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Melling, O. R.: Im Schatten des Elfenmonds (Buch)

O. R. Melling
Im Schatten des Elfenmonds
(The Hunter’s Moon, USA, 2005)
Aus dem Amerikanischen von Anne Brauner
cbt, 2008, Taschenbuch, 300 Seiten, 10,00 EUR, ISBN 978-3-570-30445-7

Von Irene Salzmann

Die 16-jährige Amerikanerin Gwen ist zu Besuch bei ihrer gleichaltrigen Cousine Findabhair in Irland. Die beiden Mädchen wollen während der Ferien das Land erkunden und vor allem nach mythischen Plätzen suchen. Als sie in einem Elfengrab übernachten, passiert etwas, womit sie niemals gerechnet hätten: Der attraktive Elfenkönig Finvarra erhebt Anspruch auf sie beide. Findabhair erliegt seinem Charme und folgt ihm in die Elfenwelt; Gwen hingegen weist ihn zurück.
Am anderen Morgen erwacht Gwen allein – es war kein Traum. Quer durch Irland folgt sie den Elfen, um ihre Cousine zu befreien. Dabei wird sie immer wieder auf die Probe gestellt und fällt auf so manche List Finvarras herein. Nachdem sie die Speisen der Elfen trotz aller Warnungen kostete, ist sie schon zur Hälfte sein, und jetzt noch Findabhair retten zu wollen, scheint aussichtslos, vor allem da diese sich in ihr Schicksal fügen will, das sie als Opfer für den Crom Cruac ausersehen hat.
Unerwartet bekommt Gwen Hilfe: Eine Elfenheilerin und ihr Sohn sowie zwei Reisebekanntschaften wollen gemeinsam mit ihr um Findabhairs Leben kämpfen. Aber sie müssen sieben sein, um auch nur den Hauch einer Chance zu haben…


O. R. Melling alias G. V. Whelan ist Autorin zahlreicher Fantasy-Romane, die sich in erster Linie an Teenager wenden. Sie wurde in Irland geboren, wuchs in Kanada auf, trampte als 18-jährige bis nach Kalifornien und unternahm viele Reisen. Inzwischen lebt sie wieder in ihrem Geburtsort Bray und hat eine Tochter namens Findabhair. In ihren Erzählungen verarbeitet sie häufig die Mythen und Legenden ihrer Heimat.
Cliff Nielsen illustriert häufig Kinder- und Jugendbücher, darunter finden sich auch zahlreiche „Star Wars“-Abenteuer.

„Im Schatten des Elfenmonds“ ist ein spannender Fantasy-Roman, der vor allem Leserinnen ab 13 Jahren gefallen dürfte, der aber auch ein reiferes Publikum gut unterhält. Er entführt die Leserschaft nach Irland an reale Orte und in die Welt der keltischen Sagen und Märchen, Anspielungen auf den „Herrn der Ringe“, den „Wurm Ouroboros“ u. a. Motive inklusive.
Im Mittelpunkt der Handlung scheint zunächst die wagemutige und aktive Findabhair zu stehen, die früh unter den Bann des Elfenkönigs gerät, dadurch jedoch drastisch an Handlungsanteilen einbüßt. Gwen, die eher als typische Heldenbegleiterin aufgebaut wurde, mausert sich zur eigentlichen Hauptfigur, die von ihrem Wunsch, die Cousine zu retten, angetrieben wird und über sich hinaus wächst. Ob diese Entwicklung von der Autorin geplant war oder nicht, ist spekulativ: Die Eingangsszene ist Findabhair gewidmet, doch nach ihrer Entführung verschwindet sie fast sang- und klanglos. Die kurze Zeit, in der sie und Gwen gemeinsam reisen, geht mit einem zunehmenden Schwenk auf Gwens Sichtweise einher und wirkt nachträglich angepasst.
Das stört jedoch nicht weiter, denn schon nach den ersten Seiten befindet man sich mitten im Abenteuer und will wissen, was Finvarra mit den beiden Mädchen vorhat und ob es Gwen gelingen wird, dem Elfenkönig einen Strich durch die Rechnung zu machen. Immer wieder findet sie Helfer, wenn sie nicht mehr weiter weiß. Erst ist es ein Gnom, der kryptische Bemerkungen von sich gibt, dann sind es immer wieder Rotschöpfe, die sich als vertrauenswürdig erweisen, so manchen Tipp geben oder gar aktiv eingreifen. Hin und wieder kommt die Unterstützung sogar von Personen, von denen man es nicht erwartet hätte. Geradlinig spult die Autorin ihre Handlung ab und sorgt durch die Hürden, die Gwen immer wieder nehmen muss, für Spannung, durch das Eingreifen ihrer Freunde für überraschende Wendungen. Die Charaktere sind sympathisch, aber nicht näher ausgeführte Archetypen, die ihre Rollen so erfüllen, wie man es von ihnen erwartet. Die Handlung pendelt zwischen Gegenwart und Märchenland hin und her und lässt die Grenzen schließlich ganz verwischen. Man fühlt mit den Protagonistinnen, denen es schwer fällt, sich für eine der Welten zu entscheiden, würden sie doch in der einen viel zurücklassen, und in der anderen ist trotz aller phantastischer Möglichkeiten nicht alles Gold, was glänzt. Schließlich gibt die Liebe den Ausschlag.
Das Ende überrascht, erscheint es doch recht grausam, gerade für junge, romantische Leserinnen, doch dann ereignet sich noch etwas, das versöhnt und alle zufrieden stimmt. Man sollte dennoch auf Einiges gefasst sein, denn das Reich der Elfen ist gefährlich, und die Protagonisten bekommen das auch zu spüren.

Es erscheint etwas ungewöhnlich, dass zwei Sechzehnjährige ohne Aufsicht eines Erwachsenen durchs Land touren und sich nicht zwischendurch bei der Familie melden müssen bzw. später eine davon ohne Angst um ihre Sicherheit allein umherzieht. Zwar hat die Autorin auf ihren Rucksackreisen offenbar überwiegend positive Erfahrungen gesammelt, die hier mit eingeflossen sind, doch ob jeder das Glück hat, nur auf ehrliche Menschen zu treffen, sei dahin gestellt. Die möglichen Gefahren werden gar nicht angesprochen und lassen naive Leser an eine heile Welt glauben, die es nicht gibt.
Davon abgesehen bietet das Buch gute, auf die Zielgruppe abgestimmte Unterhaltung mit dem richtigen Maß Romantik und viel Spannung.

hinzugefügt: August 13th 2008
Tester: Irene Salzmann
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