Die Rächer: Die Initiative 1
Brian Michael Bendis, Frank Cho, Jason Keith u. a.
(The Mighty Avengers 1 – 3: The Initiative 1 – 3 Avengers Classic 1: Some Assembly Required, 2007)
Aus dem Amerikanischen von Michael Strittmatter
Titelillustration von Frank Cho
Panini, 2008, Paperback, 96 Seiten, 12,95 EUR
Von Irene Salzmann
Die Auswirkungen des „Civil War“ sind immer noch spürbar. Die meisten Superwesen haben sich notgedrungen registrieren lassen, doch einige sind weiterhin im Untergrund aktiv, da sie mit dem neuen Gesetz nicht einverstanden sind und befürchten, dass dies erst der Anfang von weiteren Menschenrechtsverletzungen ist.
Die Versuche, die Rächer nach dem Unheil, das die Scarlet Witch über das Team brachte, neu zu formieren, zeigten nur kurzfristige Erfolge. Nun will Tony Stark alias Iron Man erneut eine Gruppe Superhelden um sich scharen. Die Leitung soll Mrs. Marvel übernehmen.
Diese fühlt sich auch sehr geschmeichelt von dem Vertrauen, das in sie gesetzt wird, doch sie erkennt bald, dass der Job weniger einfach ist, als sie zunächst geglaubt hatte, denn Iron Man setzt sich über ihre Wünsche, die Mitglieder betreffend, einfach hinweg.
Es bleibt auch keine Zeit, die zusammen gewürfelte Truppe – Black Widow, Wasp, Sentry, Wonder Man und Ares - durch ein Training miteinander vertraut zu machen, denn Mole Man schlägt zu. Die Rächer sind bereits siegesgewiss, plötzlich passiert etwas, womit sie nicht gerechnet haben:
In einer gewaltigen Explosion verschwindet Iron Man, und an seiner statt steht eine junge Frau, die wie Wasp aussieht, vor den verblüfften Beobachtern und bekennt sich zu der Zerstörung von Mole Mans unterirdischem Reich. Wer ist sie, und welche Pläne verfolgt sie? Ist Iron Man tot?
In den vergangenen Monaten hat es viele Veränderungen im Marvel-Universum gegeben, die sich durch praktisch alle Serien zogen. Beliebte Charaktere wurden ihrer Kräfte beraubt, sind verschollen oder tot – nichts ist mehr, wie es vorher war. Selten wagten die Autoren solch gravierende Einschnitte, und wenn, dann wurden sie nach einer Weile wieder rückgängig gemacht. Im Moment sieht es ganz danach aus, als würde die Umstrukturierung nicht so bald abgemildert, stattdessen geht es sogar noch weiter.
Wieder einmal wird ein neues Rächer-Team zusammengestellt, das teils aus Personen besteht, die mindestens schon einmal für einige Zeit dabei waren, aber auch Neulingen einen Platz bietet. Diese sollen die Lücken füllen, die ihre Vorgänger hinterlassen haben: Ares ersetzt Thor oder Wolverine und Sentry den Hulk. Die Parallelen sind deutlich, denn der eine ist ein Gott und neigt zum Berserkertum, der andere verfügt über unglaubliche Kräfte und ist praktisch unbesiegbar, hat aber auch ein psychisches Problem. Einerseits ähnlich und doch anders sollen sie frischen Wind in ein Team bringen, dessen Besetzung noch nicht komplett sein mag, denn Iron Mans Schicksal muss ebenso geklärt werden wie der Status der Black Widow, die die Leitung des SHIELD-Helicarriers übernimmt, während Yellowjacket und Tigra ein erstes Gastspiel geben.
Dramatische Kämpfe und offene Fragen auf der einen Seite sorgen für Spannung, das ausgewogene Verhältnis von weiblichen und männlichen Protagonisten berücksichtigt romantische Verwicklungen auf der anderen Seite. Mrs. Marvel und Wonder Man scheinen einander ebenso sympathisch zu finden, wie Ares die Black Widow. Wasp ist solo, doch was wird passieren, wenn Yellowjacket ins Team zurückkehrt, womöglich mit Tigra im Schlepptau?
Die Weichen für interessante Entwicklungen werden schon bei der Einführung der Charaktere gestellt, und man darf gespannt sein, was weiter geschehen wird, ob Iron Man überlebt hat oder nach Thor, Captain America, Hawkeye und etlichen anderen ebenfalls sterben muss (vorläufig). Natürlich ist nicht der vergleichsweise harmlose Mole Man der wahre Gegner sondern ein viel gefährlicherer Feind, der in der Vergangenheit der Rächer mehrmals in Aktion trat und den Helden große Probleme verursachte.
Die Zeichnungen sind gefällig, manchmal schon etwas zu glatt und comichaft. Frank Cho hat offenbar viel Spaß daran, üppige weibliche Rundungen zu zeichnen, was vor allem den Bedürfnissen der männlichen Leser entgegenkommen dürfte.
Die neue „Rächer“-Serie startet viel versprechend und lädt dazu ein, von Anfang an dabei zu sein. Die lange Vorgeschichte muss man nicht kennen, so dass auch Gelegenheitsleser, die mit den Figuren aus anderen Reihen vertraut und darum neugierig sind, bedenkenlos zugreifen können. Eine Chance sollte man dem Titel ruhig geben, denn Potential ist vorhanden.