Shirow Masamune
Ghost in the Shell 1.5
(Human-Error Processer, 2003)
Aus dem Japanischen von John Schmitt-Weigand
EMA, 2005. Hardcover im Großformat, 128 Seiten, 25,00 EUR, ISBN 978-3-7704-6281-0, 18
Extra: 1 japanische Original-CD, die den Manga als Ebook inklusive Sound und einzelner Animationen sowie Screensaver bietet
Von Irene Salzmann
Der unter dem Pseudonym Shirow Masamune arbeitende Mangaka zählt zu den bekanntesten Künstlern aus Japan, einmal durch seine erotischen Illustrationen, zum anderen durch seine SF-Serien „Appleseed“ und „Ghost in the Shell“. Diese, aber auch einige weniger bekannte Titel erschienen in den vergangenen Jahren in verschiedenen Ausgaben bei Feest, Ehapa, EMA, VGS und Panini.
Auf „Ghost in the Shell“ basieren drei OVAs und zwei Anime-Serien, die inzwischen von Panini nach Deutschland gebracht wurden, sowie einige Games. Ferner kann man im Fachhandel Soundtracks zu den Filmen und verschiedene Artbooks finden.
Mit „Ghost in the Shell 1.5“ schließt EMA die Lücke zwischen den Bänden „Ghost in the Shell 1“ (1991) und „Ghost in the Shell 2:Man/Maschine Interface“ (2001). Die nun vorliegenden vier Einzelepisoden wurden innerhalb dieses Zeitraums veröffentlicht, aber erst 2003 als großformatiges Tankobon mit CD-Beilage in den Handel gebracht. Die deutsche Version von EMA entspricht der Originalausgabe.
Shirow Masamune lebt sehr zurückgezogen, so dass nur wenig über ihn bekannt ist und man im Internet auch keine offizielle Homepage von ihm findet, dafür jedoch mehrere Fansites.
Die Storys schildern alltägliche Einsätze der Mitglieder von Sektion 9. Um ihnen folgen zu können, muss man die anderen Bände der Serie nicht kennen, doch wer sie gelesen hat, mag so manche Anspielung auf Ereignisse und Charaktere aus diesen entdecken. Die Geschichten sind in sich abgeschlossen, daher kann diese Anthologie für sich allein stehen.
In „Fat Cat 1 2“ befassen sich Togusa und Azuma mit einem einflussreichen Mann, der längst tot ist, aber offensichtlich ‚ferngesteuert’ wird. Korrupte Politiker wollen sich Vorteile mittels dieser Marionette verschaffen.
„Drive Slave 1 2“ erlaubt ein Wiedersehen mit Motoko, die hier allerdings ihren eigenen Interessen nachgeht. Während Batou die Waffenschmuggler jagt, sucht Motoko nach einer bestimmten Frau.
Internet-Viren und falsche Informationen, die noch nach Jahren für Ärger sorgen, sind das Thema von „Mines of Mind 1 2“. Erneut sind die nun schon bekannten Protagonisten involviert, und weitere Charaktere werden eingeführt.
Mit einem scheinbar harmlosen Unfall beginnt „Lost Past“ und entwickelt sich schließlich zu einer heiklen und gefährlichen Angelegenheit, die die Ermittler in die Reihen der höchsten Politiker führt.
Die Geschichten konzentrieren sich auf die Mitarbeiter von Sektion 9 und ihre gefährlichen Fälle. Nahtlos fügen sich die Episoden zwischen die beiden anderen Mangas. Wer SF und Cyberpunk, dazu etwas Action schätzt, wird gut bedient.
Die Gestaltung des Bandes ist sehr aufwändig und edel: festes, hochwertiges Papier, sauberer Druck, mehrere Farbseiten und eine CD, die auf der Innenseite des festen Covers fixiert ist.
Leider ist das Lesen der Texte etwas anstrengend, da die Storys sehr viele Dialoge und ausführliche Fußnoten in sehr kleiner Schrift beinhalten. Die detailreichen, unruhigen Hintergründe tragen ihren Teil dazu bei, die Lektüre zu erschweren.
Wer Shirow Masamune kennt, ist mit seinem Stil vertraut. Erotische Abbildungen spielen hier eine untergeordnete Rolle, da Action-Szenen im Vordergrund stehen und überwiegend männliche Protagonisten agieren. Vergleichen lassen sich die eher realistisch-cartoonhaft angelegten Zeichnungen z. B. mit den Illustrationen in „Banana Fish“ oder „Mirage of Blaze“, aber auch mit den Werken amerikanischer Künstler, weshalb „Ghost in the Shell“ im Westen schnell viele Fans finden konnte.
Die CD bietet den Manga als japanisches Ebook und stellt eine Ergänzung dar, die ganz hübsch, aber nicht unbedingt notwendig ist, vor allem, da nur jene, die des Japanischen mächtig sind, wirklich etwas davon haben, den Band im Original einsehen zu können. Der eine oder andere Käufer hätte darauf vielleicht ganz gern verzichtet, wenn sich der Preis des Buchs dafür im üblichen Rahmen von sechs bis sieben Euro bewegen würde. Man kann jedoch nicht leugnen, dass der Manga wirklich sehr gelungen ist und das Regal schmückt.
Der Titel wendet sich an ein erwachsenes Publikum, das sowohl das Thema wie auch die komplexe Handlung zu schätzen weiß. Ein flüchtiges und schnelles drüber Lesen ist hier nicht möglich; man muss wirklich vom Anfang bis zum Ende aufmerksam dabei sein.