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Meyer, Stephenie: Biss zum Morgengrauen (Buch)

Stephenie Meyer
Biss zum Morgengrauen
(Twilight, 2006)
Aus dem Amerikanischen von Carsten Kredel
Piper, 2008, Taschenbuch, 512 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 978-3-492-25149-5

Von Irene Salzmann

Bella verlässt das sonnige Phoenix, Arizona, um bei ihrem Vater in Forks, Washington zu leben, während ihre Mutter den neuen Ehemann auf der Suche nach einem Job begleitet. Forks ist das absolute Gegenteil von Phoenix: klein, verschlafen, düster, kalt – und es scheint nirgends einen Ort zu geben, an dem mehr Regen fällt. Kein Wunder, dass es die Mutter hier nicht ausgehalten hat.
Gleich am ersten Schultag findet Bella neue Freunde. Vor allem drei Jungen rivalisieren um ihre Gunst. Das irritiert Bella, war sie doch sonst immer das Mauerblümchen. Ihr Interesse gilt jedoch keinem dieser Verehrer sondern allein dem attraktiven Edward Cullen, der sogar noch aus dem Kreis seiner schönen Geschwister hervor sticht. Aber etwas an Edward ist seltsam. Einmal starrt er sie voller Neugierde und Erwartung an, dann wieder ist er abweisend und verletzend.
Als auf eisglatter Straße ein Van auf Bella zuschleudert, ist Edward zur Stelle, um sie aus der Gefahrenzone zu reißen. Egal was er behauptet, Bella weiß, was sie gesehen hat: Edward hatte weit weg gestanden und hätte sie normalerweise gar nicht erreichen können. Obendrein bremste er den Wagen mit seinem Körper ab. Bei dem Manöver zog er sich nicht den winzigsten Kratzer zu. Wie ist das möglich?
Ein Mythos der Quileute bringt Bella auf die richtige Spur, und Edward streitet die Vermutung nicht einmal ab. Stattdessen warnt er sie immer wieder vor der Gefahr, die er darstellt, doch Bella vertraut ihm – denn sie hat sich Hals über Kopf verliebt, und Edward erwidert ihre Gefühle. Dennoch lauert eine tödliche Bedrohung auf Bella…


Vampire sind ‚in’, und längst haben sie sich von den Vorgaben aus Bram Stokers „Dracula“ gelöst. Die modernen Blutsauger haben oft ganz andere Stärken und Schwächen, manchmal sind sie eine eigenständige, gar nicht untote Art oder Besucher aus dem All. Auch Stephenie Meyer fügt den zahlreichen Versionen ihre eigene Definition hinzu. Gemein ist allen zeitgenössischen Vampiren, dass sie unwiderstehlich attraktive Geschöpfe, gute Liebhaber und Wesen mit überlegenen Fähigkeiten sind. Die dunklen Helden sind gut und edel und beschützen jene, die ihnen wichtig sind, vor bösen Blutsaugern und sonstigen Monstern.

Während bei LYX, Heyne, Plaisir d’Amour u. a. Verlagen in erster Linie erotische Vampir-Romane für Leserinnen ab 15 erscheinen, offeriert Piper eine etwas harmlosere Variante für das Publikum ab 12: Über Küsse und Umarmungen kommen die Protagonisten nicht hinaus, und wer es nicht so deftig wie bei Lara Adrian oder Katie MacAlister mag, ist hier an der richtigen Stelle. Die Jugendbuch-Ausgabe erschien bei Carlsen bereits 2006, und auch ein Hörbuch ist bei Hörbuch Hamburg erhältlich. Weitere Bände sind bei Piper in Vorbereitung.

In erster Linie ist „Biss zum Morgengrauen“ eine romantische Liebesgeschichte. Die Beziehung von Bella und Edward steht im Vordergrund, und etwas Action kommt erst ganz zum Schluss ins Spiel. Allerdings darf man sich darunter keine wilden Kämpfe vorstellen, da diese mehr noch als die ‚Road Movie’-Szenen in wenigen Nebensätzen abgehandelt werden. Gewalt und unnötiges Blutvergießen werden vermieden.
Leserinnen wird es leicht gemacht, sich mit Bella, der Ich-Erzählerin, zu identifizieren. Anders als die Vampire kommt sie ohne Superlative aus, leidet sogar unter ausgeprägter Tollpatschigkeit und ist überhaupt nicht sportlich. Das gleicht sie jedoch dadurch aus, dass sie auf andere Weise ‚besonders’ ist. So ist sie hübsch genug, um mehrere Verehrer in den Bann zu ziehen, darunter auch der komplizierte, enigmatische Edward. Und noch für einige weitere Überraschungen ist sie gut, dank derer sie sich letztlich von der Menge abhebt. Die Vampire wiederum werden nicht nur mit den klassischen Superhelden verglichen, ihre Fähigkeiten machen sie tatsächlich zu welchen. Ihnen fehlen die Schwächen ihres Ahnherrn Dracula, so dass sie sich unerkannt unter den Menschen bewegen und fast ein normales Leben führen können. Obwohl der Blutdurst stark ist, haben sie sich unter Kontrolle, und natürlich bekommt Edward die Gelegenheit zu beweisen, wie absolut sowohl seine Selbstbeherrschung als auch seine Liebe ist.
Die bösen Vampire könnten, wenn sie wollten, ihre Triebe in den Griff bekommen, aber sie verstehen sich als Jäger und die Menschen als Beute. Auch sie sind intelligent und gerissen, bekommen aber nur wenige Seiten zugeteilt, auf denen sie leider etwas blass bleiben. Man hätte durchaus mehr aus dem Konflikt herausholen können, doch verschenkte die Autorin hier genauso einige interessante Möglichkeiten wie durch den Verzicht, auf die Kultur und die Mythen der Quileute näher einzugehen.
Trotzdem kann das Buch fesseln, denn die Sorgen und Freuden von siebzehnjährigen Teenagern, vor allem Bellas Gedanken und Gefühle sind nachvollziehbar. Gemeinsam mit ihr ergründet man die Geheimnisse von Edward und seiner Familie. Die zärtlichen Momente sind jugendfrei und fast schon ein wenig naiv geschildert. Man merkt auch, dass dies erst der Beginn ist, denn es bleiben einige Fragen offen, die Ansatzpunkte für weitere Bände liefern.

Der Roman ist flüssig geschrieben und zieht junge, weibliche Vampir-Fans schnell in den Bann. Auch das reifere Publikum wird gut unterhalten, wenn es sich bewusst ist, mit „Biss zum Morgengrauen“ eigentlich ein Jugendbuch aus der Feder einer amerikanischen Autorin in Händen zu halten – darum wenig Action, nahezu keine Gewalt und erst recht kein Sex - und dem seine Erwartungen anzupassen.

hinzugefügt: July 25th 2008
Tester: Irene Salzmann
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