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Pratchett, Terry: DIE NACHTWACHE (Buch)
NACHTWACHE, Terry Pratchett
Terry Pratchett
Die Nachtwache
(Night Watch)
Aus dem Englischen übersetzt von Andreas Brandhorst
Manhattan Verlag, Hardcover, 411 Seiten, 19,90 EUR, ISBN 3-442-54536-6
von Carsten Kuhr
Inzwischen schon lieb gewonnene Tradition, dass pünktlich zur Buchmesse der neue Scheibenwelt-Roman bei Manhattan als Hardcover erscheint.
Im Vorjahr machten wir die Bekanntschaft mit dem Kehrer - einem Mönch der sich im weitesten Sinne um die Zeit kümmert. Ich hatte damals ein wenig Probleme, mit der Handlung und den Protagonisten warm zu werden. Diesmal stellt Pratchett dem Kehrer den Kommandeur der Stadtwache, Sam Mumm, zur Seite. Auf der Spur eines Serienmörders Carcer schaltet sich auch unser tatkräftiger Sam ein - schließlich muss man die ungewisse Zeit der Niederkunft seiner Ehefrau ja auch irgendwie füllen. Außerdem vermisst er die wilde Zeit der Verfolgungsjagden und der Streifengänge. Dumm nur, dass die Hatz über die Dächer Ankh-Morpork's die Beiden zur unsichtbaren Universität führt, und dort der Blitz einschlägt. Was das außer Verbrennungen ausrichten kann fragen sie sich? Nun, der Feuerpfeil aus dem Himmel stößt auf die magischen Atmosphäre der Bibliothek - und schon geht es ab in die Vergangenheit.
Rund 30 Jahre werden unsere beiden Zeitreisenden versetzt. Direkt in eine Zeit, da die Wache aus einem korrupten Haufen Tunichtguten besteht, der regierende Patriarch verrückt ist und Ankh- Morpork sich einem Bürgerkrieg gegenübersieht. Vor 30 Jahren hat John Keel unserem Grünschnabel Sam beigebracht, wie sich ein richtiger Polizist zu verhalten hat, bevor er während des Bürgeraufstandes getötet wurde. Dumm nur, dass Carcer den Helden Keel gleich, kaum in der Vergangenheit angekommen, über den Jordan schickt. Sam trifft sein junges Ich, und schlüpft unfreiwillig in die Rolle des Freiheitskämpfers und Helden John Keel. Während der Handlung treffen wir auf junge Versionen alter Bekannter Discworld Heroen. Schnapper, ich treib mich selbst in den Ruin, Schnapper eröffnet gerade seinen lukullischen Bauchfresstempel, Vetinarii ist noch nicht Patrizier sonder ein angehender Assassine, Nobby Nobbs noch ein vorlauter Rotzlöffel. Die Geschichte ist schon verzwickt. Es gilt nicht nur dafür zu sorgen, dass die Vergangenheit im groben so bleibt, wie es die Geschichtsbücher erzählen, er muss auch so gut wie jeden Ankh- Morpork Charakter einfügen, nur dass sich diese eben verhalten, wie sich junge, unvernünftige Menschen eben so aufführen. Und das dann kombiniert mit der Ankh-Morpork'schen Version der französischen Revolution - eine Sisyphus Arbeit eines wahren Genius' würdig.
Und Pratchett schafft es erneut, uns seine Geschichte als wahrhaftig erscheinen zu lassen. Mit scheinbar so leichter Hand beschreibt er uns ein wirklich bedeutendes Ereignis. Ich habe in diesem Buch weniger oft laut gelacht, als in anderen Scheibenwelt Romanen. Auch die Gelegenheiten zum vergnügten Schmunzeln waren seltener, wiewohl durchaus vorhanden, als gewohnt. Aber, und dies ist ein großes ABER, Pratchett stellt diesmal noch mehr als üblich Fragen nach dem Warum, nach der Gerechtigkeit und Freiheit - ohne für all diese Fragen Antworten zu präsentieren. Er verleitet uns zum Nachdenken, und das ist nicht das schlechteste was man über einen nebenbei sehr unterhaltsamen Fantasyroman sagen kann.
hinzugefügt: July 28th 2004 Tester: Carsten Kuhr Punkte: Hits: 4046 Sprache:
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