Die Chroniken von Huadu - Blade of the Rose
HK 2004, Regie: Patrick Leung, Corey Yuen, mit Jaycee Chan, Charlene Choi, Gillian Chung, Donnie Yen, Jackie Chan u.a.
Von Thomas Harbach
Auch wenn es insbesondere im Westen nicht so erscheint, ist „Blade of the Rose” weniger eine Jackie Chan Produktion, in welcher er zum ersten Mal zusammen mit seinem ältesten Sohn Jaycee Chan auf der Leinwand erscheint. Auch die lange vermisste Zusammenarbeit des asiatischen Superstars mit einem der effektivsten Martial Arts Regisseure Hongkong in den neunziger Jahren steht nicht im Mittelpunkt des neusten Fantasy-Action- Historienepos, sondern die beiden Pop Superstars Charlene Choi und Gillian Chung, die in Hongkong als „Twins” auftreten. Splendid setzt ihre Namen nicht einmal auf das Cover oberhalb des Filmtitels, die dritte Position nimmt der Routinier Donnie Yen ein.
„Blade of the Rose” ist der erste Martial Arts Film der beiden jungen und sehr hübschen Frauen. Ihr erster Film, „The Twin Effects”, unterstrich ihr Image als Popsänger, es folgte im gleichen Jahre (2003) mit „The Death Curse” eine Haunted House Geschichte und im folgenden Jahr mit „Protege de la Rose Noire” eine Superheldenstory. Im Vergleich zu den bisherigen Auftreten ist allerdings „Blade of tue Rose” eindeutig ihre beste Filmarbeit, was sicherlich auch an dem sehr erfahrenen Regisseur liegt. Nur ihr Männergeschmack folgt nicht der Logik, sondern soll suggerieren, welche ihrer Fangruppen bei den beiden jungen Frauen zumindest in der Irrealität der Popszene Chancen haben.
Trotz oder gerade wegen dieser logischen Einschränkung macht das Drehbuch nicht den Fehler, ihnen den Plot auf den hübschen Leib zu schneidern.
Die Geschichte beginnt in dem alten Königreich Huada, das von einer hübschen, aber heimtückischen und vor allem die Männer hassenden Königin regiert wird. Männer sind zu (Sex-)Sklaven degradiert. Sie werden abfällig als Trottel bezeichnet.
Die Geschichte beginnt auf einem Sklavenmarkt, auf dem die Sklavenhändlerin Charlene Choi, genau wie Gillian Chung allerdings mit unterschiedlichen Prämissen, ihre männlichen Waren anbieten. Es kommt zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden Frauen, welche die bescheidenen Sets und vor allem die wenigen Komparsen ausgleicht. Leider sind die alten Tricks in erster Linie durch CGI Trickeffekte ersetzt worden, die inzwischen eindrucksvoll anzuschauen sind, aber den Sense of Wonder überschritten haben. Glaubte man Jackie Chan oder Jet Li zumindest noch ansatzweise, das sie ihre akrobatischen Tricks zumindest noch mittels retouchierter Kappel noch ausführen konnten, wirkten einige der Aktionen unnötig überdreht und negieren den gewünschten Effekt.
Wenige Tage vor dieser Begegnung auf dem Sklavenmarkt ist eine seltene Steintafel gestohlen worden, welche den Weg zum geheimnisvollen Schwert Excalibur (!) weist, welches nur der Kaiser der Kaiser tragen darf. Anscheinend haben die beiden Jahrmarktgehilfen Char - Jaycee Chan, in der deutschen Übersetzung unverständlicherweise Wirrkopf genannt - und Lear - Chen Po- Lin, dessen deutscher Name Klotzkopf keinen Deut besser ist - mit dem Diebstahl der Tafel indirekt etwas zu tun. Zusammen mit den beiden hübschen Frauen machen sie sich auf den Weg, den Schatz zu bergen. Dabei verlieben sie sich nicht nur in ihre hübschen Begleiterinnen, in einem Anfall von Unlogik verlieben sich auch die beiden selbständigen, sehr gefährlichen Frauen auch in die beiden jungen Männer!
Im Gegensatz zu den tragischen vier Helden wird der Zuschauer über eine Prophezeiung informiert, welche die Rückkehr eines Kindkaisers mit dem Schwert der Macht ankündigt, welcher die bestehende Ordnung - da es sich um eine Tyrannei handelt, natürlich Unordnung - beseitigen wird. Die Kaiserin hofft, dass ihre Agentin in der Gruppe ihr rechtzeitig das Schwert bringen wird.
Natürlich schließt sich jetzt die obligatorische Quest an, in welcher die vier jungen Leute sich durch eine Reihe von immer größer werdenden Gefahren - unter anderem eine Räuberbande, welche nicht zum Fürchten ist, sondern die unter dem für Westler schwer bis gar nicht verständlichen Humor vollkommen überzeichnet worden ist - schlagen müssen. Nach anfänglicher Abneigung kommen sich die beiden Paare natürlich näher. Hier kann das Drehbuch arbeiten wie es will, zwischen den Männern und Frauen stimmt die Chemie nicht. Wer sich an weibliche Helden wie Brigitte Lin oder Michelle Yeoh erinnert fühlt, wird im Verlaufe des Films immer stärker von den zu Klischees reduzierten weiblichen Figuren im festen Griff der jugendlichen „Trottel” enttäuscht. Die Vermarktung der beiden Sängerinnen steht natürlich im Mittelpunkt des Films und deswegen soll auf diese Unlogik nicht weiter eingegangen werden. Um solch teure Filme in Hongkong überhaupt noch produzieren zu können, reicht nicht mehr das Charisma eines Jackie Chan oder der Ruf eines Corey Yuen. Eine traurige Wahrheit.
Eine der schönsten Actionsequenzen, sowohl von der Inszenierung als auch der Stimmung, ist der Kampf in der Vorhalle des legendären Schwertverstecks. Während die vier „Helden” ohne Probleme an der einzelnen steinernen Figur in der Halle vorbeieilen können, wird der ihnen folgende General Lone - Donnie Yen - aufgehalten. Lone ist einer der wenigen verbitterten Kämpfer, welche die böse Kaiserin stürzen möchte. Vor ihm löst sich die Hülle der steinernen Figur ab, die den Lord of Armour - Jackie Chan - umgeben hat. Natürlich kommt es zu einem Kampf zwischen den beiden sehr unterschiedlichen Schauspielern, der zwar von den CGI Trickeffekten sehr stark unterstützt worden ist, aber der in seine Dynamik und vor allem den vielen guten Aufnahmewinkeln für einen Augenblick das Hongkong-Feeling der neunziger Jahre aufleben lässt.
Danach zerbricht der Streifen leider bis auf den interessanten, aber überlangen und nicht unbedingt logischen Endkampf in einer Reihe von Szenen, die zwischen erbärmlich - die fette Offizierin findet natürlich auch noch einen Mann fürs Leben - und annehmbar schwanken. Die Dynamik dieser Sequenz wird allerdings leider im ganzen Film kein zweites Mal erreicht.
Dabei wäre es so einfach gewesen, dem unsterblichen Helden Jackie Chan und seinem „getreuen” General Lone eine tragende und vor allem tragische Rolle im Befreiungskampf zuzuweisen. Zu sehr muss sich allerdings das Drehbuch wieder auf die vier jugendlichen Helden konzentrieren und vergibt die Chance, eine generationenübergreifende Lösung zu präsentieren. Vorbei sind die Zeiten, in denen die überdimensionalen Helden in treuer Pflichterfüllung gegen die Bösen ihr Leben ließen und mit ihrem Vorbild die Massen beeinflussten.
Der Zuschauer hat nicht nur bei diesem Streifen das Gefühl, als wäre der zwar übertriebene, aber sehenswerte pathetische Patriotismus in der Volksrepublik nicht gerne gesehen. Das Böse muss zwar bezwungen werden, aber die Opfer sollten nicht heroisiert und vor allem individualisiert werden. Dieses Vergehen nimmt allerdings insbesondere mit starkem östlichem Humor geschriebenen Epen an Effektivität und die wenigen sehr schönen Szenen geraten eher in den Hintergrund.
Insbesondere Regisseur Corey Yuen hat in seinen Filmen „Saviour of the Soul” - dessen Grundthematik diesem Film an einigen Stellen erstaunlich ähnlich ist - und „Fond Sai Yuk” (1991 und 1993 inszeniert) bewiesen, wie man es richtig macht.
Nicht, dass „Blade of the Rose” eine gänzlich Verschwendung ist. Das Budget von ca. 10 Millionen US Dollar hat nicht immer für überzeugende Tricks - insbesondere die Flugsequenzen und Matte Painting sind teilweise wirklich unterdurchschnittlich - gesorgt, aber die Ausstattung, die Kostüme und vor allem die wunderschönen Landschaften - in China aufgenommen - gleichen dieses Manko aus. Während er bei den meisten Witzen nicht unbedingt das Niveau heben konnte, hat er sich darauf konzentriert, im Gegensatz zu den anderen Filmen mit den beiden Popsternchen einen akzeptablen Film zu drehen, in welchem vor allem die farbenprächtigen Kostüme und einige gute Kung Fu Kämpfe herausragen.
Jackie Chan und Donnie Yen sind in ihren Rollen verschenkt und haben nicht die Zeit, ihre Charaktere wirklich weiterzuentwickeln. Insbesondere im Falle Yen ein Manko, von dem sich der Film nicht mehr erholt. Die beste Rolle dieses Streifens hat ein weiteres, kaum erwähntes Mitglied der alten Garde Hongkong. Tony Leung als verzweifelt liebender Helfer der Kaiserin. Insbesondere in „The Lovers” hat er bewiesen, das er diese tragischen Rollen mit Leben erfüllen kann und ihm gehört auch am Ende des Films die einzige Szene, welche an Meisterwerke wie „The Bride wich white Hair” erinnert. Auf den ersten Blick unter seinem Kostüm kaum zu erkennen gewinnt seine Figur schnell an tragischer Tiefe.
Jaychee Chan ist als Schauspieler eher durchschnittlich, als charismatischer Held nicht vorhanden. Natürlich wehrt er sich - überzeugend aufgrund seiner Unsicherheit mit der Rolle - gegen das Klischee, der Heilsbringer und neuer Kaiser zu sein. Der Streifen macht dann in der letzten Hälfte auch den Fehler, ihm zumindest latente Kung Fu Fähigkeiten anzudichten, die er durch seine Erziehung als einfachster Theaterhelfer nicht gelernt haben kann. Chan fehlt der Zugang zu dieser nicht unbedingt schwierigen Rolle und am Ende verliert er sich in harmlosen Sprüchen und einigen wenigen von Trickeffekten unterlegten Auftritten mit dem „magischen” Schwert.
Die beiden Popsängerin werden von Yuen so weit es geht gefördert und ihre individuellen Stärken versucht der Regisseur herauszustellen und ihre Schwächen als Schauspielerinnen mit schnellen Schnitten und teilweise hektischen Kamerafahrten zu überdecken. Insbesondere Gillian kann in ihrer Kung Fu Kunst besser überzeugen, ihre Figur ist tragischer und dunkler angelegt. Sie strahlt eine gewisse Gefahr in ihrem Wesen aus, die von einer inneren Traurigkeit überlagert wird. Charlene Choi hat dagegen die besseren Dialoge, auch wenn ihre Bartverkleidung inzwischen einen ebenso langen Bart wie ihre Haare hat.
Es lohnt sich, den Film im Original mit den deutschen Untertiteln zu sehen, da die Sprachmuster natürlich und verständlich harmonischer wirken und die Synchronstimmen teilweise zu überzogen den natürlich eher dümmlichen Text sprechen. Da zu den Swordplay- Fantasy Filmen aus Asien die Übertreibung dazu gehört, sollte der Zuschauer die Actionszenen mit dem entsprechenden Humor nehmen und sich über die nicht immer treffenden visuellen Gags freuen anstatt versuchen, Ansprüche insbesondere des westlichen Fantasy-Films auf diese anscheinende Neujahrsproduktion - da geht man mit der ganzen Familie in Hongkong ins Kino und will sich nur köstlich amüsieren - zu übertragen. Spätestens nach den ersten zwanzig Minuten mit ihrer Mischung aus Action und kindlichem Humor könnte man entnervt aufgeben.
Zu den weiteren Schwächen des Films gehört die Endschlacht, in welcher die über weite Strecken aufgebaute Prämisse zur Seite geschoben werden muss, weil insbesondere der männliche Hauptdarsteller in kleinster Weise die Schuhe ausfüllen kann, welche ihm das Drehbuch auf den viel zu schmächtigen Leib geschrieben hat. Warum insbesondere Yuen nicht in letzter Sekunde den Plot noch einmal geändert hat - alles nur ein Missverständnis, der wahre Kaiser der Kaiser hat ihm Hintergrund alles geplant - bleibt sein Geheimnis. Mit dieser Auflösung negiert der Film einige sehr schöne Szenen. So stehen sich Männer und Frauen auf den Schlachtfeld gegenüber, bevor ihnen in letzter Sekunde vor dem Blutvergießen einfällt, was sie einmal verbunden hat. Auch wenn die geschlechterspezifische Frage nicht konsequent durchdiskutiert und vor allem handlungstechnisch immer überzeugend integriert worden ist, gibt es eine Reihe von Szenen, welche den Film immer wieder aus dem Mittelmaß zu retten suchen. Auch das Verhältnis zwischen Kaiserin, ihrem devoten Diener und ehemaligen Liebhaber, sowie ihrer Schwester - eine der überzeugten Tricksequenzen des Streifens - ist handlungstechnisch eine der Stärken des Films. Die Magie ist pointiert und im Vergleich zu anderen Filmen deutlich zielgerichteter eingesetzt. Der Zuschauer glaubt, dass diese gefährliche Waffe nur in wenigen Händen liegen darf. Der Liebeszauber dagegen ist eine der unlustigsten „Erfindungen” des Drehbuchs und die Idee, zumindest den zweiten der König Arthur Legende einfach nach Asien zu verlegen und das Schwert zwar in Stein, aber auch unter einem Wasserfall zu verstecken, ist ein Rückschritt in die siebziger und frühen achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts, als die asiatischen Drehbuchautoren noch jede Idee kopierten, die nicht rechzeitig auf die Bäume geflohen ist. Dabei begegnen sich Tragik und Komödie in dieser Sequenz. Das Schwert darf nur von einem reinen Menschen getragen werden und die ersten beiden machtgierigen Menschen werden von den Visionen, nach dem sie nach dem Schwert gegriffen haben, vor ihren Freunden entlarvt. Zumindest für den Zuschauer ist es keine Überraschung, dass ausgerechnet Chans Sohn der Auserwählte sein sollte. Eine Parabel auf dessen Zukunft im asiatischen Kino mit einem Mantel, der ihm mindestens zwei Nummern zu groß ist? Zumindest impliziert das Drehbuch im Epilog eine interessante Antwort auf diese Vermutung.
Insgesamt ist „Blade of the Rose” eher ein Streifen für die langjährigen Anhänger des Hongkong Kinos, die noch einmal positiv gesprochen etwas neues Altes sehen wollen. Das beginnt bei einigen Schauspielern wie Jackie Chan, Donnie Yen und schließlich Tony Leung, schlägt den Bogen über die teilweise sehr gut inszenierten Martial Arts Sequenzen und hört bei der überdrehten, nicht unbedingt logischen, aber mit teilweise kindischen Witzen unterlegten Handlung auf. Die beiden Frauencharaktere sind zwar eindimensional angelegt, aber die beiden Sängerinnen machen machohaft gesprochen eine sehr gute Figur. Der Regisseur Yuen ist zwar meilenweit von seiner besten Form entfernt, aber kann einige sehr eindrucksvolle Sequenzen auf die große Leinwand bringen, welche dieser Film verdient.
Wie Chans letzte Produktion „Der Mythos” ist „Blade of the Rose” in erster Linie eine Hommage an die goldene, zweite Zeit des asiatischen Kinos in den späten achtziger und frühen neunziger Jahre. Newcomer sollten allerdings auf die inzwischen verfügbaren Originale zurückgreifen, um zu verstehen, was der Begriff „Kino ohne Grenzen” wirklich bedeutet.
Der Film ist sowohl als Doppel-DVD mit vielen Extras als auch Single-DVD erschienen. Der Besprechung lag die einfache Pressung zu Grunde. Das Format 1,85:1 ist angemessen, das Bild ist überzeugend komponiert, die Farben sind sehr kräftig und die Kontraste überzeugend. Die Bildschärfe der DVD entblößt einige Computertricksequenzen. Als Tonspuren werden deutsch und kantonesisch angeboten, es empfiehlt sich, wie schon angesprochen, die Originalspur zu nutzen. Die Mischung zwischen Hintergrundgeräuschen, der teilweise sehr schönen Musik und den Dialogen ist gut abgestimmt.
DVD-Facts:
1,85:1 (anamorph / 16:9)
Ton: deutsch Dolby Digital 5.1, kantonesisch Dolby Digital 5.1
Untertitel: deutsch