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Godzilla (Japanische Langfassung) (DVD)

Godzilla (Japanische Langfassung)
Japan 1954, Regie: Ishirô Honda, mit Akira Takarada, Momoko Kouchi, Akihiko Hirata u.a.

Von Thomas Harbach

Mit der ursprünglichen japanischen Langfassung legt Splendid Entertainment neben der bekannten deutschen Fassung inklusiv der amerikanischen Einfügungen eine interessante und bislang unterschätzte Fassung vor. Die entsprechenden Passagen sind im Original mit deutschen Untertiteln eingefügt worden, sie enthalten aber keine weitere Szenen des mystischen Monsters Godzilla und bestehen in erster Linie aus Dialogszenen. Auch wenn aus heutiger Sicht der Regisseur Honda das Monstergenre nicht neu erfunden hat, spielt er sehr geschickt auf das Tastatur dieses Subgenres und fügt so einige einzigartig japanische Elemente hinzu. Betrachtet man „Godzilla“ heute, muss man sich vor Augen halten, dass der Zweite Weltkrieg mit der aus japanischer Sicht demütigenden Niederlage erst neun Jahre zurückliegt und der Schock der beiden Atombombenabwürfe sich noch tiefer in das Bewusstsein der Bevölkerung eingegraben hat, als die Angst vor dem Kalten Krieg und dem potentiellen atomaren Schlag der verschlagenen Kommunisten in der amerikanischen Bevölkerung. Sowohl die amerikanischen Horrorfilme wie „Tarantula“ oder „Formicula“, als auch Hondas „Godzilla“ vereinigt nicht nur die explizierte Warnung vor zu vielen Experimenten und dem Schritt in unbekannte Dimensionen, sie zeigen die Neugierde und gleichzeitige Hilflosigkeit der Wissenschaft sowie eine nicht zu leugnende Heroisierung des Militärs. Dabei konnten zumindest die amerikanischen Truppen auf die Siege im Zweiten Weltkrieg zurückgreifen, während die japanische Heimatverteidigungsarmee zum zweiten Mal innerhalb von zehn Jahren von einer übermächtigen Bedrohung besiegt worden ist.


Da Honda nicht sonderlich viel Budget zur Verfügung gestanden hat und vor allem die Tricktechnik im Reich der aufgehenden Sonne noch in den Kinderschuhen steckte, verzichtete der Regisseur in der ersten Hälfte des Films positiv auf große Auftritte des Monsters. Nur die Folgen sieht der verblüffte Zuschauer in Kombination mit den ominösen Prophezeiungen der abergläubischen Fischer auf einer abgelegenen Insel, die gerade von dem Monster überquert worden ist. Vorher sind schon mehrere Handelschiffe vor der Küste der Insel unter mysteriösen Umständen gesunken. So wird die Besatzung des Dampfers „Eiko-Maru“ durch ohrenbetäubenden, nicht näher zu bestimmenden Lärm aufgescheucht. Bevor sie bemerken, was passiert, sinkt das Schiff schon. Ein weiteres Schiff verschwindet und eine Insel in Küstennähe wird verwüstet. Ein alternder Wissenschafter mit einer hübschen Tochter und einem bei der Begegnung mit dem Monster im Gesicht gezeichneten Schwiegersohn in Spe hat eine mögliche Erklärung für diese unheimlichen Phänomene und die unverständlichen Informationen der überlebenden Fischer gefunden: nach Atombombenversuchen im Pazifik wurde ein Urzeitmonster wieder belebt - Godzilla! Das Monster zieht eine Spur der Zerstörung bis nach Tokyo. Das Militär hat zur Abwehr einen elektrischen Zaun errichtet, doch vergeblich, Godzilla scheint unverwundbar. Durch seine enorme Größe und den todbringenden radioaktiven Strahl aus seinem Maul legt er Tokyo in Schutt und Asche. Züge, Gebäude, Menschen; nichts bleibt von ihm verschont. Indes schuf der geniale Wissenschaftler Dr. Serizawa die wahrscheinlich letzte Hoffnung für die Rettung der Menschheit. Eine Vorrichtung, mit der dem Wasser Sauerstoff entzogen werden kann: der Oxygen-Zerstörer. Serizawa befürchtet jedoch, dass seine Erfindung in die falschen Hände fallen könnte und will sie zerstören. Er wird schließlich überzeugt, die gefährliche und einzigartige Waffe gegen Godzilla einzusetzen. Das Monster Godzilla wird in die Tokyoter Bucht gelockt. Serizawa aktiviert unter Wasser seine todbringende Maschine, Godzilla wird bis auf die Knochen zersetzt und „löst sich auf“. Serizawa hingegen rettet die Menschheit und begeht Selbstmord, indem er den Schlauch seiner Taucherglocke abtrennt. Er hat vorher erkannt, dass seine Verlobte inzwischen einen anderen Mann liebt und möchte ihre Zukunft mit einem unversehrten Mann nicht im Wege stehen. Mit militärischen Ehren wird ihm gedacht, während der Wissenschaftler eine ominöse Botschaft von den Kräften, welche die Menschen geweckt haben, dem Zuschauer auf den Weg gibt.

Insgesamt werden siebenundzwanzig weitere „Godzilla“-Folgen unabhängig von den anderen Monsterfilmen folgen, welche in erster Linie Tokyo und Umgebung immer wieder verwüsten.


Natürlich steht über dem Film Hondas Botschaft von einem nachhaltigen und vernünftigen Umgang mit der Natur und vor allem - wenn überhaupt - eine friedliche Nutzung der Atomkraft. Mit „Godzilla“ hat Honda eine überdimensionale und Fleisch gewordene Metapher für diese Botschaft geschaffen. Im Vergleich zu vielen pathetisch unerträglichen Monsterfilmen ist Honda subtiler vorgegangen und hat insbesondere zu Beginn des Films die Erscheinung des Godzillas mit alten japanischen Volkssagen verknüpft. Im Ur-„Godzilla“ ist es Honda gelungen, den Zuschauer trotz seines Zerstörungswahns auf die Seite der Kreatur zu ziehen. Das hat weniger mit den eindimensionalen und teilweise klischeehaft gezeichneten Charakteren zu tun, sondern wie in dem auf einer Kurzgeschichte Ray Bradburys basierenden „The Beast from 20.000 Fathoms“ - dessen Thematik erstaunlich der „Godzillas“ gleicht - ist das Monster die Verkörperung der im Grunde unschuldigen Kreatur, die aus ihrem originären Lebensraum gerissen wird und sich mit dem Instinkt des Überleben wollen und Überleben können gegen die aggressiven Menschen zur Wehr setzt. Obwohl technisch noch ein wenig primitiv, ist es die schwarzweiß Fotographie, welche dem Film eine nihilistisch dunkle Stimmung gibt. Mit einer subjektiven Perspektive zeigt der Regisseur in der ersten Hälfte des Films nur die Zerstörungsorgie, in einer Szenen kann der Zuschauer am Bildrand ein kräftiges, beschupptes Bein erkennen, während im Vordergrund ein Haus zusammenbricht. Leider haben die Techniker in einigen wichtigen Szenen auf überdimensionale Handpuppen zurückgegriffen und deren Primitivität nimmt dem Film in einigen subtilen Szenen die Effektivität. Erst später wird dieses Manko durch die Unterwasseraufnahmen wieder ausgeglichen, in denen auf erstaunlich einfache Art und Weise dem Monster seine Bedrohlichkeit wieder zurückgegeben wird.

Auch wenn heute inzwischen ganze Bibliotheken über die einzelnen „Godzilla“- Filme geschrieben worden sind, basiert der Ur-„Godzilla“ noch auf dem Element der fast kindlichen Übertreibung. Godzilla ist nicht nur groß und kräftig, er kann Feier speien und vereisen. Es gibt keine Erklärungen im Verlaufe des Films für die einzelnen Mutationen, die mit dem eingefrorenen Ur-Dinosaurier ja in keinem Zusammenhang stehen. Menschen, Wissenschaftler und Zuschauer müssen diese überirdischen Fähigkeiten hinnehmen und verfolgen atemlos den im Grunde aussichtslosen Kampf der gegenwärtigen Militärs.

Mit „Godzilla“ erreicht der Monsterfilm auch eine neue Dimension. Während King Kong und der Rhedosaurus aus „The Beast from 20.000 Fathoms“ zwar in den Großstädten wüten und einige Menschen töten, zerstört Godzilla anscheinend - wie von einem Reporter auf einem der Fernsehtürme live bis zu seiner letzten Sekunde berichtet - ganz Tokyo und erreicht damit die Zerstörungskraft der beiden über Japan abgeworfenen Atombomben. Er ist eine scheinbar unzerstörbare Kraft, vom Menschen nicht erschaffen, aber wiedererweckt. Wie das Atom, das der Mensch auch entdeckt, aber nicht erfunden hat. In seiner Gesinnung „unschuldig“. Ganz bewusst geht Honda aber noch einen Schritt weiter. Im Vergleich zu anderen Monsterfilmen reicht es dem japanischen Regisseur nicht, den Angriff und die Zerstörung des Monsters zu zeigen, er lichtet auch die Folgen dieser Attacken ab. Während die erste Begegnung zwischen Mensch und Godzilla auf der kleinen japanischen Fischerinsel dazu dient, den Aberglauben der Bevölkerung zu stärken - diese gibt dem Monster auch seinen Namen, basierend auf einer alten Legende, das ein Monster erst die Fische vertreiben wird und schließlich an Land kommt - und die Wissenschaftler auf die richtige Fährte zu locken. Nach der Tötung Godzillas und vor allem der Rückkehr nach Tokyo zeigt Honda die verheerenden Folgen des Angriffs. Die Menschen sind geschockt, sie haben ihre Habe verloren, die Politiker ergehen sich in Notfallplänen und kommen in der Gesamtbetrachtung erstaunlich hilflos und überheblich weg. Die Folgen der Zerstörungsorgien werden insbesondere in den westlichen Monsterfilmen heruntergespielt bzw. handlungstechnisch weniger betont, in „Godzilla“ sind sie in den meisten Szenen spürbar. Auch wenn nicht alles tricktechnisch überzeugend ist, gehört Godzillas erster Marsch durch Tokyo immer noch zu den kraftvollsten Szenen dieser langjährigen Serie und zu den effektivsten „Monster gegen Menschen“-Sequenzen der Filmgeschichte. Wie in Emmerichs überdimensionalem und teilweise erschreckend naivem Remake erfolgen die Angriffe nur nachts. Damit wird die noch in den Kinderschuhen steckende Modelltechnik überdeckt, aber der Schrecken ist auch viel intensiver. Das brennende Tokyo, die überdimensionale Bestie, welche die Schneise mehr und mehr in die waidwunde Stadt schlägt und das hilflose Militär. Immer wieder schneidet Honda reale Bilder von japanischen Militärfahrzeugen und Kriegsschiffen in seinen Film, um die Illusion des „es kann jeden Tag passieren“ zu verstärken. Vor allem ist Godzilla noch nicht die Kreatur, die sich für die japanische Bevölkerung gegen Monster aus dem All einsetzt. In einer Szene versucht eine hilflose Mutter ihren Kindern vergeblich zu erklären, dass Godzilla immer die Kinder schützen wird.

Auch wenn die menschlichen Charaktere hinter dieser Zerstörungsorgie zurückstehen und vor allem eindimensional gezeichnet worden sind, beginnt sich der Zuschauer für die obligatorische und durch die japanischen Traditionen nicht unbedingt erleichterte Dreiecksgeschichte zu interessieren. Eine Frau zwischen zwei Männern, die schließlich gemeinsam auf den Grund des Meeres tauchen, um Godzilla zu bekämpfen. Der Zuschauer ahnt das Ende schon im voraus, das Schockierende liegt aber in dem nur dem Zuschauer und dem Überlebenden bekannten Selbstmord des Retters. Schon von Beginn an durch Godzillas Angriffe entstellt unterwirft er sich der japanischen Ehre und will sich opfern. In asiatischer Schwermut kostet er nicht seinen Sieg aus, sondern tötet sich selbst. Nicht zuletzt um das Geheimnis seiner noch zerstörerischen Waffe ins Grab zu nehmen. Das Vertrauen in die Politik und die Menschheit ist zerstört worden. In den amerikanischen Filmen besiegt die Kombination aus Zufall, Militär und einer Handvoll brillanten Wissenschaftler schließlich die Kreatur und damit Natur. In diesem ersten japanischen Klassiker ist zwar der Intellekt des Menschen schließlich der Sieger, es wird allerdings eher wie ein Pyrrhussieg. Mit dem ergrauten Professor verfügt das Publikum über einen Mittler. Er liefert in zwei längeren Vorträgen die notwendigen Informationen, wirkt teilweise ein wenig trottelig und zeigt sich in einer emotional gut gezeichneten Szene als der typische japanische Familienvater, der nur auf Traditionen und Verpflichtungen Rücksicht nimmt und nicht das Wohl seiner hübschen Tochter im Auge hat. Diese dient in erster Linie der Optik und schaut mit schmerzverzerrtem Gesicht in die Kamera oder macht den Helden Mut. Hier besteht kein Unterschied zu den weiblichen Gespielinnen westlicher, aber attraktiver Wissenschaftler. Die Militärs und Politiker werden als arrogant und selbstverliebt geschildert, die mehr Wert auf ihr Image in der Öffentlichkeit legen, als die Bedrohung zu bekämpfen. Nicht umsonst durchziehen den Mittelteil immer wieder längere und teilweise langweilige Diskussionen. In einer parlamentarischen Auseinandersetzung entlarven schließlich eine Handvoll Frauen einen Politiker als opportunistischen Egoisten.
Zu den Höhepunkten des ersten „Godzillas“ gehört aber unzweifelhaft auch Akira Ifukubes sehr gute und stimmungsvolle Musik. Vor allem verzichtet Honda über weite Strecken des Films auf Musik und gibt seinem Streifen einen fast semidokumentarischen Charakter, um sie dann in entschiedenen Passagen kraftvoll und geschickt vordergründig einzusetzen. Die Musik ist kein Ohrwurm, aber sie bildet zusammen mit den Filmszenen eine intelligent zusammengesetzte Einheit aus Bild und Ton. Ifukube hat auch Godzillas inzwischen charakteristisches Brüllen erfunden.

Was macht jetzt den inhaltlichen Unterschied zwischen der ungekürzten japanischen Langfassung und der Patch Up Version mit dem hineinkopierten Schauspieler Burr? Während die altbekannte Fassung teilweise hektisch und mit plakativen Doomsday-Hinweisen angefüllt ist, wird die vorliegende japanische Fassung getragener mit einer interessanten Mischung aus melancholischem Pathos und der Beschwörung einer dunklen Zukunft. Die wieder integrierten untertitelten Passagen konzentrieren sich auf die Charaktere und liefern an einigen Stellen den Zuschauern wichtige Zusatzinformationen. Sie treiben allerdings nicht die Handlung voran. Trotzdem wirkt die japanische Fassung homogener und fließender, teilweise allerdings ein wenig langatmig und getragen. Unabhängig von seinen inhaltlichen Schwächen und der teilweise zu stringenten, zu einfachen Handlungsführung mit einem bösartigen Monster voller Urgewalt ist und bleibt „Godzilla“ ein Klassiker des Monsterfilmgenre, der mit dieser Neuveröffentlichung in seiner originären Form vorliegt.

Obwohl die Bildqualität insbesondere zu Beginn noch zu wünschen übrig lässt, ist es eine deutliche Verbesserung gegenüber der letzten DVD-Veröffentlichung aus dem Jahre 2001. Mit fortschreitender Laufzeit werden die Dropouts weniger, das Bild wird schärfer und kontrastreicher. Vor allem die Nachtszenen überzeugen. Der Ton ist klar, die Abstimmung zwischen der Hintergrundmusik, der entsprechenden Geräuschkulisse und den Dialogen stimmig. Nur die wenigen untertitelten Passagen sind auf der deutschen Tonspur ein wenig zu leise. An Extras finden sich nur Trailer zu den anderen DVD Veröffentlichungen. Ein wenig mehr Hintergrundmaterial wäre wünschenswert gewesen.

DVD-Facts:
Bild: 1,33:1
Ton: deutsch Dolby Digital 1.0 Mono, japanisch Dolby Digital 1.0 Mono
Untertitel: deutsch, deutsch für Hörgeschädigte

hinzugefügt: December 9th 2007
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
zugehöriger Link: Splendid Entertainment
Hits: 3197
Sprache:

  

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