James Rollins
Der Genesis-Plan
(Black Order)
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Norbert Stöbe
Blanvalet Verlag, 2007, Paperback, 540 Seiten, 12,00 EUR, ISBN 978-3442-36795-5
Von Carsten Kuhr
Als die Russen 1944 Breslau einnahmen, stießen sie, tief verborgen in einem ehemaligen Bergwerk, auf ein Forschungszentrum der Nazis. Die Wissenschaftler, unter ihnen auch Juden, waren mittels Kopfschüssen hingerichtet worden, der Forschungsgegenstand, eine mysteriöse „Glocke“, eine von Xerum 525 angetriebene Quantenmaschine die eine neue Energiequelle erschließen sollte, war von Himmlers SS rechtzeitig in Sicherheit gebracht worden.
Fast 60 Jahre später wird ein buddhistische Kloster am Mount Everest zum Schauplatz grausamer Morde. Priester und Tiere gleichermaßen fallen einer geheimnisvollen Strahlung zum Opfer, die wenigen, die nicht gleich sterben werden, von Killerkommandos großer, blonder und blauäugiger Söldner getötet.
Painter Crowe, einer der Anführer der Sigma Force, will vor Ort recherchieren und trifft tief im Himalaja auf Himmlers Granitschloss. Tief verborgen im ewigen Weiß hat der zweitmächtigste Nazi auch nach seinem Selbsttod hier die Suche nach dem Lebensborn der arischen Rasse vorantreiben lassen. Doch jetzt wüten Saboteure unter den weiß-blonden Herrschern, die Glocke wird beschädigt, ihre Strahlung verbreitet Schrecken und Tod.
Zur gleichen Zeit versuchen holländische Vorzeige-Arier in Dänemark bei einer Auktion Bücher eines der verstorbenen Wissenschaftler aus Breslau in ihren Besitz zu bringen. Auch hier treffen die Agenten der Sigma Force auf Nachkommen nationalsozialistischer „Geistesgrößen“. Schnell wird deutlich, dass es neben dem Forschungszentrum am Everest noch eine zweites, unentdeckte Basis existiert, die ihre Experimente erfolgreich abgeschlossen haben muss. Das Herrschervolk, von dem Hitler und Himmler träumten, es wartet darauf, die Welt zu erobern. Die heiße Spur führt nach Südafrika, ein Land, in dem neben der Apartheid auch wilde, künstlich geschaffene Bestien auf zwei und vier Beinen für Furcht sorgen ...
Phantastisch angehauchte Action-Thriller haben Hochkultur. Nachdem MatthewReilly in letzter Zeit ein wenig schwächelt, ist der Thron des packenden Thriller-Königs verwaist.
James Rollins, der unter seinem anderen Pseudonym James Clemens auch High-Fantasy publiziert, schickt sich an, den vakanten Olymp zu erklimmen.
Dabei ist das Rezept denkbar einfach. Man nehme eine kleine Gruppe hochintelligenter, charismatischer Soldaten mit Spezialausbildung und lasse diese gegen das Böse in der Welt zu Felde ziehen.
Seien es internationale Verbrecher- und Drogenkartelle, die Achse des Bösen mit ihren Terroristen oder, wie vorliegend, einmal mehr der arische Nazi.
Angereichert werden diese Bösewichte, die, und das ist wichtig, sehr differenziert gezeichnet werden und deren Motivation sauber nachvollziehbar herausgearbeitet wird, mit wissenschaftlichen Innovationen, Entdeckungen oder aber ein paar übernatürlichen Sequenzen, schon ist der internationale Bestseller programmiert.
Dann heißt es nur noch, Gehirn weitestgehend ausschalten – Logik schadet dem reibungslosen Fluss des Geschehens nur – die Heckler & Kochs, die Uzis und Kalaschnikows durchgeladen, und hinein ins farbenprächtige Abenteuer.
Das was zu früheren Zeiten die Leihbücher boten, exotische Handlungsorte, wilde Schlachten und blutige Kämpfe Gut gegen Böse, strahlende Helden und nicht minder böse Scharlatane, das tummelt sich alles auch in Rollins „Sigma Force“-Bänden.
Inzwischen werden die Bösen zwar nicht mehr ganz so dunkelschwarz gezeichnet, wird ihnen eine zumindest ansatzweise glaubwürdige Motivation verpasst, im Vordergrund steht aber weiterhin ganz eindeutig das rasant ablaufende Abenteuer, der Kampf der Guten aus den USA gegen die Bösen aus aller Welt, natürlich mit Ausnahme der USA und Israel. Im Bleikugel - pardon Hohlmantelgeschosshagel (ja die Technik hat sich ein wenig fortentwickelt) - erleben wir aufopfernde Kämpfe voller Dramatik und Tempo, die den Leser kaum Atem schöpfen lassen. Das liest sich packend und man weiß zwar in etwa, wie es ausgehen wird, doch wie unsere Helden letztlich triumphieren, wie sie ihre Feinde zur Strecke bringen, das ist das Interessante.
Und hier hat Rollins, der sonst als Tierarzt sein Geld verdient, seine Leser an der Angel. Die Art und Weise, wie er seine Handlung aufzieht, wie er seine Kommandounternehmen aufbaut und schildert, erinnert an den frühen Matthew Reilly. Zwar erklimmt Rollins noch nicht ganz den Gipfel, den Reilly mit „Ice Station“ oder „Der Tempel“ erklommen hat, sägt aber höchst wirkungsvoll am Bein des Thrones. Man darf gespannt sein, ob es ihm in den nächsten Bänden der „Sigma Force“-Reihe gelingt, das Tempo nochmals zu steigern, und sich neue faszinierende Mysterien einfallen zu lassen.