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Robson, Justina: Willkommen un Otopia - Lila Black 1 (Buch)
Justina Robson
Willkommen in Otopia
Lila Black 1
(Keeping it Real)
Aus dem Englischen übersetzt von Cornelia Holfelder-von der Tann
Titelillustration: Borja Fresco Costal
Blanvalet, 2007, Taschenbuch 414 Seiten, 7,95 EUR, ISBN 978-3-442-24467-6
Von Carsten Kuhr
Buffy, Angel und Co sei Dank, dass das Subgenre des phantastischen Romans mit einer Welt, die der unsrigen gleicht, in der sich aber allerlei übernatürliche Wesen tummeln, blüht und gedeiht.
Kein großer Verlag, der sich nicht mindestens eine der verkaufsträchtigen Reihen gesichert hat, ständig versuchen aufstrebende Jungautoren wie alte Hasen das Genre neu zu erfinden, ihre Leser mit frischen, oder althergebrachten Ideen in neuem Kleid zu entzücken. Was mit den „Anita Blake“-Romanen aus der Feder von Laurell K. Hamilton begann (Bastei-Lübbe) , mit den „Rachel Morgan“-Romanen von Kim Harrison (Heyne) und den „Sookie Stockhouse“-Titeln von Charlaine Harris (Feder & Schwert / dtv) ihre Fortsetzung fand, das ist zwischenzeitlich bei „Lila Black“ angelangt.
„Mit Lila Black beginnt ein neues Zeitalter der Fantasy“ - das zumindest der Werbespruch des Verlages.
Die Grundsituation ist schnell erzählt. Ein wissenschaftliches Experiment spaltet die Welt in sieben Ebenen, manch ein Wissenschaftler sagt auch, dass die Passagen in sieben Dimensionen geöffnet wurden. Seitdem tummeln sich auf Otopia - zu der man früher Erde sagte - Elfen, Dämonen, Feen und anderes Gezücht.
Unsere Heldin Lila Black ist eine moderne Version des 6 Millionen Dollar-Manns. Im Reich der Elfen hat ein Zauber ihre Arme und Beine förmlich weggeschmolzen, modernste High-Tech hat die fehlenden Extremitäten ersetzt und macht Lila zur gefährlichsten Kampfmaschine Otopias. Obwohl sie das Trauma ihrer Verletzung innerlich noch nicht richtig verarbeitet hat, wird sie dienstfähig geschrieben und in den Einsatz entsandt. Es geht darum, einem glamourösen Popstar als Leibwächter zu dienen.
Das wäre ja nun nicht ganz so schlimm, wenn es sich beim Sänger der angesagten „No Shows“ nicht ausgerechnet um einen charismatischen, egozentrischen Elfen handeln würde. Und wie das bei den Langohren so üblich ist, beginnt Zal sogleich ein Spiel mit seinem Bodyguard - kann Lila dem magischen Charme des Elfen widerstehen, will sie es überhaupt?
Nur zu bald aber wird deutlich, dass die Morddrohungen gegen den arroganten Star ernst gemeint sind. Agenten des Geheimdienstes der Elfen verfolgen Lila und ihren Schützling, und entführen Zal ins Reich der Elfen. Lila hat nur eine Chance ihre Mission erfolgreich zu erfüllen - sie muss ins Feenreich, dem Ort ihrer größten Niederlage und nur ein Elf kann ihr dort helfen - der Geheimdienstagent, dem sie ihre Verstümmelung zu verdanken hat ...
Fantasy meets „Matrix“, so könnte man die Handlung des temporeichen Auftaktbandes überschreiben. Es gibt massenweise Kls, intelligente Motorräder und vernetzte Organisationen, die glamouröse Welt der gefeierten Rockstars, das Ganze dann gewürzt mit Elfen, Feen und Dämonen, die alle ihr ganz eigenes Süppchen am Kochen haben.
Das ist Hip, das ist krass und bietet jede Menge rasantes Action-Bestsellermaterial für die jugendliche Klientel der PC-Games und Kino-Blockbuster, aber so richtig gepackt hat mich das Buch dennoch nicht.
Woran lag dies begründet?
Zum Einen sicherlich in der Wahl der Erzählerin. Lila Black, das ist eine toughe Frau in einem Cyborg-Körper, die angesichts ihrer Historie und den ihr nun offen stehenden Möglichkeiten der machtvollen Maschinerie, über die sie verfügt, Angst und Bang sein müsste. Zwar wird ihre innere Unsicherheit thematisiert, wird der Prozess der Verdrängung angesichts ihrer Verwundung angesprochen, dies jedoch so nebenbei, dass dies einfach nicht überzeugend wirkt.
Man muss sich dies vorstellen, das ist eine junge Frau, deren Arme und Beine ihr bei vollem Bewusstsein weggeschmolzen werden. Mal abgesehen von den Schmerzen, allein die Tatsache mit dem Verlust und dem späteren Ersatz der Gliedmaßen fertig zu werden müsste eigentlich für eine handfeste Neurose sorgen.
Und dann wird diese Person, die aus ihrem Leben gerissen wurde, der keinerlei Kontakt mit ihrer Familie (die annimmt, dass sie verschollen ja tot ist) mehr erlaubt ist, ausgerechnet mit einem Elfen als zu bewachendes Objekt betraut.
Nicht genug damit, dass sie diese Zumutung, die eigentlich dafür sorgen sollte, dass sie durchdreht, einfach schluckt, später solle sie gar noch mit dem Verursacher all ihrer Pein zusammenarbeiten, ja diesen retten - das ist weit hergeholt, das ist sowohl von der Konstruktion her, als auch von der Darstellung nicht überzeugend, ja hanebüchen.
Mehr noch, über weite Strecken des Buches bleibt die Ausgestaltung der Welt überzeichnet. Die Erde besteht scheinbar nur noch aus dem Westen der USA, alle Bewohner entsprechen dem Schönheitsideal der durchtrainierten, sonnengebräunten West-Coast-Beauties, die Feen und Elfen bilden jedes entsprechend denkbare Klischee ab.
Erst, als sich die Handlung in die Welt der Elfen verlagert, kommt ein wenig Flair auf. Zwar erfahren wir von der Heimat der Elfen nur, dass diese aus unberührter Natur mit weiteren, tiefen Wäldern und weich geschwungenen Wiesen besteht, doch dann entwickelt zumindest die faktische Herrscherin der Elfen ungewöhnliche Charakterzüge. Habgier, Machtbesessenheit, Egoismus, Betrug - alles Wesenszüge, die man gemeinhin bei Lichtelfen eigentlich vergeblich sucht.
Das Finale ist, obzwar vorhersehbar zumindest rasant, wenn es auch inhaltlich ein wenig in der Luft hängt.
Insgesamt ein Roman, der bestimmt keinen tiefen Eindruck hinterlässt, der versucht eine unheilige Allianz zwischen dem Anhängen an eine erfolgreiche Modeerscheinung und der Verbindung mit aktuellen Entwicklungen im Kino- und Game-Markt zu bilden, und dabei letztlich scheitert.
hinzugefügt: August 24th 2007 Tester: Carsten Kuhr Punkte: zugehöriger Link: Blanvalet Verlag Hits: 2978 Sprache:
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