|
Rice, Anne: MERRICK ODER DIE SCHULD DES VAMPIRS (Buch)
MERRICK ODER DIE SCHULD DES VAMPIRS, Anne Rice
Anne Rice
Merrick oder Die Schuld des Vampirs
(Merrick)
Aus dem Amerikanischen Englisch übersetzt von Barbara Kesper
Hoffmann & Campe Verlag, Hardcover, 447 Seiten, 21,90 EUR, Hardcover, ISBN 3-455-06264-4
Von Carsten Kuhr
Anne Rice hat mittlerweile eine erstaunliche Anzahl voluminöser Romane rund um ihre beiden großen Zyklen, die Lestat Saga und die Familienchronik der Mayfairs veröffentlicht. Die meisten dieser Titel fanden mittlerweile auch ihren Weg über den großen Teich in deutsche Bücherstuben. Bemerkenswert hierbei, dass diese Bücher fast durchweg als Hardcover in renommierten Verlagen, die sonst keine Phantastik veröffentlichen, erschienen.
Seit einigen Jahren nun hat Anne Rice ihre verlegerische Heimat bei uns im Hamburger Hoffmann & Campe Verlag gefunden – und die Hanseaten scheinen darüber ganz glücklich zu sein. Pünktlich, wie ein Schweizer Uhrwerk legen sie jedes Jahr einen neuen Roman auf, die Verkaufszahlen sind offenbar nicht schlecht. Für nächstes Jahr dürften wohl der Marius-Roman BLOOD AND GOLD mit dem wir den Aufstieg und Fall Romas sowie Konstantinopels erleben und dann ihr neustes Werk BLACKWOOD FARM in dem Rice wiederum, wie in vorliegendem Titel Lestat und die Mayfair Hexen zusammenführt, anstehen.
Nun aber zu vorliegendem Werk. David Talbot, einst einer der obersten Führer der Talamasca wurde von Lestat gegen seinen Willen zu einem der unsterblichen Vampire gemacht. Im Körper eines jungen, vitalen Mannes lebt er nun zusammen mit Louis und Lestat selbst in New Orleans. Die drei mächtigen Vampire haben die Stadt gesäubert – die Vampirrenegaten wurden vernichtet, Lestat hat sich in seine Meditation zurückgezogen, alles scheint seinen gewohnten Gang zu gehen. Louis schuf, wir erinnern uns an INTERVIEW MIT EINEM VAMPIR, Claudia, das kleine Mädchen zum Vampir. Zusammen mit Lestat und Claudia bereiste er Europa, bevor das Mädchen sich dem Sonnenlicht aussetzte, und starb. Hat er sie zu diesem grausamen Tod verdammt, ist sie ins Elysium eingegangen, oder wandelt ihre Seele in Höllenqualen umher? Nun fleht er David an, dessen ehemalige Geliebte, die Voodoo-Priesterin Merrick zu bitten, den Geist Claudias zu beschwören – eine Bitte, die bei David alte Wunden aufreißt und seine verdrängte Liebe zu der fast 40 Jahre jüngeren Frau neu aufflammen lässt. David nimmt Kontakt auf, und verfällt erneut den Reizen und den Beschwörungen Merricks. Durch seine Augen erleben wir mit, wie er Merrick Mayfair kennen lernt, wie er mit ihr im Guatemaltekischen Urwald eine Jahrtausende alte Indianerstätte plündert, und sie in den Orden der Talamasca einführt. Merrick erklärt sich bereit die Beschwörung durchzuführen, doch zu welchem Preis, wie hoch ist der Preis den schlussendlich Alle zu bezahlen haben?
Anne Rice vereint in diesem Buch mit Lestat, Louis und der zu früh verstorbenen Claudia drei der faszinierendsten Charaktere aus ihren Büchern. Als Erzähler, besser ausgedrückt noch, unser zunächst differenzierter Berichterstatter fungiert erneut David Talbot, der scheinbar so objektive Gelehrte.
Doch dann öffnet dieser introvertierte Mann sein Innerstes, erinnert sich an seine Gefühle, seine Erlebnisse mit der jungen creolischen Schönheit, an seine verflossene Jugend in seinem alten Körper.
Die Geschichte der Voodoo Priesterin, ihre Expedition auf den Spuren der alten Hexer nach Mittelamerika weiss durchaus zu überzeugen. Diese Teile boten spannende, durchaus teilweise auch packende Unterhaltung. Zwar kam nicht die grosse Faszination auf, wie sie z.B. MEMNOCH DER TEUFEL oder INTERVIEW MIT EINEM VAMPIR zu erzeugen vermochten, aber diese Teile boten sich doch spannend und kurzweilig dar.
Dem gegenüber aber wurde ich leider durch seitenlange, schwülstige, pseudophilosophische Reflektionen ebenso gelangweilt, wie von detaillierten, minutiös aufgelisteten Beschreibungen von Orten und insbesondere der Bekleidung ihrer Personen. Manchem Leser mag dies wichtig sein, Quinn Yarbro wurde diesbzgl. wegen ihren Ausführungen in ihrem Sagenkreis um den „Compte de Saint Germain“ immer wieder kritisiert, doch Rice langweilte mich hier nur. Mir ist es schlicht egal, ob die Krawatte, die Louis zum ersten Treffen mit Merrick angelegt hat fliederfarben oder Lila ist, oder welche Knöpfe die Jacke von Lestat schmücken. Viel mehr interessiert es mich doch, wie es in den Personen aussieht, was sie empfinden, was sie motiviert, warum sie so wie beschrieben handeln. Genau hier aber hat Rice, im Gegensatz zu früheren Romanen zu wenig herausgearbeitet. Insoweit blieb der Roman leider hinter meinen Erwartungen doch sehr zurück.
hinzugefügt: July 28th 2004 Tester: Carsten Kuhr Punkte: Hits: 3138 Sprache:
[ Zurück zur Übersicht der Testberichte | Kommentar schreiben ] |
|