100 % DC 10
Supergirl – Enthüllungen
Joe Kelly, Marc Sable, Joe Benitez, Ian Churchill u. a.
(Supergirl 11, 13-17,2006/07)
Aus dem Amerikanischen von Steve Kups
Titelillustration von Ian Churchill
Panini, 2007, Paperback mit Klappenbroschur, 148 Seiten, 16,95 EUR
Von Irene Salzmann
Supergirl hat ihren Platz auf der Erde noch nicht gefunden. Nach einem Einsatz mit den Outsiders ist sie nun wieder allein unterwegs. Dabei lernt sie Powerboy kennen – und lieben. Als sie ihn jedoch versetzt, weil ihr alter Freund Boomer Hilfe braucht, zeigt Powerboy sein wahres Gesicht. Fast zu spät erkennt Supergirl, dass der attraktive junge Mann ein Stalker mit einem kranken Ego ist.
Als wäre das nicht schon genug Ärger, wird sie von Visionen aus ihrer Vergangenheit geplagt: Ihr Vater Zor-El befiehlt ihr, Superman zu töten, weil er die Ursache für die Übergriffe aus der Phantomzone ist. Und dann taucht gar noch ein zweites Supergirl auf…
Wer die alten „Supergirl“-Comics von früher kennt, hat die Titelheldin sicher noch als immer strahlendes, etwas hausbackenes Mädchen in Erinnerung, das stets brav im Schatten ihres Cousins Superman blieb. Seither musste sie so manches über sich ergehen lassen, sei es den Tod, als Klon wiederzukehren etc. Doch nun ist sie erneut Supermans Cousine und tougher denn je. Obwohl die ‚Bad Girls’ eine Erfindung der späten 1980er Jahre sind, brauchte Supergirl länger als viele ihrer Kolleginnen, um ebenfalls eines zu werden.
Dieses Supergirl, wie es von Joe Kelly („The Authority“) beschrieben und Ian Churchill („The Coven“) zeichnerisch in Szene gesetzt wird, hat jede Menge Ecken und Kanten und unbewältigter Konflikte. In Rückblenden wird erzählt, wie sie als Kind von ihrem Vater gequält und konditioniert wurde, um eine schwierige Aufgabe bewältigen zu können: Sie soll Superman töten, damit die Verbrecher, die in der Phantomzone gefangen gehalten werden, nicht durch den ahnungslosen Helden Zugriff auf das normale Raum-Zeit-Kontinuum erlangen. Kann Supergirl wirklich ihren Cousin ermorden? Oder gibt es einen anderen Weg, das Problem zu lösen?
Auch ihre Beziehungen zu den Superhelden der Erde sind wenig glücklich. Sie ist übereifrig, will ihren eigenen Weg gehen und muss das Vertrauen der anderen erst noch erwerben. Dabei zeigt sie sich bei ihren Aktionen genauso stur und eigensinnig, wie es für Teenager ihres Alters üblich ist, und erreicht eher das Gegenteil von dem, was sie sich wünscht.
Natürlich verläuft auch ihr Liebesleben alles andere als erfreulich. Boomer, der sie gern hat, ist für sie lediglich ein Kamerad, und Powerboy, der ihr wirklich gefällt, verbirgt mehr als nur ein Geheimnis. Dass dies Folgen nach sich zieht, liegt auf der Hand.
Tatsächlich fallen die gegenwärtigen „Supergirl“-Episoden etwas aus dem Rahmen, denn die Story wird nicht kontinuierlich sondern im Wechsel mit Rückblenden, die eine andere Geschichte erzählen, geschildert, und am Schluss laufen beide Handlungsfäden zusammen. Dabei erfährt man Dinge aus Supergirls Leben auf Krypton und von einer Mission, wie man beides nicht erwartet hätte. Das wiederum erklärt vieles: ihre starken Emotionen, ihre aufgestaute Wut, ihr rebellisches Wesen, sogar den Hang zum Masochismus.
Die Handlung konzentriert sich gänzlich auf Supergirl und ihre Probleme. Die Action-Szenen sind nur schmückendes Beiwerk und halten sich in Grenzen. Schade nur, dass nach Bd. 15 der Zeichner wechselt, denn Alé Garza hat einen völlig anderen, cartoonhaften Stil, so dass es einen richtigen Bruch und einen zeichnerischen Qualitätsrückgang gibt. Aber Geschmäcker sind bekanntlich verschieden…
Jedoch, wenn man kein eingefleischter Sammler ist, sondern Superhelden-Comics nur sporadisch kauft, dann könnte der Zeichnerwechsel durchaus dafür sorgen, dass die Lust nach mehr „Supergirl“, die durch die schönen Illustrationen von Ian Churchill vielleicht geweckt wurde, wieder vergeht. Der Band beginnt sehr viel versprechend, aber die beiden letzten Folgen enttäuschen.
Wer sich die ersten drei Paperbacks zulegte und mit der aktuellen Entwicklung nicht zufrieden ist, wird sich zweifellos den nächsten Sammelband genau anschauen, bevor er sich für oder gegen einen Kauf entscheidet – ob es etwa wieder einen Wechsel des Zeichners gibt oder wenigstens eine packende Storyline für weniger gefällige Illustrationen entschädigt.