Midnighter: Killing Machine 1
Killing Machine 1 - 5 Blumen für die Sonne
Garth Ennis, Chris Sprouse, Joe Phililips, Peter Snejbjerg, Glenn Fabry u. a.
(The Midnighter 1 – 6, 2007)
Aus dem Amerikanischen von Bernd Kronsbein
Titelillustration von Chris Sprouse, Karl Story & Randy Mayor
Panini, 2008, Paperback, 148 Seiten, 16,95 EUR
Von Frank Drehmel
Eben noch hat Midnighter in Afghanistan Söldnern und „technischen Beratern” das Fürchten gelehrt, schon befindet er sich in den Fängen eines gewissen Herrn Paulus, der in der Lage ist, Midnighters besondere Fähigkeiten auszuschalten.
Dieser feine Herr fordert den Helden auf, in die Vergangenheit zu reisen, um dort Adolf Hitler zu töten, da der Paulus’ Eltern auf dem Gewissen haben soll. Natürlich ist Midnighter von dem Plan nicht sonderlich angetan, hat aber bei Lichte betrachtet keine große Wahl, da ihm sein Entführer als Argumentationshilfe an die Stelle des zweiten Herzens eine überzeugende Bombe in die Brust gepflanzt hat.
Und so kriecht Midnighter durch die Schützengräben an der Westfront des Jahres 1916 um dort, wo es keinem auffällt, dem kleinen Gefreiten aus Braunau den Garaus zu machen. Gerade als er ein Werk vollenden will, taucht aus dem Nichts die sogenannte Zeitpolizei auf, die etwas gegen die temporale Neuordnung der menschlichen Geschichte hat.
Nach einer kurzen, aber schmerzvollen Auseinandersetzung gelingt es den Polizisten tatsächlich, Midnighter dingfest zu machen. Während des Rückfluges in das 96. Jahrhundert befreit sich der in Leder gewandetet Kämpfer jedoch, bringt das Gefährt seiner Wärter kurzerhand zum Absturz und findet sich plötzlich im April des Jahres 1945 in Berlin wieder.
Noch lebt Hitler, aber sowohl ihm als auch Midnighter läuft die Zeit davon; die Bombe tickt und der Krieg ist fast zu Ende. Eine winzige Chance zur Rettung von Paulus’ Eltern besteht zwar noch, doch dazu muss der Held in den Führerbunker eindringen. Als er schließlich dem personifizierten Bösen Auge in Auge gegenübersteht, trifft der nicht gerade für seine Skrupel bekannte Midnighter eine weit in die Zukunft reichende Entscheidung.
Neben dem fünfteiligen „Killing Machine”-Zyklus enthält das Tradepaperback eine One-Shot-Geschichte mit dem Titel „Blumen für die Sonne”, welche zentrale Motive - u.a. unbesiegbarer Krieger, Liebe zwischen Männern - des Midnighter-Hintergrundes in das mittelalterlich Japan überträgt.
Midnighter gehört zu jenen Superhelden, die als moralische Instanz soviel taugen wie es antisoziale, gewalttätige, egozentrische Psychos eben tun und deren Heldenstatus ausschließlich daraus resultiert, dass sie gegen noch antisozialere, gewalttätigere und egozentrischere Irre kämpfen. Berücksichtigt man auch noch die Tatsache, dass der Midnighter zu den wenigen offen schwulen Heroen des amerikanischen Mainstreams gehört, dann wird klar, warum sich ausgerechnet ein Autor wie Garth Ennis mit seinem Faible für zynische, makabre, brutale, nihilistische und politisch inkorrekte Storys der Figur angenommen hat.
Bedauerlicherweise gelingt es Ennis jedoch nicht, eine fesselnde Geschichte um einen interessanten, vielschichtigen Hauptcharakter aufzubauen. Die Haupt-Story selbst ist relativ einfach konstruiert, mit einem simplem Plot und wenig Überraschungen. Sie lebt einzig durch die Präsenz und für die Präsentation des Midnighters, welcher allerdings außer einigen zotigen Sprüchen und plakativ zelebrierter Gewalt kaum Erhellendes zu bieten hat. Überlegungen zu den historischen Konsequenzen einer Ermordung des GröFaZ bzw. zu deren unmittelbaren Auswirkung auf die beteiligten Charaktere spielen innerhalb dieser vordergründigen Geschichte keinerlei Rolle bzw. werden - um mit Paulus’ Worten zu sprechen - vollkommen beiläufig und unverständlich als „Science Fiction” abgetan.
Zwar blitzt an einigen Stellen Ennis’ spezieller, erwachsener Humor auf, aber unterm Strich ist „Killing Machine” trotz des Nazi-Hintergrundes ein - deutsche Bedenkenträger werden es danken - viel zu braves und konventionelles Familien-Comic.
Das Artwork der unterschiedlichen Künstler ist uninspirierte Mainstream-Ware von der Stange: es tut keinem weh und ist vergessen, sobald man das TPB geschlossen hat. Lediglich der Beitrag Glenn Fabrys in „Blumen für die Sonne” hebt sich insbesondere hinsichtlich der Figuren-Darstellung positiv ab, ohne dabei aber so gut zu sein wie beispielsweise seine Arbeit an „Niemalsland”.
Fazit: Eine einfach konstruierte und durchschnittlich illustrierte Geschichte mit einem Anflug schwarzen Humors. Nett zu lesen, aber ganz sicher nicht eine von Ennis besseren Arbeiten.