Das verlorene Paradies 3
Paradies
Ange (Anne und Gerard), Philippe Xavier & Alexe
(Paradis perdu: Paradis, 2005)
Aus dem Französischen von Tanja Krämling
Splitter-Verlag, 2007, Hardcover, 48 Seiten, 12,80 EUR, ISBN 978-3-939823-02-5
Von Irene Salzmann
Der Engel Gabriel, ein einfacher Wächter der Portale zwischen den Welten, wird in den ewigen Konflikt zwischen Himmel und Hölle hinein gezogen, als er sich des Jungen Julien annimmt. Erst später erfährt er, dass das Kind hatte sterben sollen, weil es die Macht besitzt, Armageddon zu entscheiden. Nur wenige wissen, dass Julien das Gleichgewicht der Kräfte stört und eine falsche Entscheidung des Kindes das Ende von allem besiegeln könnte.
Tatsächlich ist Julien bereits tot, aber sein starker Wille verhindert, dass er entschwindet. Die Dämonin Anya soll ihn ein weiteres Mal ermorden, weil dies die einzige Chance ist, den drohenden Untergang abzuwenden - doch der Junge möchte leben und kann ihr entkommen.
Unterdessen findet sich Gabriel, seiner Schwingen beraubt, auf einer verwüsteten Erde wieder. All das Elend, das er sieht, bewegt ihn dazu, sich nicht länger treiben zu lassen und gemäß seines erworbenen Wissens zu handeln, wenn es nicht schon zu spät ist, denn die Bestie ist erwacht und Julien scheint machtlos…
Das Ende ist nah, denn jene, die das fragile Gleichgewicht, das schon seit Ewigkeiten zwischen Himmel und Hölle besteht, bewahren wollen, haben versagt. Julien, der neue Messias, der längst nicht mehr weiß, wem er vertrauen soll, trifft eine folgenschwere Entscheidung, erreicht aber nicht sein Ziel. Dafür erwacht in der Hölle die Bestie, gegen die selbst das Heer der Engel machtlos ist. Die Dämonen sind entfesselt und schicken sich an, den Himmel zu erobern. Auch die Welt der Menschen ist dem Untergang geweiht.
Aber es ist noch längst nicht vorbei, denn Luzifer erscheint, doch seine Rolle ist anders, als man erwartet hätte, und er wird zum Anführer der himmlischen Scharen. Und auch Julien, der im zerstörten Paris wieder zu sich kommt, hat noch eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Eine überraschende Begegnung verwirrt ihn mehr als alles, was er bisher erlebte – und mit diesem Cliffhanger endet der dritte Band von „Das verlorene Paradies“.
Hatte man geglaubt, dass alle Puzzleteile bald am richtigen Platz liegen würden und man das Gesamtbild erkennen könnte, so sieht man sich auf den letzten Seiten getäuscht, denn das Duo Ange wartet mit neuen Überraschungen auf, so dass die Spannung wächst.
Die faszinierenden und durchaus sympathischen Charaktere entwickeln sich weiter, sehen die Situation mit neuen Augen und treffen Entscheidungen, die ihnen früher nie in den Sinn gekommen wären. Auch sind sie bereit, für Taten, die als Frevel erachtet werden, den Preis zu entrichten – wenn sie dafür alles Leben retten können. Es gibt eine hauchdünne Chance, und der abschließende Band wird verraten, ob die tapferen Kämpfer sie zu nutzen wissen.
Die Grundstimmung des Comics ist noch dunkler geworden, verglichen mit den beiden ersten Teilen. Zwischen Gut und Böse gibt es keine wirkliche Grenze mehr; der Krieg reißt alle mit sich. Ein Engel, der das Licht liebt, muss erst tief fallen, um die Wahrheit zu erkennen. Eine düstere Dämonin beweist, dass sie nicht zwangsläufig Verderben bringen, sondern – im Gegenteil – das Ende verhindern will. Jene, die das Gute bzw. Böse verkörpern, sind auf diese Begriffe reduziert, verblendet, fehlgeleitet und haben sogar vergessen, dass diese Konzepte auf die Bewohner der Menschwelt einwirken. Letztlich jedoch sind sie alle Opfer des ewigen Konflikts von Gut und Böse, dem keiner entrinnen kann.
Das Motiv kennt man schon aus verschiedenen phantastischen Büchern und Comics, doch gelingt es Ange, die Geschichte anhand der Einzelschicksale mitreißend zu schildern und immer wieder zu überraschen. Die schönen Zeichnungen tragen ebenfalls dazu bei, dass man viel Vergnügen an der Lektüre dieser vierteiligen Fantasy-Reihe hat.