Secret Girl 1 (von 5)
Ako Shimaki
(Boku Ni Natta Watashi Vol. 1, 2005)
Aus dem Japanischen von Costa Caspari
EMA, 2007, Taschenbuch, 186 Seiten, 6,00 EUR, ISBN 978-3-7704-6839-3
Von Irene Salzmann
Für die Eltern der Zwillinge Momoko und Akira Takanashi zählt einzig der Sohn. Er soll ein Elite-Gymnasium besuchen, während für die Tochter eine wenig renommierte Schule ausreichend ist. Unerwartet verschwindet Akira, um seinen Traumberuf, Fotograf, zu erlernen. Momoko wird gezwungen, in die Rolle ihres Bruders zu schlüpfen, damit er keine Probleme an seinem Gymnasium bekommt.
Im an die Schule angeschlossenen Internat wird ausgerechnet der unverschämte Kunio Ito, der sie einmal vor einem heranbrausenden Auto bewahrte und sie wegen ihrer Unaufmerksamkeit ausschimpfte, Momokos Zimmergenosse. Es dauert nicht lange, bis er ihr Geheimnis zufällig aufdeckt. Aber auch der Schülersprecher Yosuke Saeki ahnt etwas und versucht, Momoko zu erpressen, damit sie mit ihm ausgeht.
Kunio hat alle Hände voll zu tun, um Momoko immer wieder aus der Patsche zu helfen, denn er möchte verhindern, dass sie auffliegt und die Schule verlassen muss. Und auch Momoko will bleiben, da sie sich in Kunio verliebt hat. Doch plötzlich ist Akira wieder da, enttäuscht, weil die Ausbildung zum Fotografen härter ist, als er erwartet hat. Er beschließt, seinen Platz wieder einzunehmen, und Momoko hat ihre Schuldigkeit getan…
In nahezu allen Kulturkreisen zählt der Sohn mehr als die Tochter. Auch in Deutschland ist es oft noch so, dass die Jungen mehr gehätschelt und gefördert werden und mehr Privilegien genießen als die Mädchen. In Japan wird noch viel intensiver an alten Traditionen festgehalten, die von den Betroffenen weitgehend abgelehnt werden und gegen die aufgeschlossene Menschen meist vergeblich anrennen. Wer sich durchsetzt, muss mit gesellschaftlicher Isolation rechnen.
„Secret Girl“ bedient sich dieses Motivs, denn Akira ist der Liebling seiner Eltern, für den das Beste gerade gut genug ist, während Momoko immer in seinem Schatten steht und seinetwegen viele Opfer bringen muss. Allerdings wird in dem Manga nicht wirklich Aufklärung betrieben oder ein längst überholtes, diskriminierendes System angeprangert.
Die Story soll unterhalten, darum dient dieser Hintergrund nur als Aufhänger, um Momoko in ein Jungen-Internat zu bringen, wo eine Menge kurioser Verwicklungen und die große Liebe auf sie warten. Mehr als Umarmungen und Küsse werden allerdings nicht geboten, und auch im Bad verdecken Dampfschwaden jene Stellen, die Zwölfjährige vielleicht noch nicht sehen wollen.
Neben Kunio, dem Love-Interest, gibt es dessen Rivalen, der etwas ahnt, aber dem noch der letzte Beweis für Momokos wahre Identität fehlt. Yosuke macht Momoko regelmäßig das Leben schwer, aber Kunio ist nicht auf den Kopf gefallen und findet immer wieder eine Lösung, um das Geheimnis zu wahren. Ebenfalls für Aufregung sorgt Akiras Rückkehr. Nun bekommt das Wunderkind auch einmal sein Fett weg, erweist es sich doch als jemand, der schnell die Flinte ins Korn wirft, wenn etwas nicht gleich klappt.
Die Illustrationen sind hübsch und niedlich - typischer Shojo-Stil: Die Protagonisten sind ausnahmslos attraktiv und haben große, glänzende Augen. Sie stehen stets im Mittelpunkt, während Hintergründe nur selten detailreich ausgeführt werden, um nicht von den Charakteren und ihrer Entwicklung abzulenken.
Wer das Genre und die Thematik mag, dem wird ein ansprechend gezeichneter Manga offeriert, der amüsant und romantisch ist. Vor allem die Fans von Titeln wie „Cute x Guy“, „Hana-kimi“ oder „W Juliet“ dürften viel Spaß an dieser School-Comedy haben.