Calissa Leigh & Yishan Li
Die Aluria-Chroniken
(The Aluria-Chronicles, 2005)
Aus dem Amerikanischen von Anne Delseit und Kerstin Bollig
Fireangels Verlag, 2007, Taschenbuch, 160 Seiten, 6,50 EUR, ISBN 978-3-939309-07-9
Von Christel Scheja
So wie in Amerika gibt es auch in Deutschland seit einigen Jahren kleine Verlage, die Mangas und Romane von westlichen Künstlern herausgeben und nicht immer nur nach Japan schielen.
Dazu gehört auch der Fireangels Verlag. Neben Produkten deutscher Künstler präsentiert man nun auch seinen ersten aus Amerika importierten Manga: „The Aluria Chronicles” ist waschechte Fantasy, hat nicht nur westliche Leserichtung sondern auch den typischen Zeichenstil, der sich aus fernöstlicher und hiesiger Schule entwickelt hat.
Wie in Fernost hat sich im Westen eine kleine und rege Szene von Künstlern und Autoren gebildet, die sich zwar zunächst an professionellen Vorbildern orientierte, jetzt aber eigene Wege geht und diese einer größeren Öffentlichkeit präsentieren möchte.
Erzählt wird die Geschichte des jungen Sklaven Gin, der kein einfaches Leben hat. Von seinen Herren und dessen Günstlingen missbraucht und gedemütigt soll er nun auch noch als Opfer für einen Dämonen dienen, weil er aus der panischen Angst heraus zu ersticken einen Mann umgebracht hat. Aber das von einem Priester heraufbeschworene Monster erweist sich als alles andere als eine blutgierige Bestie. Es erkennt Gins Unschuld und weigert sich, ihn zu töten. Stattdessen befreit er den Jungen und bringt ihn auf die abgelegene Insel Aluria.
Gin schöpft neue Hoffnung, aber auch dort landet er erst einmal im Gefängnis, da die Einheimischen Menschen gegenüber sehr vorsichtig sind, haben sie doch zu viel an Leid durch sie erfahren.
In seiner Zelle trifft er auf den geheimnisvollen Kakale. Der ist zunächst recht freundlich und beschützt den Sklavenjungen, zeigt dann aber in einem unbeobachteten Moment sein wahres Gesicht: Er ist ein Vampir. Dank seiner magischen Kräfte vertauscht er ihre Körper und kann in dem kindlichen Leib entkommen, als die Einheimischen ihn schließlich freilassen.
Gin ist verzweifelt, denn er weiß noch immer nicht, welches Schicksal Kakale eigentlich blüht, oder ob er für immer hier sitzen und vielleicht verhungern muss. Und dann taucht auch noch dessen Liebhaber Rakioul auf, um ihn zu befreien...
Es mag sein, dass die Geschichte recht simpel gestrickt ist, aber es kommt Autorin und Künstlerin auch nicht darauf an, dass ihr Abenteuer innovativ und neuartig sein soll. Die Story dient in erster Linie dazu, die erotischen Erlebnisse von Gin in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen. Und davon gibt es in diesem Band reichlich. Der junge Liebessklave kommt immer wieder in die Verlegenheit, sich hinzugeben - zunächst seinen Herren, dann Kakale und schließlich Rakiol. Und es ist sehr schnell klar, wem am Ende nicht nur sein Körper sondern auch seine Liebe und Zuneigung gehören werden.
Das wird alles mit sehr viel Liebe und Sorgfalt präsentiert. Yishan Li hat einen feinen und detailreichen Zeichenstil, bei dem die androgynen Körper der Protagonisten schön zur Geltung kommen. Sie leistet sich zwar den einen oder anderen anatomischen Aussetzer, gerade in den Liebesszenen - was aber auch nicht weiter ins Gewicht fällt, da die Sexszenen sehr geschmackvoll und angenehm gestaltet werden.
Heraus kommt eine Geschichte mit einer sehr klaren Linie, einer gut heraus gearbeiteten Aussage und der dazu passenden Handlung, die am Ende so gut wie keine Frage offen, aber sich dennoch Wege für eine mögliche Fortsetzung offen lässt.
Da bedauert man es fast, dass das romantisch-erotische Abenteuer des jungen Gins nur etwas mehr als 140 Seiten lang ist. Als Bonus wurden eine 14-seitige Leseprobe zu dem bald erscheinenden Manga „Winter Demon” und der bereits erschienenen Anthologie „Lemon Law” beigefügt.
„The Aluria Chronicles” beweist wie alle Produkte aus dem Fireangels Verlag, dass gute Boys Love-Mangas nicht nur aus Japan und Korea kommen müssen. Oft stehen den Lesern die Geschichten von kreativen Teams aus dem westlichen Kulturkreis vom inhaltlichen Verständnis her viel näher und können auch von der Qualität her künstlerisch problemlos mithalten.