Bill Willingham
Fables 6
Finstere Jahreszeiten
(Fables: The Mean Seasons 28 - 33, 2004)
Aus dem Amerikanischen von Gerlinde Althoff
Titelillustration und Zeichnungen von Mark Buckingham & Tony Akins
Panini, 2008, Paperback mit Klappenbroschur, 144 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-86607-619-8
Von Christel Scheja
Die Comic Reihe „Fables” spielt mit der Idee, dass die Figuren aus Märchen, Fabeln und Sagen real sind, und sich unter uns bewegen. Zu Beginn der Geschichte sind sie Exilanten, die vor langer Zeit aus ihren Reichen vertrieben worden sind und in einer Enklave am Rande von New York und auf dem Land Zuflucht gefunden haben.
Aber ganz so sicher, wie sie sich wähnten, sind sie nicht mehr. Der Aufmarsch der Holzsoldaten hat ihnen bewiesen, dass der unheimliche Feind, dessen Gesicht sie nicht einmal kennen, bereits weiß, wo sie sich aufhalten und nun austestet, wie stark sie sind. Noch können die Fables die künstlichen Menschen und ihre Anführerin besiegen – aber sie ahnen, dass dieser Erfolg nicht von langer Dauer sein kann.
Dennoch kehrt man zu Alltäglichkeiten zurück. Während der Wahlkampf zwischen Prinz Charming und King Cole in eine entscheidende Phase geht, besucht Bigby Wolf einen alten menschlichen Kameraden, den letzten einer amerikanischen Spezialeinheit, die er in der Hitze des zweiten Weltkriegs begleitet und beschützt hat. Damals musste er auch gegen ein legendäres Monster kämpfen.
Snow White liegt unterdessen in den Wehen. Sie bringt schließlich sechs Kinder auf die Welt, von denen allerdings nur eines wirklich menschlich ist. Das heißt für sie, dass sie sich vermutlich auf die Farm der Tiere zurückziehen muss, um die Kinder groß zu ziehen, weil diese zu viel Aufmerksamkeit auf sich lenken würden – vor allem, da die Kleinen auch noch fliegen können.
So ist die Bahn frei für Prinz Charming und seine Freunde. Tatsächlich gewinnt der Schwerenöter die Wahl und genießt die angenehmen Pflichten und die Vorteile seines Ranges, schiebt aber die Schattenseiten des Amtes von sich. Anstelle von Snow White und Bigby Wolf übernehmen andere die Verwaltung und das Office des Sheriffs.
Doch ist das wirklich gut? Einige Fables, die dem Ganzen nicht trauen, machen sich absichtlich davon, um das Drama nicht mit ansehen müssen.
Mittlerweile ist die Geschichte der „Fables“ zu komplex, als dass Neueinsteiger noch folgen könnten, selbst oder gerade wenn auf frühere Ereignisse Bezug genommen, aber nichts mehr erklärt wird. Hat man sich aber bereits eingelesen, erwartet einen ein weiteres Kapitel der miteinander verwobenen Einzelschicksale. Gerade die beiden Figuren, die Fabletown und seine Bewohner bisher am meisten gestützt haben, werden ausgebootet, und mit Prinz Charming übernimmt jemand den Posten des Bürgermeisters, der keine Ahnung von der Verantwortung und Bürde des Amtes hat und nur schöne Worte und leere Versprechungen machen kann. Doch wird das reichen, um den immer noch lauernden Feind zu beeindrucken?
Interessant ist diesmal, dass auch Mythen und Wesen der modernen europäischen Phantastik mit eingebunden werden, wie etwa Frankenstein. Und was scheint den Nazis an Bigby Wolf zu gefallen?
Die Graphic Novel lebt hier vor allem von den Geschichten in der großen Geschichte, die von einzelnen Personen erzählen und ihren Hintergrund ausarbeiten. Der Focus ist diesmal eindeutig auf den Wolf gerichtet, der gar nicht so böse zu sein scheint, wie die Märchen sagen, vor allem nicht, wenn es um seine eigene Brut geht. Nicht nur inhaltlich sondern auch zeichnerisch bleibt der Comic auf dem hohen Niveau der vorherigen Bände und weiß durch seinen Detailreichtum zu gefallen.
„Finstere Jahreszeiten“ schlägt ein neues Kapitel im Leben der „Fables“ auf und weiß wieder einmal durch die überraschende Handlung, die einen ganz anderen Ton als in der letzten Graphic-Novel anschlägt, zu gefallen. Für Kinderkram sollte man die Geschichte jedoch nicht halten, da sie oft sehr brutale und zynische Töne anschlägt.
