Conan 7
Der rote Priester
(Conan Vol. 5: Rogues in the House)
Autor: Timothy Truman
Zeichnungen: Cary Nord & Tomas Giorello
Farben: Richard Isanove
Übersetzung: Michael Strittmatter
Lettering: RAM
Panini, 2008, Paperback mit Klappenbroschur, 136 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-86607-616-7
Von Frank Drehmel
Mit „Rogues in the House” haben sich Truman & Co. einer Conan-Geschichte angenommen, die zu den berühmtesten des Autors Robert E. Howard zählt und die erstmals Anfang 1934 im „Weird Tales“-Magazin erschien.
Der Gundermann Nestor, die ehemalige Sklavin Jiara und Conan haben vorläufig im Labyrinth, einem in der Nähe Zamoras gelegenen Stadtstaat, Unterschlupf gefunden und es zu bescheidenem Ruhm unter den Gesetzlosen, Hehlern sowie Aristokraten gebracht.
Doch Verrat lautert auch hier: Jiara verkauft Nestor und Conan an einen örtlichen Emporkömmling! Nestor wird, weil er Conan die Flucht ermöglicht, gefangengenommen, gefoltert und schließlich hingerichtet.
Außer sich vor Wut nimmt Conan grausame Rache an dem Hintermann des Komplottes, dem Priester von Anu, wird dann aber von Jiara erneut ans Messer geliefert und gerät selbst in Gefangenschaft.
Als er in seiner düsteren Zelle auf den Henker wartet, erhält er unerwarteten Besuch: Prinz Murilo selbst macht dem Barbaren seine Aufwartung, da er dessen Hilfe im Machtkampf mit dem Roten Priester, Nabonidus, benötigt. Als Entlohnung stellt er dem Cimmerier Freiheit und Gold in Aussicht. Conan wäre nicht Conan, würde er diese Offerte ablehnen; und so macht er sich auf in den Tempel des gefährlichen Gegenspielers, nicht jedoch, ohne zuvor Jiara einen Besuch abzustatten.
In den Gängen unter der Heimstatt des Priesters trifft er auf Murilo, der seinerseits den gefürchteten Widersacher ermorden will. Die beiden Attentäter beschließen daraufhin, gemeinsam zuzuschlagen. Eine unerwartete Entdeckung macht diesen Plan jedoch hinfällig: in einem Verließ finden sie den bewusstlosen Nabonidus. Das bedeutet, auf dem Thron des Intriganten sitzt ein Anderer, der nun die Fäden in der Hand hält.
Um dem Tod durch die Klinge des Cimmeriers zu entgehen und sich des Okkupanten zu entledigen, bietet der mittlerweile erwachte Nabonidus an, Murilo und Conan bei der Beseitigung des Feindes, der kein normaler Mensch ist, zu unterstützen.
Doch wie vertrauenswürdig ist schon ein Priester?
Trumans Story bietet klassische, schnörkellose Sword & Sorcery ganz in der Tradition Howards, wobei zwei Aspekte erwähnenswert sind.
Zum einen wird die Tragik in Conans Leben, die darin besteht, dass jeder Freund an seiner Seite über kurz oder lang den Tod findet oder sich als Verräter erweist, deutlicher als in den ersten Bänden. Zum anderen findet die Abscheu des Cimmeriers gegenüber Priestern und Magiern einmal mehr grausame Nahrung. Den Conan-Fan werden diese beiden Erkenntnisse allerdings genauso wenig überraschen wie der Plot selbst, sodass unterm Strich und mit Ausnahme des bitteren Humors, der zuweilen durchklingt, zuwenig Originelles geboten wird, um einen Kenner wirklich fesseln zu können, zumal auch das Artwork leer und einfallslos wirkt.
Dass ich mittlerweile ob seines groben Stils sowie der Überbetonung der Figuren und trotz seiner dynamischen Perspektiven kein Cary-Nord-Fan mehr bin, dürfte aus meinen Rezensionen zu den Vorgängerbänden ersichtlich geworden sein.
Bisher war es aber immerhin so, dass Dave Stewart als Stamm-Kolorist der regulären Serie die Comics in künstlerischer Hinsicht qualitativ zwar nicht rausgerissen hat, aber wenigstens sein Bestes tat, um Nords amorphen Bildern Fleisch und Volumen zu verleihen. Diese Zeit gehört vorerst der Vergangenheit an, denn Stewart ist gegangen und Richard Isanove gekommen.
Zunächst scheint alles zu den gewohnten Gang zu gehen: Nord zeichnet uninspiriert uninspirierend und der Kolorist repariert. Aus heiterem Himmel jedoch erfährt Isanove eine Art degenerativer Entleuchtung und vollzieht einen geradezu radikalen Wechsel seines Stils:
fortan modelliert er nicht mehr mit sanften Farbübergängen, sondern versucht, durch mit vermeintlich leichtem Pinsel gemalte Striche und Farbflecken Volumen sowie Körperlichkeit zu kreieren. Das Ganze erinnert rein von der Technik entfernt an eine Mischung aus Impressionismus und New Image Painting, stellt aber in der dargebotenen Form einen visuellen GAU dar. Es ist ja schön und gut, wenn ein Künstler seine eigene Handschrift sucht, allerdings sind Mainstreamcomics ein denkbar schlechter Platz für „avantgardistische” Selbstfindungstripps.
Ein zweiter negativer Aspekt des Artworks betrifft die Leere der Bilder: ganz auf die Figuren, welche oft in Close-Up-Ansicht abgebildet sind, fixiert verliert der Hintergrund völlig an Bedeutung, wirkt in höchstem Maße beliebig. Wo man sich golden und lieblich glänzende Städte, mit Mauern, Tempeln, Kolonnaden und Bogenbrücken aus geädertem Marmor, Fontänen prismatischen Sprühregens in silbernen Bassins auf weiten Plätzen und inmeitten duftender Gärten mit breiten Straßen wünschte [1], reduziert sich der Fantasy-Zauber bei Cary Nord auf einen halbnackten Barbaren, der in quasi nicht vorhandenen Umgebungen auf bekleidete Nicht-Barbaren eindrischt. Sword & Sorcery-Hardcore-Fans mag das reichen, ich empfinde es als visuell todlangweilig.
Fazit: Die zwar klassische, allerdings wenig überraschende Sword & Sorcery-Story und vor allem die im zweiten Teil indiskutabel schlechte Kolorierung machen dieses TPB höchstens für Conan-Fanatiker interessant.
[1] Vgl. H.P. Lovecraft, Die Katzen von Ulthar; S. 25; Frankfurt am Main; 1997