutlicher. Während der Westen „2001“ enträtselte, prügelten sich die Japaner immer noch mit Robotern, Monstren und Mutationen herum. Die Zielgruppe der Fernsehserie ist sicherlich ein jugendliches Publikum gewesen. In dem bearbeiteten Torso lässt sich allerhöchstens erahnen, wie gut oder wie schlecht die eigentliche Fernsehserie wirklich gewesen ist. Die tricktechnischen Schwächen oder Mängel sind bei einigen der Superheldenserien durch ihre überdrehten Plots ausgeglichen worden. Sicherlich dürfte der Superroboter nie zu den Klassikern des Genres gehört haben, aber in dieser absichtlich auf trashig gestalteten Version des Verleihs wird seine hehre Absicht, Japan und damit die Menschheit vor den Feinden aus dem All zu verteidigen doch all zu stark ins Lächerliche gezogen. Natürlich eine reinrassige Trashperle, die erst verblüfft und dann auf niedrigem Niveau unterhält. Aber besser als jede Talk- oder Realityshow des deutschen Fernsehens. Die Japaner kannten zumindest noch überdimensionale Helden mit Anzug, Krawatte und Brille.
Der Besprechung lag die Kinoversion zugrunde. Es gibt aber noch die alternative Videofassung mit einem in der Gesamtheit besseren Bild, aber einem deutlich schlechteren Format auf der DVD. Wahrscheinlich aufgrund einer längeren Folterszene – eine Szene, die in einem starken Kontrast zu dem ansonsten eher überdrehten Action-Klamauk steht und einen weiteren Eindruck von der nicht so komischen Grundausrichtung der „Super Roboter Maha Baron“ Serie gibt – hat der Film eine Freigabe ab sechzehn Jahren erhalten bzw. cmv- Laservision hat darauf verzichtet, den Film kostenpflichtig noch einmal raten zu lassen. Das Zielpublikum sind auch eher die Fans, welche den Film in den siebziger Jahren in irgendeinem Kino in der Nachmittagsvorstellung gesehen haben. Das Bild leidet unter Streifen, an einigen Stellen wird es leicht unscharf – damit sind nicht die künstlichen Unterwasserszenen gemeint – und die Farben sind zwar schon in der Vorlage farblich überzogen, wirken hier aber matt. Die Synchronisation bewegt sich auf Rainer Brandt-Niveau von nervig bis humoristisch. Da es keine Originalfassung des Films gibt – die zusammen geschnittenen Dialoge der Fernsehserien hätten noch mehr zur Verwirrung beigetragen – bleibt nur die deutsche Tonspur. Diese ist aber gut verständlich. Für einen nicht unbedingt liebevoll behandelten Film mit einem ehrwürdigen Alter von über dreißig Jahren eine akzeptable, wahrscheinlich sogar die unter Kostengesichtspunkten beste Präsentation. Zu den Extras gehören der originale Kinotrailer – um seine Mitzuschauer auf das Kommende vorzubreiten- und Texttafeln, die versuchen, die Entstehungsgeschichte des Films ein wenig mehr zu beleuchten. Die Bildergalerie rundet die empfehlenswerte Präsentation von cmv-Laservision ab.
DVD-Facts:
Bild: 1,33:1 (Vollbild)
Ton: deutsch Dolby Digital 2.0 Stereo
Untertitel: deutsch
DVD-Extras:
alternative Videofassung, Special: Auf Spurensuche, Trailer, Bildergalerie, Texttafeln