Jim Butcher
Grabesruhe
(Grave Peril, 2001)
Uübersetzung: Jürgen Langowski
Knaur, 2007, Taschenbuch, 490 Seiten, 8,95 EUR, ISBN 978-3-426-63442-4
Von Gunther Barnewald
„Grabesruhe“ ist (nach „Sturmnacht“ und „Wolfsjagd“) der dritte Roman um den im Chicago der Gegenwart lebenden und praktizierenden Magier Harry Dresden. Erfreulicherweise ist Teil 3 der Abenteuer Dresdens wieder wesentlich gelungener, da die überdrehte und völlig unglaubwürdige Action von „Wolfsjagd“ wieder etwas in den Hintergrund getreten ist.
Zwar ist die Handlung noch immer unglaubwürdig, aber es macht deutlich mehr Spaß, dieser Geschichte zu folgen, da man als Leser zwischenzeitlich auch mal wieder zu Atem kommt. Diese Atempausen hatte der zweite Band leider vermissen lassen.
Harry und sein Helfer Michael, eine Art moderner, sehr gläubiger Ritter mit Schwert, stoßen in der Säuglingsstation eines Krankenhauses auf den rachsüchtigen Geist einer längst Verstorbenen. Nach heftigem Kampf gelingt es den beiden, die Neugeborenen zu retten und das Gespenst zu vertreiben.
Zu Harrys Erstaunen hat irgend jemand in der Geisterwelt die rachsüchtige Verstorbene gequält und sie damit zornig gemacht und dermaßen aufgehetzt, dass sie in die Realität eingedrungen ist, um dort Schaden anzurichten. Als auch noch zwei Polizeibeamte, die mit Harry selbst zusammen gearbeitet hatten, ebenfalls Opfer übersinnlicher Angriffe aus dem Jenseits werden, begreifen der Magier und Michael, dass man es offensichtlich auf Harry selbst abgesehen hat.
Alles deutet darauf hin, dass jemand, der in einem von Harrys alten Fällen (geschildert in „Sturmnacht“) Dresdens Opfer geworden ist, Rache aus dem Jenseits sucht.
Als auch noch Michaels Familie angegriffen wird, seine Frau eine Frühgeburt erleidet und das Kind fast stirbt, beschließen die beiden, sich auf ein riskantes Wagnis einzulassen: Sie besuchen den Ball der örtlichen Vampire, wo man ihnen Schutz zugesichert hatte.
Zu spät begreifen die beiden, dass es sich um eine gigantische und tödliche Falle handelt, der sie wohl kaum werden entkommen können...
Zwar ist auch in diesem Band die Action zu groß und zu „laut“, jedoch fallen die Pausen zwischen den Actionszenen sehr wohltuend auf.
Nach wie vor leben die Abenteuer Harry Dresdens von der scheinbar mühelosen Koexistenz von moderner Welt und archaischer Gegenwelt, welche das übliche Personal (Magier, Vampire, Werwölfe, Geister etc.) beinhaltet. Das Ganze ist zwar nicht sonderlich originell, aber verdammt unterhaltsam.
Dank der packenden Handlung, der leidlich glaubhaften gruseligen Atmosphäre und der sympathischen Charaktere macht auch das Lesen von „Grabesruhe“ wieder großen Spaß.
Zwar neigt die Hauptfigur mittlerweile dazu, zu mächtig und omnipotent zu werden, lässt sich dies aber deutlich besser ertragen als in „Wolfsjagd“, wo sich die Ereignisse dermaßen überstürzten, dass man fast einen „Action-Super-GAU“ befürchten musste.
Dazu kommt noch, dass Butcher diesmal seine Handlung clever durchkonstruiert hat, die Suche nach dem Täter, der Harrys Bekannte und ihn angreift, fast schon das Spannungsniveau eines Kriminalromans entwickelt. Während Harry verzweifelt nach dem Drahtzieher sucht, übersieht er dessen Mitverschwörer und tappt in deren tödliche Falle.
Natürlich leiden Serienfiguren unter einer Beschränkung: Sie sind nahezu unsterblich, das Ende der Geschichte ist somit vorhersehbar. Nichts desto trotz, Harry Dresdens drittes Abenteuer ist eine wahre Lesefreude. Also: Gehirn ausschalten und rein in die wunderbar bunte und leidlich gruselige Welt des Jim Butcher!