John Meaney
Dunkles Blut
Tristopolis 2
(Dark Blood)
Aus dem Englischen übersetzt von Peter Robert
Heyne, 2008, Taschenbuch, 525 Seiten, 8,95 EUR, ISBN 978-3-453-52323-4
Von Carsten Kuhr
Willkommen in der Stadt der ewigen Dunkelheit, der Mega-City Tristopolis. Einer Stadt, die ihren enormen Energiebedarf aus den Knochen der Toten bezieht, in der Zombies und dienstbare Geister aus dem Alltagsleben nicht wegzudenken sind, und in der die Ordnungshüter einen mehr als schweren Stand haben.
Im ersten Band, der ob seiner ungewöhnlichen Ausgestaltung und des überbrodelnden Phantasie- und Ideenreichtums überall mit Lob bedacht wurde, kam Inspektor Donal Riordan der Verschwörung des schwarzen Zirkels auf die Spur. Zwar gelang es ihm, einen der Strippenzieher zu töten und den Schwarzmagier zu vertreiben, doch zu welchem Preis. Seine Liebe, die Leiterin seiner Sondereinsatzgruppe, wird endgültig getötet, er selbst fängt sich eine Kugel ein. Ihr untotes Zombieherz wird unserem gefallenen Krieger eingepflanzt, so dass er auch zukünftig dem Verbrechen auf der Spur bleiben kann.
Doch nun, selbst ein Zombie, bemerkt Donal nur zu bald, dass ein frischer Wind in der City weht. Die Einheitspartei ruft zum Klassenkampf auf. Vordergründig gilt es, die billigen Arbeitskräfte der Untoten als Konkurrenz auszubooten, doch ein Pogrom zeichnet sich ab. Als Donal zusammen mit dem Commissioner beim Bürgermeister ausgezeichnet werden soll, schlägt ein Attentäter zu. Der tolerante Politiker und der Polizeichef fallen dem Kugelhagel zum Opfer. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, werden die Stellen doch nur zu schnell von zombiefeindlichen Karrieristen besetzt. Niemand scheint den Vorgängen auf den Grund gehen zu wollen. Wer zieht im Hintergrund die Strippen, wer ist für die Ausschreitungen und Morde verantwortlich, und was soll damit erreicht werden? Nur Donal und seine Kollegen geben keine Ruhe. Sie verfolgen Spuren, sichten Indizien und stoßen zunächst auf eine Mauer des Schweigens. Was haben die blauen Telefone mit dem schwarzen Zirkel zu tun, wer trachtet ausgerechnet den Zombies nach der Existenz? Tief im Zentrum der Energieversorgung der Stadt stoßen sie auf neue Hinweise - missbrauchte Kinder, schwarze Magier und einen ausländischen Rüstungskonzern, der aus Gewinnmaximierungsgründen sämtliche Moralvorstellungen über Bord geworfen hat...
Was ist das für eine ganz eigene Mischung, die uns John Meaney offeriert! Eine Welt, in der Magie Hand in Hand mit einer hoch entwickelten Technik existiert, ja, sich gegenseitig bedingt, in der Geister und Untote im Wirtschaftskreislauf eingebunden sind, eine Welt, in er ewige Dunkelheit herrscht.
Wer den ersten Roman nicht gelesen hat, der wird sich schwer tun, dem Plot zu folgen. Ohne Zäsur setzt die Handlung an der Stelle an, an der der erste Band aufgehört hat, führt die rasante Mischung aus Detektivroman, schwarzem Humor und einer ungewöhnlichen SF-Handlung zu neuen Ufern.
Voller ungewöhnlicher Unikate, unvergesslicher Wesen und einer Welt, die an Dicks „Blade Runner“ erinnert, zieht der Autor seine Leser auch dieses Mal in seinen Bann. Dabei überrascht sein bizarrer Einfallsreichtum, zeichnet er die Begebenheiten ohne den Fehler zu begehen, diese erklären zu wollen, lässt seiner Welt ihren ganz eigenen, fast morbid zu nennenden Zauber. Das fasziniert, das bannt den Leser förmlich an die Seiten, will er doch erfahren, wie die Handlung weitergeht, welch unerwartete Wendung, welch überraschenden Einfall ihn auf der nächsten Seite erwartet.
Die dichte Atmosphäre, die markanten Figuren und der ungewöhnliche Handlungsort vereinen sich zu einem Werk, das sich weit außerhalb gewohnter Schemata bewegt, das phantasievoll und frisch unterhält, das auf morbide Weise verzaubert, ja süchtig macht auf mehr, auch wenn unser Protagonist am Ende zwei Meter unter der Erde in einem Sarg erwacht ....