Shiho Sugiura
Silver Diamond 1
Aus dem Japanischen von Dai Kuhn und Rie Nishio
Carlsen Comics, 2007, Taschenbuch, 176 Seiten, 6,00 EUR, ISBN 978-3-551-76531-4
Von Irene Salzmann
Der Schüler Rakan wohnt allein in dem Haus, das er zusammen mit genug Geld geerbt hat, um seinen Lebensunterhalt finanzieren zu könne. Der freundliche alte Herr, den er stets als Großvater betrachtet hatte, nahm ihn einst zusammen mit der inzwischen gleichfalls verstorbenen Mutter auf, erfreut, dass ihm unverhofft eine Tochter und ein Enkel geschenkt wurden. An die Mutter, die Blumen über alles liebte, erinnert ein üppiger Garten. Obwohl Rakan nicht viel darin arbeitet, gedeiht alles, was er anfasst auf wundersame Weise.
Sein eintöniger Alltag nimmt ein jähes Ende, als er in dem Garten einen Unbekannten findet. Chigusa richtet eine seltsame Waffe auf ihn, nennt ihn ‚Prinz’ und will ihn töten. Als sich Chigusa auf ihn stürzt, berührt Rakan dessen hölzernes Gewehr, das sofort Blätter auszutreiben beginnt. Chigusa hält überrascht inne und tötet stattdessen ein bizarres Wesen, das er als ‚Ayame’ bezeichnet.
Rakan erfährt, dass diese Kreatur die Fähigkeit besitzt, Pflanzen zu vernichten und fruchtbare Erde in Sand zu verwandeln. Er selber hingegen soll ein ‚Sanome’ sein und kann jedes Samenkorn allein durch eine Berührung zum Wachsen bringen. Chigusa erklärt, dass er Rakan von nun an beschützen will, denn der Junge stellt vielleicht die einzige Hoffnung für Chigusas Heimatwelt – eine Sandwüste unter einem schwarzen Himmel – dar. Besonders verblüffend ist für Chigusa Rakans Ähnlichkeit mit dem Prinzen, dem so mancher die Schuld am Zustand der Heimat gibt.
Chigusa soll nicht der einzige Fremde bleiben, der plötzlich in Rakans Garten auftaucht. Narushige und seine sprechende Schlange Kou halten Chigusa zunächst für einen Gegner, doch Rakans Fähigkeiten beruhigen auch diese beiden Neuankömmlinge. Nun hat der Junge schon drei merkwürdige Mitbewohner, die sein Leben durcheinander bringen. Allerdings ist er auch auf ihre Hilfe angewiesen, denn ein noch größerer Ayame erscheint und durchbohrt Chigusa, als sich dieser schützend vor Rakan wirft…
Der erste Band von „Silver Diamond“ legt den Hintergrund der Geschichte fest: In einer fremden Welt leiden die Menschen unter einer endlosen Dürre. Angeblich kann der Prinz Oasen finden, doch in Wirklichkeit ist er ein Ayame. Chigusa entdeckt das Geheimnis und versucht, den mächtigen Herrscher zu töten. Der Anschlag misslingt, Chigusa soll sterben und - landet in Rakans Garten. Ähnliches widerfährt Narushige. Beide Männer erkennen in Rakan einen Sanome, der vielleicht in der Lage ist, die Wüstenwelt wieder zu einem lebenswerten Ort zu machen.
Bei der Einführung von einigen der wichtigsten Charaktere wird schon so manche Information preisgegeben. Praktisch jeder der Protagonisten verfügt über besondere Fähigkeiten, Dank derer er bisher überleben konnte. Wie nicht anders zu erwarten, sind Narushige, Chigusa und Rakan ausnahmslos junge, attraktive und sympathische Männer – für jede Leserin, die gern Bishonen betrachtet, ist bestimmt einer dabei, der ihren Geschmack trifft.
Auch wenn – in diesem Band – nichts weiter passiert (von eher kameradschaftlichen Umarmungen einmal abgesehen), so wird doch deutlich, dass die Handlung eine Tendenz zu Boys Love hat: Protagonistinnen spielen bislang keine Rolle, vor allem Chigusa zeigt Interesse an Rakan und wird als ‚Perverser’ bezeichnet – eine Steigerung ist jederzeit möglich.
Allerdings stehen im Moment die Fantasy-Handlung und die Charaktere an sich im Mittelpunkt der Geschehnisse. Selbst wenn gelegentlich gekämpft wird, so ist die Geschichte doch eher ruhig und arm an Action. Die Mangaka konzentriert sich auf die Figuren, die man näher kennen lernen und gern haben soll. Manchmal scheint sie jedoch den Faden zu verlieren: Dann wird gegessen und geredet. Es gelingt ihr, diese Szenen als Running Gag zu präsentieren, doch wäre es gut, diese Momente nicht übermäßig zu strapazieren, denn wirklich witzig wirkt das auf Dauer nicht. Viel mehr Spaß bereiten die Interaktionen der Protagonisten, vor allem, wenn sie Probleme damit haben, sich in Rakans Welt zurechtzufinden oder wenn sie mehr oder minder freiwillig auf Tuchfühlung gehen.
Die Zeichnungen sind sehr ansprechend – es macht Freude, die klaren, abwechslungsreich gestalteten Illustrationen zu betrachten.
„Silver Diamond“ wird seit 2003 von dem Verlag Tosuisha publiziert. Seither sind elf Tankobons erschienen, und die Serie ist noch nicht abgeschlossen.
Leserinnen ab 14 Jahren, die schön gezeichnete Fantasy mit Öko-Touch und Boys Love-Elementen schätzen, werden sicher viel Vergnügen an dieser Lektüre haben, die mal etwas andere Themen aufgreift.