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Shiel, Matthew Phipps: Huguenins Frau (Buch)

Matthew Phipps Shiel
Huguenins Frau
(La mujer de Huguenin, 2000)
Aus dem Englischen von Wolfgang Krege, aus dem Spanischen von Carina von Enzenberg
Fotos von Jack Murphy
Vorwort von Javier Marias
Klett-Cotta, 2006, Hardcover mit Schutzumschlag, 254 Seiten, 19,50 EUR, ISBN 978-3-608-93631-5

Von Christel Scheja

Welchem Leser unheimlicher Phantastik aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert ist heute noch Matthew Phipps Shiel bekannt? Der englische Schriftsteller, Mathematiker und Mediziner wurde 1865 auf Montserrat geboren und starb 1947 in Sussex.
Neben den Geschichten hinterließ er seinen literarischen Erben auch noch das Vermächtnis des Königreiches von Redonda, einer vulkanischen, unbewohnten und winzig kleinen Antilleninsel.
Autoren wie Dashiel Hammett, Howard. P. Lovecraft und H. G. Wells ließen sich von den Erzählungen Shiels beeindrucken, so wie auch Javier Marias, der im Jahre 2000 der staunenden Öffentlichkeit das Geheimnis von Redonda enthüllte und mit „Huguenins Frau“ eine Sammlung der besten Geschichten heraus gab.


Allen der sechs Texte ist gemein, dass sie sich auf einem schmalen Pfad zwischen Phantastik und Belletristik bewegen. Auch wenn es nicht immer ganz ersichtlich wird, so schwebt doch über den Erzählungen nicht nur eine schwermütige und dunkle Atmosphäre, sondern auch der Hauch des Übernatürlichen.

„Vaila” ist ein kleines Eiland im stürmischen Nordmeer. Dort steht ein altes Herrenhaus, das den Erzähler zu faszinieren beginnt, als er seinem Freund Harfager eher aus Mitleid denn aus Glauben auf die Insel folgt. Nach und nach versteht er, dass die unheimliche Geschichte, die sein Gefährte erzählt hat, keine Fiktion, sondern Wahrheit ist, denn ein Fluch und Vermächtnis, die mit dem Bau des alten Gebäudes einhergingen, sind dabei, sich mit dem Abschluss des Jahres 1888 zu vollenden.
Ebenfalls auf eine Insel - wenn auch diesmal in der Ägais - zurückgezogen hat sich der verschrobene Künstler Huguenin, der seinem Besucher alles zeigt, was er sich in den letzten Jahren erschaffen hat. Nur „Huguenins Frau” lernt der Erzähler niemals kennen. Aus gutem Grund.
Das „Elende Los eines gewissen Saul” ist der Inhalt eines Manuskriptes aus dem beginnenden 17. Jahrhundert, das von den schauerlichen und fast schon unglaublichen Erlebnissen eines Seemanns erzählt.
„Die Braut” wartet auch auf ihrem Geliebten, wenn sie schon längst die Schwelle des Todes überschritten hat, sofern sie wirklich liebt. Diese Erfahrung muss auch Walter machen, als er überraschend seine Annie verliert und zu vergessen beginnt.
Das düstere Anwesen von Hargen verheißt schon nichts gutes, als der Protagonist auf Empfehlung von Freunden dort aufgenommen wird. Aber sein wirkliches Geheimnis erfährt der Held erst, als ihm „Der weiße Affe” erscheint und sich ein anderes Opfer als ihn wählt.
„Der Primas der Rose” ist Vorsteher einer Geheimgesellschaft, über die die Freunde in einem Club Scherze machen. Doch schon bald soll ihnen das Lachen vergehen...


Den Geschichten vorangestellt ist das ausführliche Vorwort von Javier Marias, nachfolgend eine kurze Autobiographie des Autors selbst, der sein Leben und seine Intentionen nachdenklich und mit derselben Tiefe wie in seinen Texten resümiert.

Die phantastischen Erzählungen in „Huguenins Frau” zeigen, das Matthew Phipps Shiel durchaus zu den bedeutenden Romanciers und Phantasten des ausgehenden viktorianischen Zeitalters zu rechnen ist, auch wenn die Zeit nicht gerade sanft mit ihm umsprang.
Seine Geschichten sind kleine literarische Meisterwerke, deren Inhalte sich erst nach genauer und wiederholter Lektüre erschließen und die nicht gerade zur leicht zu konsumierenden Kost gehören. Sie besitzen die Morbidität und Schwermut, die den Texten der Gothic Novel zu Eigen ist.
Aus der Sicht der Ich-Erzähler gewinnt der Leser nicht nur einen Einblick in die düstere und unheimliche Umgebung sondern auch in den Geist des Menschen, der sich auf dem Grad zwischen Tot und Leben, Jenseits und Diesseits bewegt.
Spannung erzeugt die Handlung weniger durch Action und Abenteuer als durch den versponnenen und dichten Aufbau der Geschichten, der vollste Aufmerksamkeit fordert.

Das alles macht „Huguenins Frau” zu einer kleinen Perle der literarischen Phantastik, wie man sie heute so nur noch selten findet, die aber auch das entsprechendes Interesse fordert, sich mit schwer verdaulichen Texten auseinander zu setzen.

hinzugefügt: August 2nd 2007
Tester: Christel Scheja
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