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Zusak, Markus: Die Bücherdiebin (Buch)
Markus Zusak
Die Bücherdiebin
(The Book Thief, 2005)
Aus dem Australischen von Alexandra Ernst
cbj, 2008, Hardcover, 592 Seiten, 19,95 EUR, ISBN 978-3-570-13274-6
Blanvalet, 2008, Hardcover, 592 Seiten, 19,95 EUR, ISBN 978-3-764-50284-3
Von Thomas Folgmann
1939. Die neunjährige Liesel Memminger verliert auf dem Weg zu ihren zukünftigen Pflegeeltern Hans und Rosa Hubermann ihren kleinen Bruder. Und findet ein Buch. Sie kann es zwar nicht lesen, aber mit diesem Handbuch für Totengräber lernt sie es. Später rettet sie ein Buch vor dem Feuer der Nazis. Sie bekommt auch Bücher geschenkt, sogar Zugang zu einer privaten Bibliothek, aber die besten Bücher für Liesel sind die gestohlenen.
All das passiert, während die Welt um sie herum in Schutt und Asche gelegt wird, und Menschen sterben.
Dass die Menschen sterben und wie sie es tun, wird vom Erzähler immer wieder hervorgehoben. Schließlich ist der Erzähler der Tod.
Der sich ‚bemüht, dieser ganzen Angelegenheit eine fröhliche Seite zu verleihen’ und durch dessen lakonischen Erzählstil diese Geschichte aus dem zweiten Weltkrieg überhaupt erst lesbar wird. Keine Überfrachtung durch emotionale Schilderungen, selbst die Protagonisten werden meist recht rational und bemüht normal handelnd beschrieben. Gerade dieses Bemühen um Normalität kann man sich als Leser für die geschilderte Epoche gut vorstellen.
Laut Autor hat er in diesem, seinem ersten Roman für Erwachsene, keinen realen Schauplatz gesucht, sondern wollte den Ort der Handlung selbst erfinden. Diese Fiktionalisierung der Realität hätte allerdings nur dann Sinn gemacht, wenn sie konsequent durchgezogen worden wäre. Dem realen Ortsnamen ein ‚M’ vorstellen und alles andere in der Realität von 1939 und den Folgejahren zu belassen, ändert letztlich nichts. Zum großen Teil sind es reale Geschehnisse der Eltern und Großeltern des Autors, die hier zu einer großen Geschichte verknüpft werden. Warum also nicht alles an einem realen Ort spielen lassen?
Für den eigentlichen Roman spielt es letztlich keine Rolle, wo das Ganze stattfindet, aber die Frage nach dem ‚Warum?’ stört in gewisser Weise den Lesefluss. Gerade als Leser mit Ortskenntnis überlegt man doch einige Zeit, welcher Ort in der Nähe von München gemeint sein könnte. (Auch wenn Olching mehr als nahe liegend ist.)
Die Geschichte wird flüssig und ohne Pathos vor dem Leser ausgebreitet. Den Tod selbst erzählen zu lassen und ihm ein Herz zu geben, erzeugt sowohl genügend Nähe zu den Protagonisten des Romans als auch eine gewisse Distanz zum Kriegsgeschehen und sichert somit den zweifelsohne vorhandenen Unterhaltungswert.
Der zweite Weltkrieg findet auch in diesem Roman statt, aber im Vordergrund steht das Überleben im Dorf, das Zusammenleben aller. Dass sich trotz aller Nahrungsmittel- und sonstiger Engpässe viele Menschen ihre Menschlichkeit bewahren und versuchen, das Beste aus der Situation zu machen, wird in diesem Buch auf wunderbarste Art und Weise beschrieben.
Den potentiellen Leser erwartet keine leichte Lektüre, aber wer sich auf die Geschichte einlässt, wird mit einem Stück Zeitgeschichte belohnt, das man in dieser Form viel zu selten zu lesen bekommt.
hinzugefügt: June 20th 2008 Tester: Thomas Folgmann Punkte: zugehöriger Link: cbj Hits: 3095 Sprache: german
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