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Honisch, Ju: Bisse (Buch)

Ju Honisch
Bisse
Titelbild von Daniel Reimer
Hexentorverlag, 2007, Taschenbuch, 272 Seiten, 10,00 EUR, ISBN 978-3-939882-02-2

Von Christel Scheja

Vielleicht ist dem einen oder anderen Leser der Name Ju Honisch ja bereits vertraut. Die gebürtige Berlinerin, die in Bayern aufgewachsen ist und nach einem Aufenthalt in Irland mit ihrem Mann in Frankfurt am Main lebt, ist in der Szene als Liedermacherin und Sängerin bekannt. In ihren Liedern hat sie zumeist phantastische Themen behandelt, teilweise waren es sogar Songs zu Fantasy-Romanen. Mit „Bisse” beweist sie aber auch ihr schriftstellerisches Talent.

Siebzehn Geschichten sind in der Anthologie aus dem Hexentorverlag versammelt, die zumeist der unheimlichen Phantastik zuzurechnen sind. Aber hin und wieder, so wie in der ersten Erzählung, werden auch die Fühler in Richtung der anderen Genres ausgestreckt.

Es ist eigentlich keine „Ansichtsache” sondern eine Sache von Erziehung und Anstand, die der jüngeren Generation völlig abgehen, findet eine alte Dame, die sich gegenüber ihrer Freundin in Briefen über die Nachbarn beschwert und schließlich einen Gegenstand in ihrem Schrank deponiert, der nur von den Kindern von nebenan stammen kann. Doch das Ding scheint ein Eigenleben zu entwickeln. Sie ahnt ja nicht, was wirklich in ihm steckt.
In „Hohe Minne” träumt Anna von der großen Liebe, doch während des Italienurlaubs mit ihrem neuen Freund muss sie feststellen, dass er eigentlich nur an einem interessiert ist: sich, so oft er kann, Spaß mit ihr im Bett zu holen. Ernüchtert und enttäuscht verlässt sie ihn und versucht, sich durch einen Ausflug in ein altes Kastell abzulenken. Dessen Besitzer ist sehr freundlich und zuvorkommend, scheint ihre Gefühle zu verstehen und die wahre Liebe zu kennen. Doch welchen Preis muss sie dafür zahlen?
Der „Klang” der Harfe verzaubert Elke vom ersten Augenblick an, als sie das Instrument aus dem Nachlass ihrer Tante erhält, die sich als Musikerin ins Ausland zurückgezogen hat. Sie kann es nicht lassen, auf dieser zu spielen und vergisst dabei alles um sich herum. Dabei wurde mit dem Instrument eine ernste Warnung mitgeschickt, die sie aber nicht beachtet, bis es zu spät ist.
Einsam ist der „Macht-haber”, der seiner zarten Gefangenen die Geschichte seines Lebens erzählt, aber doch irgendwie sein Ziel nicht erreicht, denn am Ende zieht sie es lieber vor, aus dem Leben zu scheiden, als ihm ihr Herz zu schenken. Aber auch wenn er die Menschen über Jahrtausende begleitet hat, kann er immer noch nicht begreifen, warum sie so viel Angst vor ihm haben. Dabei will er nicht viel von ihnen.
Ein Rentner tut für seine bettlägerige Frau alles. Er entfernt auch die „Schädlinge” aus ihrem Kräutergarten und vernichtet sie, damit sie nicht wiederkommen. Allerdings nicht ohne einen kleinen Hintergedanken.
Ähnlich verhält sich ein junger Mann, der auch nach vierzig Jahren immer noch für seine Mutter da ist und ihr versucht, ein guter und perfekter Sohn zu sein. Er erlaubt sich jedoch ein Geheimnis vor ihr zu haben, das er nur mit einem schlammigen Tümpel teilt, zu dem er sich nachts hinschleicht, um der „Wassermusik” zu lauschen, die ihn von allen Enttäuschungen seines Lebens befreit.
„Die Bundesminsterin für Gesundheit rät” mit dem Rauchen aufzuhören, doch trotz aller Repressalien gibt es immer noch genug Süchtige, die dieser Leidenschaft frönen und nicht davon ablassen können. Sie sind längst in das Visier einer anderen Macht geraten.

Dies sind nur die Highlights der Sammlung, in der die düster-makaberen Geschichten dominieren. Gerade durch die Alltäglichkeit mit der Erzählungen wie „Schädlinge” und „Wassermusik” beginnen, entsteht ein krasser Gegensatz zu dem Grauen, dass sich gerade zum Ende hin immer mehr in die Geschichte einschleicht.
Etwas weniger ernst und bedrohlich geht es in „Ansichtssache” zu, bei der das Schmunzeln immer wieder im Hals stecken bleibt; und sie ist auch nicht die einzige dieser Art.

Auch wenn Ju Honisch sich nicht scheut, ekelhafte Dinge und Abläufe realistisch zu beschreiben, so steht bei ihr doch nicht im Vordergrund, durch plakative Schilderungen und Gewalt Spannung zu erzeugen. Bei ihr haben die Figuren mehr zu sagen, sie beobachtet und entwickelt ihr Verhalten. Hin und wieder lässt sie das eine oder andere bewusst auch ungesagt, um das Gruseln noch angenehmer zu gestalten.
Insgesamt ist festzustellen, dass ihre Geschichten weitestgehend ruhig sind und sich in erster Linie auf die Menschen konzentrieren. Und das ist genau so spannend und unterhaltsam wie ein mitreißender Abenteuerroman und manchmal grusliger als ein Splatter-Film voller Blut und Gedärme. Denn sie regt die Phantasie des Lesers an und erstickt sie nicht unter einer Flut von eigenen Beschreibungen.

Das macht „Bisse” zu einem Geheimtipp für alle Fans gehobenen Horrors, die sich lieber realistisch und leise Schauer über den Rücken jagen lassen und einer Prise bitterbösen schwarzen Humors nicht abgeneigt sind.

hinzugefügt: December 24th 2007
Tester: Christel Scheja
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