Calling You – Nur du kannst mich hören
Otsuichi (Original-Verfasser) & Setsuri Tsuzuki (Story und Zeichnungen)
(Kiminishika Kikoenai -Calling You, 2003)
Aus dem Japanischen von Cäcilia Winkler
Panini, 2007, Taschenbuch, 180 Seiten, 6,50 EUR, ISBN 978-3-86607-425-5
Von Irene Salzmann
Der romantisch-tragische Manga „Calling You“ beinhaltet zwei ergreifende Geschichten, die auf den Erzählungen von Otsuichi basieren und von Setsuri Tsuzuki umgesetzt wurden.
In der Titel-Story leidet die Schülerin Ryo darunter, dass sie eine Außenseiterin ist. Als Einzige besitzt sie kein Handy, ist daher für niemanden erreichbar und wird bei allen Unternehmungen ausgeschlossen. Es ist beinahe, als wäre das schüchterne, introvertierte Mädchen unsichtbar.
In ihren Phantasien malt sie sich aus, wie es wäre, wenn sie ein Handy besäße und mit anderen sprechen könnte. Eines Tages geht ihr Wunsch in Erfüllung, und Shinya meldet sich. Auch der junge Mann besitzt ein Handy in seinem Herzen. Ryo kann es kaum fassen, doch eine zweite Anruferin, die sich Harada nennt, beruhigt sie.
Immer öfter telefonieren Ryo und Shinya miteinander und beschließen, sich endlich persönlich kennen zu lernen. Die kleine Zeitverschiebung sollte kein Hindernis sein. Als Ryo zuerst am Treffpunkt erscheint, passiert etwas Schreckliches. Es gibt jedoch eine zweite Chance: Kann sie verhindern, dass sich die Tragödie wiederholt?
„KIZ/KIDS“ ist die nicht minder erschütternde Geschichte zweier Jungen, die als schwierig gelten und in eine Sonderklasse abgeschoben wurden. Ihre Kindheit wird von traurigen Ereignissen überschattet, die erst nach und nach enthüllt werden.
Keigo und Asato, die selbst unter den Problemkindern Außenseiter bleiben, freunden sich an. Als sich Keigo verletzt, überträgt Asato die Wunden und Narben auf seinen eigenen Körper, denn er möchte andere, vor allem seinen einzigen Freund, glücklich machen und selber leiden, weil er sich für wertlos hält.
Das bringt Keigo auf die Idee, die Narben an seinen Vater weiterzureichen, der im Koma liegt und dem er die Schuld daran gibt, dass die Familie zerbrach. Als der Vater plötzlich stirbt, ohne noch einmal erwacht zu sein, erinnert sich Keigo zu spät, dass die Familie nicht immer unglücklich, der Vater eigentlich kein schlechter Mensch war.
Das Einzige, was Asato nun noch tun kann, ist, alle Narben wieder zurück zu nehmen – und er will selbst sterben, indem er ein wichtigeres Leben als sein eigenes rettet. Kann Keigo ihn aufhalten?
Beide Geschichten, die über Mystery-Elemente verfügen, werden in zarten Bildern erzählt. Im Mittelpunkt stehen stets junge Menschen, die sich als Außenseiter fühlen, weil sie aus bestimmten Gründen anders sind als die Masse, sei es, dass sie kein Handy besitzen und deswegen ‚nicht dazu gehören’, sei es, dass die familiäre Situation der Gerüchteküche Nahrung liefert und das Umfeld die Betroffenen ausgrenzt. Diese finden schließlich zueinander und geben sich gegenseitig den notwendigen Halt. Das ist jedoch nicht immer ausreichend, oder es passiert Unvorhergesehenes, wodurch eine neue Tragödie ausgelöst wird.
Man kann Mangas grob in zwei Kategorien einteilen: Es gibt die lauten, krawalligen und fröhlichen Serien mit Happy End und daneben die stillen, nachdenklichen, eher deprimierenden Reihen, deren Ausgang den Leser meist bedrückt zurück lässt. „Calling You“ zählt zur letzteren Sorte und wendet sich in erster Linie an Leserinnen ab 14 Jahren, die auch kritische/traurig stimmende Themen und ein weniger glückliches Ende verkraften können.