Spawn: Godslayer
Brian Holguin, Jay Anacletto u. a.
Aus dem Amerikanischen von Claudia Fliege
Panini, 2007, Paperback mit Klappenbroschur, 68 Seiten, 8,95 EUR, ISBN 978-3-86607-419-4
Von Irene Salzmann
Aufgrund einiger Differenzen verließen 1992 sieben Star-Zeichner, darunter Marc Silvestri (Top Cow), Jim Lee (Wildstorm) und Rob Liefeld (Extreme), die großen Verlage Marvel und DC und gründeten die Image-Studios, denen sich in der Folgezeit viele weitere kleine Labels anschlossen. Zahlreiche Serien entstanden, großartig gezeichnet und nicht immer den ausgetretenen Pfaden der braven Superhelden folgend, doch nur den wenigsten war ein langes Leben vergönnt, da nicht alle Autoren und Zeichner in der Lage waren, ihren Beruf und das Verlagswesen unter einen Hut zu bringen. Bloß wer geschickt zu wirtschaften wusste und seine Möglichkeiten nicht überschätzte, ist heute noch dabei und sorgte mit dafür, dass Image im „Previews“ ganz vorne zu finden ist – bei Dark Horse, DC und Marvel (etwas, was CrossGen vergeblich versuchte).
Einer der Gründer des Image-Verlags, der sein Imperium langsam, aber stetig ausbaute und sich durch Merchandise-Objekte, vor allem durch Action-Figuren, ein zweites Standbein schuf, ist Todd McFarlane, der Schöpfer von „Spawn“, der einzigen Image-Serie, die seit ihrem Erscheinen ohne Unterbrechung publiziert wurde und die inzwischen mehrere Spin Offs erfahren hat. Längst übergab McFarlane den Zeichenstift anderen Künstlern, darunter Brian Holguin und Jay Anacletto, die 1999 mit ihrer Mini-Serie „Aria“ für Furore sorgten. Sie sind auch Autor und Zeichner der Graphic-Novel „Spawn Godslayer“.
Das stolze Endra-La sieht sich einem Angreifer ausgesetzt, dem selbst die edelsten und tapfersten Krieger der Elyar nicht gewachsen sind. Die Stadt versinkt in Schutt und Asche. Hilflos muss die Priesterin Neva vom Tempel aus dem Gemetzel zusehen und auf sein Kommen warten – auf den Hellspawn.
Neva erinnert sich an ihre Jugend und an ihren Liebsten, der nicht aus dem Krieg zurückkehrte. All ihre Wünsche an das Leben und die Zukunft starben mit ihm, und sie trat in die Dienste Llyras. Nach vielen Jahren ist Bairn nun zurück, doch er ist nicht mehr derselbe. Auch Neva fällt schließlich durch seine Hand und vergibt ihm mit ihrem letzten Atemzug.
Llyra will ihre Priesterin rächen, und es entbrennt ein wilder Kampf zwischen der Göttin und dem Hellspawn …
Die Story hat ihre Wurzeln in klassischen Fantasy-Sagen wie „Elric von Melniboné“ und „Conan“. Thematisiert werden der Untergang einer Hochkultur und der Kampf einer Kreatur aus der Hölle gegen die grausamen Götter, die zuließen, dass ein sich liebendes Paar auseinander gerissen wurde. Die Triebfedern für das Handeln des Hellspawn sind unerfüllte Liebe und Hass. Das ist zwar alles nicht neu, wurde aber in atemberaubende Bilder umgesetzt, die ein wahrer Augenschmaus sind.
Der fotorealistischen Illustrationen von Jay Anacletto ziehen den Betrachter sofort in den Bann. Seit „Aria“ (und „Athena Inc.“) wird sein Stil von vielen anderen Künstlern kopiert, doch das Weglassen von Tusche und das Kolorieren der Bleistiftzeichnungen allein bescheren nicht unbedingt vergleichbare Resultate. Jay Anacletto hat der Künstler-Szene neue Impulse gegeben, doch seine Bilder sind immer noch unerreicht.
Ein achtseitiger Anhang zeigt einige ausgeführte Skizzen, anhand derer man deutlich sehen kann, wie sorgfältig und detailreich die Illustrationen tatsächlich sind. Auch die Kolorierung des Comics ist gelungen, aber sie lenkt das Auge leider zu sehr von den Feinheiten der Bleistiftzeichnungen ab. Von daher ist es eine schöne Idee, den Lesern auch die unbearbeiteten Werke Jay Anaclettos zu präsentieren.
Wer Comics schätzt, die dem Horror- bzw. (Dark) Fantasy-Genre zuzuordnen sind, darf sich die großartig gezeichnete Graphic-Novel nicht entgehen lassen. Vor allem den Fans der „Spawn“-Reihen und Jay Anaclettos wird mit diesem Band ein wahrer Leckerbissen geboten, der sich auch von der Gestaltung her sehen lassen kann.
Auf dem One-Shot basiert überdies der neue Spin Off „Spawn Godslayer“, ebenfalls geschrieben von Brian Holguin, aber illustriert von Philip Tan.