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Kashina, Anna: Die Sonnwendherrin (Buch)
Anna Kashina
Die Sonnwendherrin
(Ivan and Marya)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Laura Eden
dtv, 2008, Taschenbuch, 236 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 978-3-423-21053-9
Von Carsten Kuhr
Seit Jahrhunderten sichert der untote Zar und Magier Kaschtschej seinem Königreich Sicherheit und Wohlstand. Doch zu welch einem Preis. Jedes Jahr zur Sonnenwende muss ein junges, unschuldiges Mädchen sein Leben geben, damit das untote Leben des Zauberers um einen weiteres Jahr verlängert wird.
Ausgewählt wird das jungfräuliche Opfer von der Tochter des Zaren. Marja, selbst mit Zaubergaben bedacht, wurde von frühster Kindheit an beigebracht, mit den Opfern kein Mitleid zu haben. Sie, die als schönste Frau der Welt gilt, ist innerlich tot. Nichts rührt ihr Herz mehr an, ihren Trieb befriedigt sie durch animalischen Sex mit Zufallsbekanntschaften.
Eines Tages aber begegnet Marja auf dem Rückweg von der Auswahl ihres diesjährigen Opfers einem faszinierenden jungen Mann. Ohne auf die Gefahr, die ein Kontakt mit der mächtigen Zarentochter für ihn bedeutet zu achten, offenbart sich der Jüngling Iwan der Prinzessin. Ein Peitschenhieb beendet den ersten Annäherungsversuch abrupt.
Doch Iwan lässt nicht locker. Unterstützt von einem unsterblichen Wolf im Hintergrund, der sich den Sturz des Zaren auf seine Fahnen geschrieben hat, macht Iwan sich zunächst auf, die geheimen Fallen auf dem Weg zu seiner Angebeteten zu erforschen. Unter Gefahr für Leib und Seele muss er mit Waldgeistern Rätsel lösen, begegnet auf der Suche nach dem Wasser des Lebens der Baba Jaga und muss sie überreden, ihm zu helfen. Schlussendlich aber muss er in der direkten Konfrontation mit dem Zaren und seiner Angebeteten die Zukunft des Landes und seiner Menschen entscheiden...
Die gebürtige Russin Anna Kashina lebt sein Jahrzehnten in den USA. Um dem allzu trockenen Forschungsauftrag als Leiterin einer Anlage für Molekularbiologie zu entfliehen, betätigt sie sich in ihrer kargen Freizeit als Autorin.
Schon vor ihrer Emigration aus Russland hat sie erste Geschichten geschrieben, mittlerweile hat sie in den Staaten den Auftaktband einer Trilogie veröffentlicht, danach wurde es still um die Autorin.
Zum einen lag dies daran, dass ihr US-Verlag noch vor der Veröffentlichung des zweiten Teils ihres Zyklus pleite ging, zum anderen daran, dass die Leser, gerade in den Staaten, eine Autorin aus Russland doch ein wenig reserviert gegenüberstehen.
Des einen Leid, des anderen Freud heit es so schön, und in unserem Fall hat sich dtv die Welterstveröffentlichungsrechte an dem Einzelroman der „Sonnenwendherrin“ sowie an weiteren Romanen der Autorin sichern können.
Vorliegend nutzt sie die vielfältigen Überlieferungen ihrer Heimat, schöpft aus dem reichhaltigen Sagenschatz Russlands und mixt aus diesen Ingredienzien ihre ganz eigene Mischung.
Märchenhaft kommt der Text daher, dabei tief verwurzelt in den uns unbekannten und gerade deshalb interessanten Traditionen ihrer einstigen Heimat.
Wer große Actionszenen sucht, wer blutige Kämpfe bevorzugt, für den ist dieser Band sicherlich nichts. Kashina bevorzugt die leisen Töne, verzaubert durch absonderliche Wesen statt wildem Schlachtengetümmel, erzählt von einfachen Menschen, die dem Übernatürlichen begegnen. Ihre Sorgen und Nöte, ihre Gefühle interessieren die Autorin, nicht die sonst regelmäßig im Mittelpunkt stehenden strahlenden Helden. Das ist anders, als das gewohnte Fantasy-Allerlei, das uns die großen Verlage allmonatlich offerieren, das erinnert von Aufbau und Ausgestaltung an Sagen und Märchen, und das vermittelt einen Eindruck von dem reichhaltigen kulturellen Sagenschatz Russlands.
hinzugefügt: March 7th 2008 Tester: Carsten Kuhr Punkte: zugehöriger Link: Deutscher Taschenbuch Verlag Hits: 2975 Sprache: german
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